Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Ausmaß übergegangen war, dass er vermutlich tagelang nicht aus dem Bett finden würde.
Um höfliche Konversation zu betreiben, erkundigte ich mich nach Giovanni und fragte, wann er von der Terraferma zurückerwartet werde.
»Du weißt, dass er dort ist?«, fragte Morosini. »Wer berichtete dir davon?« Sein Blick bekam etwas Bohrendes.
Ich biss mir auf die Zunge. Hatte ich nicht unsere Zusammenkünfte geheim halten sollen?
»Ihr selbst spracht doch kürzlich davon«, tat ich naiv. »Und da er immer noch nicht wieder hier ist, schloss ich daraus, dass er weiterhin in Geschäften für Euch unterwegs ist.«
»Nun, das ist tatsächlich zutreffend.« Morosini musterte mich aufmerksam. »Ich kann nicht sagen, wann er heimkehrt. In der letzten Zeit unterrichtet er mich nicht immer über die Dauer seiner Reisen, noch setzt er mich über seine sonstigen Vorhaben vollständig in Kenntnis. Manchmal glaube ich, er entfremdet sich mir.«
»Vielleicht wird er nur erwachsen«, sagte ich.
»Das wird er ganz sicher. Zuweilen scheint mir, er kann es kaum erwarten, selbstständig zu werden und mich allein zu lassen.« Er wirkte missgestimmt, diese Aussicht schien ihm nicht zu behagen.
»Das ist bestimmt ein falscher Eindruck«, meinte ich tröstend. »Sicher bleibt er noch lange hier wohnen! Wer würde nicht die Wohltaten zu schätzen wissen, die Ihr in diesem Haus bereithaltet? Hier zu leben – das ist doch, als wäre man im Paradies!«
»Findest du?«
»Auf jeden Fall. Ich bin in schlichten Verhältnissen aufgewachsen und kann es beurteilen. Ein luxuriöseres Leben als dieses hier kann ich mir nicht vorstellen. Das Gemach, das Fresko, die Kleidung, das Essen.« Ich schloss die Aufzählung mit einem besonders bedeutsamen Punkt. »Und die Waffen! Es ist … wie die Erfüllung aller Träume!«
»Nun ja. Der eine erträumt sich, was der andere flieht«, sagte Morosini in philosophischer Resignation. »Vielleicht verwöhne ich ihn im Übermaß. Aber ich habe ja sonst niemanden auf der Welt! Kein Sohn könnte mir teurer sein als Giovanni.«
Mir fiel ein, dass ich ihm noch eine wichtige Frage stellen wollte. »Kennt Ihr eigentlich einen Patrizier namens Celsi?«
»Ach du liebe Güte, was hast du mit diesem Mann zu schaffen?«
»Unser Intendant Baldassarre kaufte einige Athanore bei ihm. Und nun stehen wir mit dem halben Kaufpreis bei ihm in der Kreide. Er hat uns weiteren Aufschub gewährt, aber derzeit sieht es nicht danach aus, als könnten wir das fehlende Geld erwirtschaften. Nun fragen sich die Incomparabili natürlich, ob er ein geduldiger Gläubiger ist oder ob wir uns auf … Unannehmlichkeiten einrichten müssen.«
»Celsi ist alles andere als sanftmütig zu seinen Schuldnern«, sagte Morosini. »Bei ihm sollte man besser auf alles gefasst sein. Zuweilen schätzt er es, seine Opfer zu umkreisen und mit ihnen zu spielen wie eine Katze mit der Maus.« Sein Gesichtsausdruck wurde hart. »Warum soll ich es verschweigen? Unsere Familien sind schon seit Generationen verfeindet. Die Celsi ließen noch nie eine Gelegenheit aus, uns zu übervorteilen. Sie sind bekannt für undurchsichtige und skrupellose Geschäfte. Celsi ist stets auf der Suche nach Möglichkeiten, mir eins auszuwischen.«
Mir sank das Herz. Insgeheim hatte ich schon so etwas befürchtet. Damit war auch die Frage beantwortet, warum Celsi so erpicht darauf gewesen war, Einzelheiten über meinen letzten Aufenthalt in diesem Haus zu erfahren: Als Geschäftskonkurrent von Morosini war er auf alle verfügbaren Informationen aus, um ihm zu schaden. Und dass er uns den Zahlungsaufschub bewilligt hatte, war womöglich weniger von großzügigen als vielmehr von tückischen Erwägungen bestimmt.
Der Diener kam, um die leeren Platten und Schüsseln abzutragen. Höchste Zeit für mich, aufzubrechen. Die anderen waren bestimmt schon in Sorge.
Ich bedankte mich nochmals für alles und machte mich auf den Weg.
Elena ging ungeduldig in der Gasse vor der Ca’ Contarini auf und ab, als ich eintraf. »Wo warst du so lange?«, rief sie mir entgegen. »Wir dachten, du seist ertrunken! Wie ein Lauffeuer ging es heute Morgen durch das Sestiere, dass Razzi aus dem Kanal gezogen wurde, aus den Trümmern eines leck geschlagenen Bootes! Wir suchten dich überall! Auch im Gefängnis, aber da warst du nicht!«
»Das lag daran, dass ich diesmal schneller freikam als die anderen Male und gleich mit zu Morosini ging. Er hat den Behörden übrigens dankenswerterweise eine
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