Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
Vom Netzwerk:
die Schulter.
    »Entspannen Sie sich«, sagte er. »Es wird Spaß machen.«
    Als wir ausgestiegen waren, zog er eine Windjacke über und befühlte die Innentasche. Ich wusste nicht, was darin war, aber er grunzte leise, als wäre er zufrieden. Ich schaute an der Klinik hinauf, die sich schwarz und scharfkantig vor dem dunkelvioletten Himmel abhob. Das Licht schien aus den Fenstern zu springen und auf dem Weg nach unten zu streben.
    »Kommen Sie«, sagte Hank. »Bleiben Sie ganz locker.«
    Wir gingen auf den Haupteingang zu. »Moment noch.« Hank trabte zum Wagen zurück, schloss ihn auf und langte hinein. Als er zurückkam, hatte er das Foto von Alex in der Hand, das ich in meinem Briefkasten hinterlegt hatte. »Vielleicht brauchen wir es«, meinte er. Das matte Licht spiegelte sich auf dem Foto, aber ich erkannte Alex' Gesicht deutlich. Es war so scharfkantig wie dieses Gebäude, und nicht zum ersten Mal fragte ich mich, was sie wohl hierhergebracht hatte. Was hatte sie hergeführt, und was hatte sie von hier mitgenommen? Was hatte sie meiner Schwester ins Haus gebracht, und war es so böse, wie meine besorgte Phantasie es sich vorstellte?
    Ich brauchte eine Antwort, und als ich Hank ansah, glaubte ich, dass die Chancen nicht schlecht waren, eine zu bekommen.
    Wir betraten die Eingangshalle. Flure führten in alle Richtungen davon. Vor uns war eine Reihe von Aufzügen. Der Krankenhausgeruch war überwältigend.
    Hank ging zu den Zeitungsautomaten und wühlte eine Handvoll Kleingeld aus der Tasche. »Haben Sie die Zeitung von Charlotte heute schon gelesen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Er warf ein paar Münzen in den Automaten des Charlotte Observer, zog eine Zeitung heraus und gab sie mir. »Die werden Sie brauchen.«
    Ich verstand nicht. »Wozu?« Ich hielt die Zeitung in der Hand, als hätte ich noch nie eine gesehen.
    »Meinen Sie das ernst?«, fragte er und wandte sich ab.
    »Oh.« Ich klemmte mir die Zeitung unter den Arm. Hank schaute hinauf zu dem verwirrenden Wald von Wegweisern und schien zu finden, was er suchte. Ich hatte keine Ahnung, was es war, aber als er sagte, ich solle mitkommen, tat ich es. Bald hatten wir uns in dem Labyrinth verloren, und die allgegenwärtigen Tafeln lockten uns immer tiefer in das Krankenhaus hinein. Hank ging mit gesenktem Blick, als wüsste er genau, wohin er wollte. Er sah niemanden an, und niemand sah ihn an. Ich bemühte mich, es ihm nachzumachen. Schließlich kamen wir in einen Korridor, der in einem kleinen Warteraum endete. In der Ecke an der Wand hing ein Fernseher mit einem toten Bildschirm. Eine Klebenotiz informierte die Vorübergehenden, dass er defekt sei.
    An einer Wand stand eine Reihe von vinylbezogenen Stühlen. Zwei Korridore führten in entgegengesetzten Richtungen davon. Die gebohnerten Böden reflektierten das Licht der Leuchtstoffröhren an der Decke. Stimmen hallten um uns herum: vorübergehende Krankenschwestern, Medizinstudenten, ein Lautsprecher an der Wand, über den Ärzte ausgerufen wurden. Uns gegenüber war eine blaue Schwingtür, und auf einem Schild darüber stand: NUR FÜR MITARBEITER.
    »Hier ist es«, sagte Hank. Wieder sah ich mich um; offenbar war mir etwas entgangen. Hank fischte ein Namensschild aus Plastik aus der Jackentasche und klemmte es sich vorn ans Hemd. Darauf war sein Bild, ein Name, den ich noch nie gehört hatte, und der Name der Klinik. Es sah aus wie alle anderen Mitarbeiterschilder, die ich hier gesehen hatte.
    »Woher haben Sie das?«, flüsterte ich.
    »Gefälscht«, antwortete er knapp.
    »Aber...«
    Er grinste sein schiefes Grinsen. »Ich sage doch, ich war schon mal hier.«
    Ich nickte. »Okay. Was soll ich tun?«
    »Warten Sie hier«, sagte er und warf einen Blick hinüber zu der Reihe der unbequemen roten Vinylstühle. »Lesen Sie die Zeitung. Es könnte 'ne Weile dauern.«
    »Ich möchte mitkommen«, sagte ich.
    »Das weiß ich, und ich kann's Ihnen nicht verdenken, aber die Leute reden lieber mit einem als mit zweien. Mit einem ist es eine freundliche Plauderei. Mit zweien ist es ein Verhör.«
    Er sah mir meine Erregung an und wusste, wie wichtig es mir war.
    »Entspannen Sie sich, Work. Lesen Sie die Zeitung. Wenn es hier eine Antwort gibt, werde ich sie finden. Okay? Das ist mein Job. Vertrauen Sie mir.«
    »Es gefällt mir nicht.«
    »Denken Sie nicht weiter drüber nach.« Hank wandte sich ab und war genauso schnell wieder da. »Geben Sie mir den Sportteil«, sagte er. Ich blätterte in der Zeitung

Weitere Kostenlose Bücher