Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
Vom Netzwerk:
an, dem höchsten venezianischen Regierungsgremium.«
    Danach versiegte die Unterhaltung. Die anderen hingen ihren Gedanken nach oder bewunderten den Sommerpalast des Patriziers.
    Erleichtert nutzte ich die friedliche Stimmung, um mich auf eine leere Bank zurückzuziehen, mein Schreibzeug herauszuholen und mich an die Arbeit zu machen.
    Eine Weile später war ich mit meinen Notizen mitten im zweiten Akt und brütete über der Stelle, an welcher der jüdische Geldverleiher den bei ihm verschuldeten Hauptdarstellerdamit konfrontiert, dass nunmehr das Pfand und damit die Amputation des Zehs fällig sei, als Rodolfo sich zu mir setzte.
    »Ich hörte, dass du der Autor des neuen Stücks bist«, sagte er in seinem abgrundtiefen Bass. »Falls du je um Ideen für ein Canovaccio verlegen sein solltest – du kannst mich jederzeit fragen. Ich habe viel erlebt und viele Kämpfe ausgefochten, für Herrscher und Händler gleichermaßen.«
    Begierig musterte ich seinen Waffengurt. »Wenn es Euch nichts ausmacht, würde ich Euch gern einmal beim Laden und Abfeuern Eurer Arkebuse zusehen. Ähm … nur zur Anschauung, damit ich weiß, wovon ich schreibe, wenn ich die Szene einfüge, in der es vorkommt.« Ich hatte bis dato gar nicht vorgehabt, eine Schuss-Szene einzubauen, doch ab sofort wollte ich es, egal wie.
    »Das sollte sich machen lassen«, meinte Rodolfo. »In der Lagune gibt es zahllose winzige Inseln, die völlig menschenleer sind. Dort können wir schießen bis zum Überdruss, oder bis das Pulver aufgebraucht ist. Ich besitze auch eine gute Armbrust, falls du dich einmal auch an dieser Waffe versuchen willst.«
    »O ja!« Ich konnte kaum meine Begeisterung zügeln. »Für mein Leben gern würde ich schießen lernen, ob mit Pulver oder Bolzen!«
    »Das ist die richtige Einstellung! Es kann nicht schaden, wenn ein Mann weiß, wie er sich zu verteidigen hat. Auf der Welt gibt es viele böse Menschen, und es ist nie auszuschließen, dass man jemanden trifft, der einem nach dem Leben trachtet. Unfassbar, wozu manche Leute imstande sind!«
    »Wie recht Ihr habt!« Meine Zustimmung kam aus tiefstem Herzen. »Manches ist so unfassbar, dass man es für erlogen hielte, wenn man nicht selbst wüsste, dass es wahr ist!« Mit leisem Groll fügte ich hinzu: »Manch einer würde gar vor Lachen tot umfallen, wenn er davon hört!«
    »Es gibt Intrigen, die klingen wie ein antikes Schauspiel«,pflichtete Rodolfo mir bei. »Neulich erst erfuhr ich von einer, die sich ausnahm wie das Phantasiegespinst eines verrückten Dichters.«
    Sofort war ich neugierig. »Erzählt mir doch davon!«
    »Nun ja, ein Reisender berichtete von dem Fall, der sich vor vielen Jahren in Venedig zugetragen haben soll. Er erinnerte mich spontan an ein Stück von Plautus, deshalb meine diesbezügliche Bemerkung eben.«
    »Ich liebe Plautus!«, warf ich ein. »Ganz besonders ein bestimmtes Stück von ihm, die Menaechmi!«
    »Potzblitz!«, sagte Rodolfo. »An genau dieses Stück fühlte ich mich erinnert! Auch wenn die Begebenheit, von der ich hörte, eher eine Tragödie als ein Lustspiel ist. Doch lass mich erzählen, was mir darüber zugetragen wurde. In Venedig lebte zur Zeit der letzten großen Pest ein reicher alter Kaufmann, der mit einer schönen jungen Frau vermählt war. Zum Verdruss des Alten war seine Ehe kinderlos, und so setzte er, für den Fall, dass er ohne Sohn das Zeitliche segnen sollte, die Kirche als alleinige Erbin ein. Seine Frau war darüber nicht erfreut, und da sie äußerst durchtrieben war, ersann sie bald einen teuflischen Plan: Sie täuschte eine Schwangerschaft vor, mit der Absicht, ihrem Gatten einen fremden Knaben als seinen Sohn unterzuschieben. Zu diesem Zweck suchte sie sich mehrere Frauen aus, die um die passende Zeit herum niederkommen würden.«
    »Wieso mehrere?«, fragte ich, ganz aufgeregt ob der Dramatik, die dieser unglaublichen Geschichte innewohnte.
    »Es mussten mehrere sein, weil ja die Möglichkeit bestand, dass eine der Frauen ein Mädchen gebar. Oder ein totes Kind. Deshalb wählte die Betrügerin gleich drei werdende Mütter aus.«
    »Und diese Frauen – waren sie eingeweiht und einverstanden?«
    »Das waren sie, mitsamt der Hebamme. Sie sollten reich entlohnt werden. Aber in allen Fällen ging es schief. Zwei derFrauen kamen mit Töchtern nieder, und die dritte starb mit ihrem Kind bei der Geburt. Am selben Tag starb auch die Hebamme, an der Pest.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Daran zeigt sich wohl, dass Lüge und

Weitere Kostenlose Bücher