Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Schubser bereits ins Wanken geraten, kippte Bernardo hintenüber aus der Gondel und landete klatschend im Wasser.
Razzi stach mit dem Degen ins Leere. Er verlor das Gleichgewicht und wäre um ein Haar ebenfalls in den Kanal gestürzt, fing sich aber gerade noch.
Danach entschied er, sich weiteren Ärger vom Hals zu halten. Er packte unverzüglich das Ruder und war nach ein paar kräftigen Zügen außer Reichweite. Mit einem letzten ergrimmten Blick über die Schulter strebte er rasch davon und war gleich darauf im Dunkel der Nacht verschwunden.
»Marco, was ist denn los?« kam es verschlafen von Iseppo.
»Marco, war das dein Topf ?«, rief Caterina vom Wassertor her. »Du bist so geistesgegenwärtig und tapfer!«
Derweil war ich drauf und dran, in den Kanal zu springen, um Bernardo vor dem Ertrinken zu retten, doch dann war zu hören, wie er fluchend umherpaddelte und verlangte, jemand möge eine Laterne bringen, damit er genug Licht habe, um mir die Eier abzuschneiden.
Bei solchen Aussichten hielt ich es für angeraten, dass er sich selbst rettete.
Nachdem die aufgebrachten Nachbarn sich in ihre Häuser zurückgezogen hatten und auch in der Ca’ Contarini wieder alles still war, lag ich hellwach auf meinem Lager und ließ die Ereignisse vor meinem inneren Auge vorüberziehen. Bernardo hatte noch eine Weile herumgebrüllt, doch Rodolfo hatte ihm empfohlen, sich stattdessen bei mir für meine Wurftechnik zu bedanken, die den Inhalt des Topfes auf Razzi hatte landen lassen statt auf Bernardo. Die anderen fanden das lustig, doch Bernardo hatte jeden Sinn für Humor verloren. Immer wieder betastete er seine Stirn, auf der eine gewaltige Beuleheranwuchs. Als Franceschina kurz vorbeischaute, blickte er sie mitleidheischend an und bat um einen kalten Umschlag, doch sie machte auf dem Absatz kehrt und ließ ihn unverrichteter Dinge zurück.
Caterina hatte sich wohlweislich schon vorher zurückgezogen, allerdings milderte das Bernardos üble Laune kaum. Schließlich setzten ihn rasende Kopfschmerzen außer Gefecht, sodass auch er wieder zu Bett ging, jedoch nicht ohne vorher zu schwören, Razzi bei nächstbester Gelegenheit zu kastrieren.
Anschließend musste ich Iseppo haarklein den gesamten Hergang berichten, bevor wir wieder ans Schlafen denken konnten. Während Iseppo sich danach rasch wieder ins Land der Träume davonstahl, fand ich immer noch nicht zur Ruhe.
Schließlich erhob ich mich, tappte in den Gang, nahm das dort brennende Nachtlicht und geisterte rastlos durchs Haus. Wie von allein trugen meine Füße mich die Innentreppe hinauf ins Piano Nobile, wo ich kurz im Portego stehen blieb, den kühlen Terrazzo unter meinen nackten Füßen und die weite, dunkle Leere des großen Saales um mich herum.
Abermals wie aus eigenem Antrieb lenkten meine Füße mich zur Requisitenkammer. Die Tür war nur angelehnt, und ich drückte sie lautlos auf. Gewiss hatte ich nicht vor, mich hinter die spanische Wand zu schleichen und zu Elena unter die Decke zu schlüpfen. Der Plan, sie auf diese Weise zum Heiraten zu zwingen, war nichts weiter gewesen als ein dämliches Hirngespinst, resultierend aus der genauso dämlichen zwölften Novelle von Boccaccio. Trotzdem zwang eine fremde Macht meine Füße an Elenas Bett, und dann meine Hand, sacht die Decke zurückzuschlagen, und hernach meinen Körper an ihre Seite. Sie war warm und weich und roch betörend köstlich, und als sich ihr Leib willig in meine Arme schmiegte, riss die fremde Macht auch noch die Herrschaft über einen anderen Körperteil von mir an sich.
»Elena«, murmelte ich. »Du hast mir so gefehlt!«
Sie wachte auf und versteifte sich. »Marco?«
»Ganz der deine.« Und schon wanderten meine Hände unter ihr Nachtgewand und fanden zarte, nackte Haut.
»Was willst du hier?«
»Nur reden«, behauptete ich, während das Verlangen bereits mein Denkvermögen lahm legte.
»Worüber?«
»Über alles.« Ich vergrub mein Gesicht an ihrem Hals. »Hinterher.«
Später, im fahlen Licht des heraufziehenden Morgens, erwachte ich, den Kopf auf ihre Brust gebettet. An ihren Bewegungen merkte ich, dass sie ebenfalls wach war.
»Jetzt musst du mich heiraten«, sagte ich.
»Wieso?«
»Weil ich dich schon wieder entehrt habe.« Ich räusperte mich, um mein nächstes Argument gewichtiger klingen zu lassen. »Was wir getan haben, ist außerhalb der Ehe Sünde.«
»Es wird durch eine Heirat nicht rückwirkend sündenfrei. Und in der Zukunft wäre es nur dann ohne Ehe
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