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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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paar Dinge von dort brauchte.
    Beide hatten sich als Frauen verkleidet und fachsimpelten über diverse Schminkmethoden. Hätten sie nicht gerade gesprochen, wäre ich rücklings aus der Kammer gefallen, so fremd wirkten sie auf mich. Nebeneinander vor dem Spiegel stehend, wedelten sie sich mit großen Fächern Luft zu und beteuerten einander, wie schön sie seien. Cipriano hatte sein goldenes Lockenhaar zu einer blumenartigen Hochsteckfrisur arrangiert, während Iseppo seine Tonsur unter einer wallenden, ebenfalls blonden Perücke versteckt hatte. Beide hatten sich die Gesichter angemalt, was Cipriano wie eine zauberhafte Grazie wirken ließ, während Iseppo eher etwas von einer gesetzten Dame an sich hatte.
    Die Oberteile der Kleider hatten sie mit Brustattrappen ausgestopft, und allerlei Spitzen, Seidenbänder und Schleifchen sorgten zusätzlich für weibliches Gepränge.
    Mir stand der Mund offen vor Staunen, als sie sich mir zuwandten und mich strahlend anlächelten. »Wie sehe ich aus, Marco?«, fragte Iseppo schüchtern.
    »Äh … wie eine Frau.«
    »Wirklich?«
    Ich konnte nur stumm nicken, was ihm offenbar sehr zu gefallen schien. »Du kannst mich Mirandolina nennen«, sagte er. Hastig setzte er hinzu: »Jedenfalls, wenn ich das Kostüm trage. Damit ich mich besser an meine Rolle gewöhnen kann.«
    Abermals nickte ich.
    »Weißt du, sich seiner Rolle entsprechend zu verkleiden und zu benehmen hat einen verblüffenden Effekt«, erklärteCipriano. »Man schlüpft nicht nur in das Gewand, sondern gleichsam auch in den Körper und den Kopf einer anderen Person.«
    Ich hätte schwören können, dass sogar seine Stimme mit einem Mal klang wie die einer Frau, aber das konnte natürlich auch Täuschung sein.
    »Es könnte auch dir helfen«, sagte Iseppo eifrig zu mir.
    »Ich will mich nicht als Frau verkleiden«, sagte ich ablehnend.
    »Natürlich nicht«, stimmte Iseppo zu. »Aber vielleicht als ein Mann, der die Szene dominiert, an welcher du gerade arbeitest. Wenn du seine Sachen trägst, denkst du gleichsam seine Gedanken, du fühlst wie er – weil du so aussiehst wie er –, und schon kannst du es gewissenhaft niederschreiben, ohne lange nachzudenken.«
    Das klang, als sollte man es nicht gleich von der Hand weisen. Ich hatte schon Dinge gehört, die wesentlich weiter hergeholt waren. Zumindest konnte es nicht schaden, damit zu experimentieren. Es musste ja nicht gleich eine Frauenrolle sein. Vielleicht die des Pantalone.
    Kurzerhand griff ich mir die Maske mit der langen Nase und den roten Anzug, sowie einige andere Verkleidungsutensilien, und ging wieder nach unten.

    Eine Stunde später hatte ich zwei weitere Blätter mit Schnörkeln bemalt. Ich schwitzte unter dem roten Schlabberanzug, die Maske drückte und juckte und behinderte mich beim Atmen. Es konnte wahrlich kein Vergnügen sein, den Pantalone auf der Bühne zu geben! Den Männern der Incomparabili, die das so häufig auf sich nahmen und dabei womöglich noch herumhopsten und Lazzi zum Besten gaben, galt meine ganze Bewunderung!
    Ich selbst brachte trotz angestrengten Nachdenkens nichteinmal eine Szenenanweisung für den Pantalone zustande. Es war ein Jammer.
    Dann – endlich – läutete es zur Sext! Ich warf die Feder hin, riss mir das Pantalone-Kostüm herunter und rannte zum Abtritt, wo ich einige Veränderungen an meinem Äußeren vornahm. Danach machte ich mich eilig auf den Weg.
    Wie verabredet traf ich mich mit Giovanni auf halbem Wege, an der Pforte von San Giacometto. Ungeduldig blickte er rechts und links an mir vorbei – sicherer Beweis dafür, dass er mich unter der Verkleidung nicht erkannte. Diesmal hatte ich dafür gesorgt, dass der Bart besser klebte, das Bauchkissen ordentlicher saß und dass auch der Hut mit den umlaufenden Haarfransen ein ordentliches Stück von meinem Gesicht beschirmte. Giovanni erkannte mich erst, als ich nur noch drei Schritte von ihm entfernt war.
    »Donnerwetter«, sagte er staunend. »Das ist dir aber wirklich gut gelungen!« Er betrachtete mich genauer. »Allerdings schwitzt du wie ein Schwein.«
    »Das ist der Nachteil«, räumte ich verdrossen ein. »Für das Kissen muss man eine feste Jacke tragen.«
    Wir gingen spornstreichs zum Campo dei Mori und sprachen unterwegs noch einmal die Abfolge unseres Verwirrspiels durch. Als wir schließlich den gepflasterten Platz unweit der Kirche Madonna dell Orto erreichten, war ich restlos durchgeschwitzt und hätte mir am liebsten den ganzen Plunder vom Leib

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