Der König der Lügen
schätzen.«
»Gut«, sagte er. »Dann zum Geschäft. Ich nehme an, ich soll Ihnen helfen rauszukriegen, wer Ihren Vater umgebracht hat.«
Offenbar war mir die Überraschung anzusehen. Aber natürlich musste er das annehmen. Ich hätte es kommen sehen sollen. Ich musste aufpassen. Hank und ich waren Kollegen, und gelegentlich tranken wir einen zusammen, doch ich hatte keine Ahnung, wie weit seine Loyalität reichte. Er war sichtlich verwirrt.
»Ich konnte ihn nie besonders gut leiden«, sagte ich. »Darum sollen die Cops sich kümmern.«
»Okay«, sagte Hank langsam. Er war offenbar ratlos, wollte mich aber nicht drängen. Er trommelte zweimal mit den Fingern auf den Tisch. »Also ...« Er wartete darauf, dass ich redete. Ich tat es. Ein wenig. Es dauerte eine Weile. Dann erklärte ich ihm, was ich wollte.
»Du liebe Güte«, sagte er. »Ich wusste nicht, dass Sie eine so hohe Meinung von mir haben.«
»Können Sie es?«, fragte ich.
»Ich wünschte, ich könnte das bejahen, aber ich kann es nicht. Sie wollen rausfinden, wer den Stuhl die Treppe runtergeworfen hat, und das kann ich Ihnen nicht verdenken. Nur bin ich kein Fingerabdruckspezialist, und ich habe keinen Zugang zu irgendwelchen Fingerabdruckdateien. Was Sie da brauchen, sind ein Polizist und ein komplettes Spurensicherungsteam. Aber das ist nicht meine Liga.«
»Die Polizei kümmert sich nicht darum«, sagte ich. »Sie glauben mir nicht, und ich bin nicht sicher, dass ich sie damit bedrängen möchte.«
»Dann sind Sie am Arsch, Mann. Tut mir leid.«
Ich zuckte die Achseln. Seine Antwort überraschte mich eigentlich nicht sonderlich. Doch ich wollte wissen, wer dafür verantwortlich gewesen war. Es war passiert, und es war aus einem bestimmten Grund passiert. Vielleicht hatte es etwas mit Ezras Tod zu tun, vielleicht auch nicht. Aber so oder so war es wichtig. »Und was ist mit dem Safe?«, fragte ich.
»Vergessen Sie das. Dafür brauchen Sie einen Schlosser oder einen Safeknacker. Ich bin weder das eine noch das andere.«
»Ich dachte, vielleicht ...«
»Was? Dass ich vielleicht jemanden kenne?« Ich nickte. »Wie der Zufall es will«, sagte er, »kenne ich tatsächlich jemanden.
Aber der sitzt im Knast. Für zehn bis zwölf Jahre. Warum beauftragen Sie nicht einfach einen Schlosser?«
»Weil ich nicht weiß, was drin ist, und ich will nicht, dass ein Fremder es weiß. Nicht, solange die Cops sich für mich interessieren.«
»Sie hoffen, dass Sie den Revolver finden?«
Ich nickte. Wenn die Waffe im Safe war, hatte Jean ihn vielleicht doch nicht umgebracht. Und wenn Jean es nicht... dann würde ich das Beweismaterial beiseiteschaffen. Außerdem, wer konnte schon wissen, was für Geheimnisse Ezra sonst noch in diesem Safe versteckt hatte?
»Bedaure, Work. Ich habe das Gefühl, Sie im Stich zu lassen. Ich kann Ihnen nur eins sagen: Die Menschen sind berechenbar. Wenn sie ein Kombinationsschloss einstellen, benutzen sie meistens Zahlen, die ihnen etwas bedeuten. Darüber sollten Sie nachdenken.«
»Das habe ich schon ausprobiert. Geburtsdaten, Sozialversicherungsnummern, Telefonnummern.«
Hank schüttelte betrübt den Kopf, aber das Funkeln in seinen Augen war nicht unfreundlich. »Berechenbar, habe ich gesagt, Work. Nicht dumm. Denken Sie über Ihren Vater nach. Finden Sie raus, was ihm wichtig war. Vielleicht haben Sie Glück.«
»Vielleicht«, wiederholte ich wenig überzeugt.
»Hören Sie, Mann, tut mir leid, dass Sie Ihre Zeit vergeudet haben. Ich wünschte, ich könnte Ihnen helfen.«
»Na ja, da wäre noch etwas«, sagte ich. »Was Persönliches.«
»Persönliche Sachen kann ich machen.« Er trank von seinem Bier und wartete.
»Es hat etwas mit Jean zu tun.«
»Mit Ihrer Schwester.«
»Genau.« Und dann sagte ich ihm, was ich wollte.
Er zog ein Stück Papier und einen Stift hervor. »Okay«, sagte er. »Erzählen Sie mir alles, was Sie über diese Alex Shiften wissen.«
Ich tat es. Es dauerte nicht lange.
Er steckte das Blatt in die Hemdtasche, als sich zwei Frauen an die Bar setzten. Sie waren beide Mitte zwanzig und beide schön. Sie schauten zu uns herüber, und die eine winkte kurz. Hank tat, als wäre nichts weiter, aber ich ließ mich nicht täuschen. »Haben Sie das arrangiert?« Ich deutete mit dem Kopf zu den beiden Frauen hinüber.
Sein Grinsen verriet ihn, bevor er antwortete. »Ich dachte mir, Sie könnten eine kleine Aufmunterung vertragen.«
»Na, vielen Dank, nur habe ich im Moment schon genug Frauen in
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