Der König der Narren
Fürstin von Kading.
Den Teppich nahm m an ihnen sof o rt weg. Das Gepäck, sogar der Dolch und die Schlinge, küm m erten d i e Fürstin nicht. W arum sollten sie auc h ?, d achte Res bitter. Gegen die Gole m s war beides nutzlos.
Ein Golem war so kräftig, dass er zehn W esen von Res’ Gewicht hätte tragen können, und unverwundbar.
»Schau nicht so verdrießlich drein, m ein Kleines«, sagte die Fürstin. »Du m u sst zugeben, dass ich kei n e Mühe gescheut habe, um dich zu fangen. Es war selbst für die G o le m s nicht einfach, eine K opie des Wandernden Bergs herzustellen.« S i e lächelte Yen Tao-tzu an.
»Ganz der Beschreibung m eines a l ten Freundes, des Möchtegern-Kaisers von Phantásien folgend, so wie er sie m ir vor m e hr als tausend Jahren gegeben hat.«
Ihr Läc h eln verhärtete si ch zu dem dia m antenen Glanz i h rer Augen. »So viele W ünsche erfüllen sich heute, und ich trage nicht ein m al den Glanz.«
Sie wandte sich wieder zu Res und schwirrte um sie heru m . »Aber ich habe m i r all die Mühe nicht wegen eines nutzlosen alten Mannes ge m acht, o nein. Ihn zu m einen Füßen zu sehen ist Balsam auf eine längst verheilte W unde. Nein, Res, das alles« die Fürstin breitete ihre Ar m e i n einer Geste aus, die den Rau m , die Gol e m s, d a s Ei und den gesa m t en Berg zu umfassen schien »geschieht nur deinetwegen.« Sie schnipste m it den Fingern. »Hinaus. Alle. Lasst m i ch m i t dem Mädchen allein und bringt den alten Mann und die Katze in die Höhlen.«
Die Katze m aunzte und f ixierte die Fürstin m it ihrem Blick. Zum ersten Mal, seit Res Sc h nurrspitz begegnet war, wusste sie, dass die Katze m it je m and e m s prach und doch für sie selbst unverständlich blieb, und die Vorstellung tat weh.
»Nein, danke«, sagte die Fürstin m it ihrem glockengleichen Lachen. » W anderern traue ich nicht.«
Ein Golem bückte sich; die Katze p asste fasst zur Gänze in seine Hand, die sich um das Tier schloss, sosehr es sich auch sträubte. Yen Tao-tzu klemmte er sich einfach unter den Arm und stapfte m it ihnen davon. Die übrigen Gole m s folgten ih m .
Währenddessen stöberte die Fürstin Res’ Säcke durch. »Und was haben wir hier… nein, das Kleid i s t zu zer s chli s sen… die F arbe dieses He m des ist un m öglich… soll das eine Hose sein oder ein Rock, der in der Mitte zusammengenäht i s t? W i rklich, Res, so kannst du dich doch nicht sehen lassen.«
» W enn ich das nächste Mal jahrhundertealte Verrückte beraube, werde ich sie m i r sorgfältiger a u swählen«, entgegnete Res m it zusam m engep r essten Zähnen. Zuerst hatte sie sich auf die Zunge beißen m üssen, um vor W ut und Enttäuschung nicht laut aufzuschreien.
»Das wird nicht nötig sein«, sagte die Fürstin und s c hwebte zu ihrem Thron zurück. Hinter dem E l f e nbeinstuhl stand eine Truhe, die eindeutig aus Kading stammte; sie war aus Kristall, bis auf den Deckel, der aus Silber gehämmert war. »Komm her und m ach sie auf«, fuhr die Fürstin fort.
Einen Moment lang war Res versucht, sich auf den Boden zu setzen und sich zu weigern, auch nur einen Schritt zu tun. Gleichzeitig wusste sie, wie töricht das wäre. E s gab sehr viel Schlimmeres, das die Fürstin ihr und ihren Freunden antun konnte, als ihr zu befehlen, eine Tru h e zu öffnen. Die Herrsc h erin ü b er K ading anzu g r eifen war ebenfalls sinnlos. Dass die Gole m s verschwunden waren, hieß noch lange nicht, dass die Fürstin sich jeglichen Schutzes begeben hatte. Schlie ß lich war die Fr a u alles a n dere als du m m. W ährend Res also gehorchte und zur Truhe ging, schau t e sie sich in dem ovalen Raum u m , in den sie hineingeflogen war, und entdeckte nach einer W eile, was sie suchte: Schatten. Schatt e n, die von keinem Gegenstand, von keinem W e s en hier geworfen wurden. Natürlich.
Vor der Truhe kniete Res nieder und öffnete sie. Der silberne Deckel ließ s i ch erstau n l ich leic h t an h eben. Er sprang auf; in n en war er m it einem f lachen Spie g el ausg e st a ttet. W as Res in der T ru h e f and, hätte sie nie erwartet. Es war ein Kleid, ein W under von einem Kleid, übersät von Perlen und m it Spitze besetzt. Der eigentliche Stoff, s o erkannte sie schon auf den ersten Blick, obwohl erst ihre bebenden Fingerspitzen es ihr endgültig be s t ätigten, konnte in seiner Makellosigkeit nur in Siridom gewebt worden sein, nirgendwo sonst.
Er war tränenblau.
»Zieh es an«, sagte die F ürstin.
Denk
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