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Der König Der Komödianten: Historischer Roman

Titel: Der König Der Komödianten: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Thomas
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sinken, Marco. Das, was du bisher bekommen hast, ist nur ein bisschen Taschengeld. In Venedig stehen unsere Aussichten, ordentlich zu verdienen, besser denn je. Sicher wird es nicht mehr lange dauern, bis du dir ein Schwert zulegen kannst. Und noch ein paar andere Dinge, die deine Männlichkeit unterstreichen. Die Leute dort sind nicht nur viel reicher, es gibt auch deutlich mehr von ihnen als anderenorts. Henry erzählte mir, dass in der Lagunenstadt zweihunderttausend Menschen leben!«
    Die unvorstellbare Größe dieser Zahl verschlug mir denAtem, und aufgeregt begann ich zu berechnen, wie oft unser Dorf – rein von der Einwohnerzahl her – in Venedig hineinpassen würde. Das Ergebnis machte mich schwindeln.
    Bald war alles Gepäck verladen, und die Reisenden kamen nach und nach auf das Boot, unter ihnen auch Henry und Rodolfo. Nach dem Ablegen berichtete Henry, dass er und Rodolfo ursprünglich zu Pferde nach Venedig hätten reisen wollen, dann aber Henrys Rappe sich den Hinterlauf gebrochen habe, und da auf die Schnelle kein Ersatzpferd zu beschaffen war, hätten sie beschlossen, die letzte Etappe mit dem Boot zurückzulegen.
    Schweigend genoss ich eine ganze Weile lang die beschauliche Fahrt durch das östliche Tiefland des Veneto, und manchmal glaubte ich bereits zu spüren, wie wir dem Meer immer näher kamen.
    Unterwegs wurde noch zwei Mal Zwischenhalt eingelegt, und mehrere Male musste das Boot auch Schleusen passieren, ein Vorgang, den ich mit Interesse verfolgte, weil ich dergleichen bisher nur aus Onkel Vittores Büchern kannte.
    Die Fahrt verlief friedlich und ruhig, bis zu dem Augenblick, da Baldassarre die Stille mit der Ankündigung unterbrach, dass er ein Reimrätsel ersonnen habe, und für den, der es als Erster löse, habe er ein schönes Stück Kuchen aus der Herbergsküche mitgebracht. Im Mittelgang zwischen den Sitzbänken stehend, intonierte er sein Gedicht.
    »Mit Stern und Strahl und türkisch Gut bestückt
    So kreuzt des Rätsels Lösung unseren Pfad.
    Mit froher Kunde es uns dann beglückt –
    Des Rätsels Lösung steht für uns parat.«
    »Ein eigentümliches Rätsel, das kein Mensch lösen kann«, befand Franceschina. Sie saß neben Bernardo, als hätte sie jedes Recht dazu und als hätte es nie eine Meinungsverschiedenheitzwischen ihnen gegeben. Zwar sandte sie hin und wieder einen von stillem Groll erfüllten Blick in Caterinas Richtung, doch im Übrigen war sie wieder ganz die Alte. Kurz nach dem ersten Ablegen des Bootes hatte sie ihr Frühstück ins Wasser gespuckt, aber bald darauf hatte sie mit ihren rosigen Wangen wieder ausgesehen wie das blühende Leben. »Was meinst du, Bernardo?«
    Er zuckte die Achseln und verzog vor Schmerz das Gesicht, weil er seine verletzte Schulter vergessen hatte. »Ich kann es mir schon denken, aber ich will keinen Kuchen, deshalb mag es ein anderer erraten.«
    »Hm, mit Stern und Strahl – was kann das sein?«, fragte Caterina. Sie warf ihr langes Haar zurück, in das sie ein gelbes Seidenband geflochten hatte, und lächelte Henry zu, der schräg hinter ihr saß. »Sehr merkwürdig, oder?«
    »Es muss eine Allegorie sein«, meinte Henry.
    Sie strahlte ihn an. »Verzeiht einer dummen jungen Frau – aber was ist eine Allegorie?«
    »Ein Sinnbild«, sagte Elena schlecht gelaunt. Sie zeigte auf Rodolfo. »Er ist es.«
    »Der Zwerg ist ein Sinnbild?«, fragte Caterina erstaunt.
    Elena verdrehte die Augen, und rasch mischte ich mich ein.
    »Er ist des Rätsels Lösung«, sagte ich.
    »Wieso?«, fragte Caterina stirnrunzelnd.
    »Sein Stern ist der Morgenstern«, erklärte ich.
    »Welcher Morgenstern? Der über dem Stall von Bethlehem?« Ihre Verwirrung schien nun vollständig.
    »Selbstverständlich, welcher sonst«, sagte Elena mürrisch. »Und die Heiligen Drei Könige folgten ihm aus dem Morgenland dorthin.«
    »Nein, gemeint ist der Morgenstern an Rodolfos Gürtel«, sagte ich. »Und der Strahl ist sein Degen, während das türkische Gut für den osmanischen Krummdolch steht.«
    »Ich verstehe!« Caterina lachte begeistert. »Wie klug dubist, Marco!« Sie deutete auf Rodolfo. »Er hat unseren Pfad gekreuzt, und jetzt steht er mit froher Kunde für uns parat! Welche Kunde das wohl ist?«
    »Ich nehme an, er wird sich unserer Truppe anschließen«, mutmaßte ich.
    »Richtig«, sagte Baldassarre vergnügt. »Damit ist das Rätsel gelöst, und die Lösung sitzt hier mit uns auf einem Boot! Nach der Sprechprobe, mit der dieser ehrenwerte Rodolfo mich

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