Der König Der Komödianten: Historischer Roman
lockend? Oder sogar erwartungsfroh?
»Caterina …«, sagte Bernardo rau. »Du machst mich wahnsinnig! Was tust du mir nur an!«
»Bernardo, nicht! Deine Schulter …«
»Drauf geschissen.«
Dann verstummten beide, es war nur noch unterdrücktes Ächzen und Stöhnen zu hören, gefolgt von einem leisen Aufschrei Caterinas.
Mit wenigen Riesensprüngen war ich bei der Weide und riss die Äste zur Seite, doch was ich sah, ließ mich auf der Stelle innehalten: Bernardo hatte Caterina gepackt und gegen den Baumstamm gedrängt, jedoch keineswegs, um sie zu erwürgen. Er hatte eine Hand in ihrem Ausschnitt und die andere unter ihren Röcken, und dabei küsste er sie mit solch wilder Inbrunst, dass mir beim bloßen Anblick der Atem stockte. Wie vom Donner gerührt blieb ich einen Herzschlag lang stehen – vielleicht auch zwei –, bis ich begriffen hatte, dass er ihr keine Gewalt antat, sondern dass sie nichts dagegen hatte. Und dass sie mich jeden Moment entdecken konnten, wenn ich weiter wie angenagelt stehen blieb. Mit heißen Ohren und einem wahren Gefühlssturm in meinem Inneren zog ich mich zurück.
Rückwärts gehend, prallte ich nach wenigen Schritten gegen einen Körper und fuhr herum. Elena stand dort, beide Arme vor der Brust verschränkt.
»Na, hast du genug gesehen?«
Herausfordernd blickte sie mich an, doch ich gab keine Antwort. Eilends strebte ich weiter, weg von dem Baum und hin zum Kanal, wo ich mich mit zittrigen Gliedern auf dem Anlegesteg niederließ. Elena folgte mir und hockte sich neben mich.
»Begreifst du es jetzt endlich?«, fragte sie. »Caterina braucht deinen Schutz nicht! Sie braucht überhaupt niemanden, außer sich selbst. Und hin und wieder einen Spiegel, der ihr zeigt, wie unwiderstehlich sie ist. Anstelle eines Spiegels benutzt sie dafür zuweilen auch einen Mann, manchmal sogar ihren eigenen, wie du eben feststellen konntest.«
»Rede nicht so über sie!« Immer noch außer mir, konnte ich kaum einen klaren Gedanken fassen, doch eines war sicher: Caterina traf an der ganzen verfahrenen Situation nicht die geringste Schuld. Alle Verantwortung lag bei Bernardo! Er war in diesem Spiel der alleinige Schurke! Es drängte mich, Elena genau das klarzumachen und ihr die ganze himmelschreiende Wahrheit zu erzählen.
»Er hat die Ehe gebrochen und Franceschina geschwängert!«, platzte ich heraus.
Elena wirkte unbeeindruckt, sie musste es also gewusst haben.
»Wie hast du es erfahren?«, wollte sie wissen.
»Sie haben davon gesprochen«, sagte ich.
»Und Caterina? Was hat sie dazu gesagt? War sie wütend?«
Ich dachte nach. Nein, sie war nicht wütend gewesen.
»Also nicht«, sagte Elena, als ich stumm blieb. »Gibt dir das nicht zu denken?«
»In der Tat, denn es zeigt mir, wie freundlich und duldsam sie ist, wie bemüht, den Ehefrieden zu bewahren! Sie lässt sich sogar von ihm …« Ich konnte es nicht aussprechen.
»Küssen und anfassen und vielleicht sogar noch mehr?«
Anstelle einer Antwort knirschte ich mit den Zähnen. »Alles erträgt sie ohne ein Wort der Klage! Und was macht Bernardo? Er ist derjenige, der … der …«
»Dasselbe mit anderen Frauen tut?«
»Ganz recht. Und dann besitzt er noch die Frechheit, ihr Untreue zu unterstellen! Nur weil sie ein harmloses fremdes Tuch am Gürtel trägt!«
»Es ist kein fremdes Tuch«, widersprach Elena. »Sondern deines, denn ich hatte es dir geschenkt.« Mit einem Mal klang ihre Stimme schneidend, und in ihren Augen funkelte es vor Zorn. »Wieso hast du es ihr gegeben?«
»Das war reiner Zufall«, beteuerte ich. »Es fiel mir runter, und dann kam dieser Rizzo vorbei, und als ich das Tuch aufhob, nahm sie es an sich, und sie sagte zu Rizzo, ich hätte es ihr aufgehoben, weil er dachte, ich wolle …«
Elena unterbrach meine konfuse Erklärung mit einer Handbewegung. »Sicher denkst du jetzt, dass sie es behält, weil sie es als Unterpfand deiner Verehrung wertschätzt.«
Ungläubig wandte ich mich ihr zu. »Was? Nein! Das dachte ich nie!« Verunsichert hielt ich inne. »Meinst du wirklich, dass sie es deshalb trägt?«
Elena schnaubte. »Du Narr! Das war ein Scherz! Sie trägt es, weil sie Bernardos Eifersucht damit am Kochen halten kann. Und außerdem, weil es aus guter Seide ist und weil es meiner Mutter gehörte, die eine der größten und berühmtesten Schauspielerinnen des Jahrhunderts war!«
Entschieden schüttelte ich den Kopf. »Ich glaube dir kein Wort. Du kannst sie bloß nicht ausstehen, und deshalb machst
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