Der König Der Komödianten: Historischer Roman
Theater ist grenzenlos!«
»Das ist fein«, sagte ich geistesabwesend, meine Beinkleider abstreifend.
»Er hat einen Bekannten, der auch noch dazustoßen soll, ebenfalls ein Liebhaber des Theaters.«
Ich erinnerte mich dunkel. »Sein Freund Will, der Bühnenautor.«
»Nein, das ist doch der in London. Der von hier heißt Rodolfo. Ein kleiner Bursche, aber sehr gewitzt, sagt Henry. Er ist früher zu Bett gegangen, sonst hätten wir ihn auch schon kennengelernt.«
»Das ist fein«, murmelte ich, während ich mich rücklings auf die Bettstatt sinken ließ, den Kopf auf mein Lavendelkissen legte und die Augen schloss. Bevor ich einschlief, dachte ich an die Geschehnisse der letzten Stunde. Der Streit unter der Weide, der wilde Kuss. Dann die Unterhaltung mit Elena am Kanal. Trotz der Dunkelheit hatte ich deutlich sehen können, wie wütend sie wegen des Tuchs gewesen war. Vielleicht sollte ich Caterina bitten, es mir zurückzugeben. Aber was, wenn sie es wirklich nur deswegen behalten hatte, weil es von mir war? Die Vorstellung war verstörend und verlockend zugleich, und diese widersprüchliche Empfindung begleitete mich schließlich in den Schlaf.
In dieser Nacht schlief ich erstmals seit Tagen tief und traumlos und fühlte mich beim Aufwachen frisch und tatendurstig. Cipriano und Baldassarre waren bereits aufgestanden, und die Morgensonne schien durch das Butzenfensterin die Kammer. Die morgendliche Wäsche und das Bartschaben gingen mir leicht von der Hand, und so war ich bald bereit, den neuen Tag zu begrüßen.
Die Schauspieler seien draußen beim Schiff, wurde mir von der Schankmagd mitgeteilt, und tatsächlich fand ich die Truppenmitglieder an der Anlegestelle, wo sie auf dem Vorplatz beim Steg ihre Kunststücke vollführten.
Trotz der Morgenkühle waren sie ganz in ihrem Element. Franceschina jonglierte mit fünf Bällen, Cipriano wanderte auf dem Platz umher und schlug gekonnt die Laute, und Caterina tanzte geschmeidig und umweht von bunten Seidenschleiern einen anmutigen Tanz. Doch die meisten Augen zog Elena auf sich, die mit akrobatischer Finesse auf dem Seil balancierte, das vom Boot bis zu einem Baum gespannt worden war. Obwohl es noch früh am Morgen war, hatte sich eine beträchtliche Anzahl von Herbergsgästen und Reisenden rund um die Anlegestelle versammelt und bestaunte die Darbietung. Baldassarre klapperte mit dem Hut in der Hand die Leute ab und sammelte, untermalt von klangvollen Reimen, einiges an Münzgeld ein.
Bernardo war nicht zu sehen, was mich erleichterte, denn es war peinlich genug, den Frauen gegenübertreten zu müssen. Allerdings war weder Franceschina, Caterina noch Elena etwas von den nächtlichen Zerwürfnissen anzumerken. Jede Einzelne lächelte strahlend in die Runde und war auch sonst mit Hingabe bei der Sache.
Baldassarre wanderte deklamierend zwischen den Zuschauern umher. »So gebt nun ordentlich, ihr braven Leute, denn des Künstlers Brot ist nicht nur der Applaus. Ergötzt euch an der Kunst der Truppe heute, und nehmt die Freude daran mit nach Haus.«
Der Engländer Henry hatte sich ebenfalls bereits eingefunden und saß am Rand des Bootsstegs, von wo aus er eine gute Sicht auf die Darbietung hatte, die in diesem Moment unter dem Applaus der Zuschauer zu Ende ging. Die Schauspielerverneigten sich, nur Elena balancierte noch auf dem Seil und lenkte alle Aufmerksamkeit auf sich, auch die von Henry.
Helles Entzücken sprach aus seiner Miene, als Elena auf dem Seil eine besonders gewagte Kapriole vollführte, indem sie sich auf einem Bein um ihre Achse drehte, das andere Bein graziös bis zur Schulter hochgebogen. Hingerissen klatschte er Beifall.
Die übrigen Zuschauer fielen ein, und ein zufriedenes kleines Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, während sie zum Steg schritt, wo das Seil befestigt war, und von dort aus mit einem Salto zu Boden sprang.
Unwillkürlich hielt ich die Luft an, denn das hatte sie beim letzten Mal nicht gemacht. Überrascht sah ich ihr entgegen, als sie auf mich zukam.
»Das hast du gut gemacht.« Ich räusperte mich. »Es war wohl sehr schwer, das zu lernen, oder?«
»Wenn man als kleines Kind damit anfängt, ist es leicht«, sagte sie. »Man muss in einer Familie von Gauklern groß werden, um es perfekt zu beherrschen.« Sie löste das Seil von der Holzverstrebung des Stegs und rollte es zusammen.
Ich half ihr dabei. »Diesen Salto – den hast du in Padua nicht gemacht.«
»Nein, denn wäre ich falsch aufgekommen, hätte ich mich
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