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Der König der Lügen

Der König der Lügen

Titel: Der König der Lügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Hart
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betatscht, Work. Er hat sie vergewaltigt. Er hat sie von hinten gerammelt wie ein Tier. Wenn sie sich wehrte, hat er sie geschlagen. Als der Sommer vorbei war, durfte sie keinen Pyjama mehr tragen. Mein Gott, sie musste nackt schlafen. Noch eine neue Regel. Es fing nicht allmählich an und baute sich immer weiter auf. Es kam wie eine Explosion in ihr Leben. An einem Tag war sie sieben. Vom nächsten Tag an kriegte sie es regelmäßig. Das war seine Formulierung. Trotzdem wurde es mit der Zeit irgendwie immer schlimmer, als ob er sich mit ihr langweilte und ständig etwas Neues erfinden müsste, damit es ihm Spaß machte. Über manches von dem, was er tat, kann sie heute noch nicht sprechen, nicht mal mit mir. Und sie ist der stärkste Mensch, den ich kenne.
    So lief es jahrelang. Er ging nie wieder arbeiten. Er trank, und er spielte. Dreimal verlieh er sie, um seine Spielschulden zu bezahlen. Hundert Dollar hier, zweihundert da. Beim ersten Mal war sie elf. Der Kerl war Schichtleiter in der Gummifabrik in Winston-Salem. Er wog hundertdreißig Kilo. Alex wog etwas mehr als dreißig.«
    »Ihre Mutter...«, fing ich an.
    »Sie versuchte einmal, es ihrer Mutter zu erzählen, aber die wollte nichts davon hören. Sie hat sie eine Lügnerin genannt und geohrfeigt. Aber sie wusste Bescheid.«
    Jean schwieg.
    »Sie hätte zu den Behörden gehen können«, sagte ich.
    »Sie war ein Kind! Sie kannte sich nicht aus. Als sie dreizehn wurde, fing es an, ein bisschen besser zu werden. Er missbrauchte sie seltener und schlug sie öfter.« Jean richtete ihren Blick auf mich. »Sie wurde ihm zu alt. Sie kam in die Pubertät, und er fing an, das Interesse zu verlieren.«
    »Sie war vierzehn, als sie ihn umbrachte«, sagte ich. »Da war die Pubertät schon weit.«
    Ein Geräusch kam aus Jeans Kehle, halb Lachen, halb erstickter Aufschrei. Sie drehte sich ganz herum und stützte sich auf den Ellbogen, um mir gerade in die Augen zu sehen. »Du kapierst nicht, Work.«
    »Wenn er aufgehört hatte, sie zu missbrauchen —«
    »Sie hatte eine Schwester!« Jetzt schrie sie. »Darum hat sie es getan. Eine siebenjährige Schwester namens Alexandria.« Plötzlich begriff ich. Ich begriff alles.
    »An dem Tag, als Alex ihren Vater umbrachte, war ihre Schwester sieben Jahre alt geworden. Am Tag zuvor hatte die Party stattgefunden. Und rate mal, was Daddy ihr zum Geburtstag schenkte?«
    Ich wusste es.
    »Hochhackige Schuhe, Work, und einen Lippenstift. Für Daddys kleines Mädchen. Und sie war entzückt. Sie wusste nicht, was es bedeutete, sie wollte sich nur verkleiden wie ihre große Schwester. Darum hat Alex ihn umgebracht.«
    Ich wollte nicht sprechen. Ich wollte meiner Schwester nicht weiter wehtun, wusste aber, dass ich es wahrscheinlich tun würde. Hank hatte mir gesagt, Jean liebe Alex wie ein Prediger seinen Gott. Doch Alex war kein göttliches Wesen, keine gütige Seele. Sie war beschädigt, sie war eine Mörderin, und Jean musste begreifen, dass es die Wahrheit war. Zu ihrem eigenen Besten.
    »Was ist aus ihrer Schwester geworden?«, fragte ich. »Hat Alex dir das je erzählt?« Jean schniefte laut, aber ihre Stimme klang ruhiger. »Sie spricht nicht über ihre Schwester. Ich nehme an, sie haben den Kontakt verloren, nachdem Alex in die geschlossene Anstalt eingeliefert worden war. Wahrscheinlich konnte ihre Schwester es nicht verstehen. Nicht in ihrem Alter.«
    Ich musste es schnell tun, bevor ich erstarrte. Sie musste es wissen.
    »Ihre Schwester starb, Jean. Sie lief zurück in den Trailer, und sie verbrannte mit ihrem Vater.«
    Jeans Mund öffnete sich zu einem stummen, scheinbar zahnlosen dunklen Kreis.
    »Unfall oder nicht, sie hat ihre Schwester umgebracht. Und aus irgendeinem Grund hat sie ihren Namen angenommen. Alexandria, Alex, das kann kein Zufall sein. Sie hat ihren Vater ermordet, sie hat ihre Schwester ermordet, und wie ich es sehe, hat sie auch Ezra ermordet.«
    Jean zitterte am ganzen Leib. »Das hätte sie mir gesagt.« Plötzlich sah sie misstrauisch aus. »Warum tust du das?«, fragte sie.
    »Es tut mir leid, Jean. Ich weiß, dass es wehtut, aber ich musste es dir sagen. Du hast die Wahrheit verdient.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    »Ich schwöre es, Jean. Beim Namen unserer Mutter, ich schwöre, dass es die Wahrheit ist.«
    »Verschwinde hier, Work. Geh und lass mich allein.«
    »Jean ...«
    »Du hast dich immer auf Dads Seite gestellt. Du hast sie immer gehasst.«
    »Sie hat unseren Vater umgebracht, und sie will,

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