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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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verzweifelt, es nicht ein m al einen Augenblick lang in Erwägung zu ziehen. Aber der Gedanke war da, verräterisch und herzlos. Sie fuhr sich m it der rechten Hand durch das Haar. Seit sie es abgeschnitten und Siridom verlassen hatte, war es nicht länger geworden. Dazu war nicht genügend Zeit vergangen. W i e lange war s i e nun schon unterwegs? E i ne W oche? Zwei? Einen Monat? Drei? S i e wusste es n i cht m ehr; n ur, dass ihre Haare noch nicht nachgewac h sen waren, hinderte sie daran, es eine Ewigkeit zu nennen. Sie kam s i ch wie der S t ein v o r, an dem s i e lehnte, warm, aber nicht m ehr glühend, wie er wohl ein m al gewesen war. W enn m an ihn noch weit e r von den Flammen von Brousch wegrollte, würde er immer kälter werden, bis er überhaupt keine Wä r m e m ehr in sich tr u g. Oder v i e lleicht würde er zerfallen, wie die kleinen S t eine in den Händen des Sühneträgers.
    Die Reisen, von denen Lesterfeld und andere, die für die Gilde m it den Trossen unterwegs waren, zu erzählen pflegten, waren lustig und spannend gewesen. Kunlas Vater hatte gelegentlich davon gesprochen, dass die erste Reise m it einem Tross »einen Mann« aus Kunla m achen würde. Nie m and hatte je erwähnt, da s s einen Reisen auch auf eine W e i se verändern konnten, d i e ihr ganz und gar nicht gefiel.
    Es m uss einen anderen W eg geb e n, sagte sich Res wieder und klam m erte sich an diese Hoffnung. Es gibt W ege, die m an nicht beschreiten kann, ohne das zu verlieren, weswegen m an sie beschreitet.
    Eben wollte sie d i e Katze und den S ühneträ g er s chweren Herzens auffordern, sich wieder auf d e m Teppich zusammenzukauern, um weiterzufliegen, als das Tier plötzlich sagte:
    Wir Katzen haben neun Leben, weißt du.
    » W ie m einst du da s ? «, fragte Res zurück und hielt unwill k ürlich den Atem an.
    Wie ich es sage. Wir haben neun Leben. Wenn man uns eines nimmt, bleiben immer noch acht. Ich spreche aus Erfahrung. Obwohl ich mich i m mer bemüht habe, ein v e rnünftiges, sicheres Dasein zu führen, habe ich bereits zwei Lebzeiten verloren.
    » W illst du d a m it sagen…«
    Wenn du mit mir durch die Flammen der Zeit gehst und wieder zurück und sagst, dass du eine Leb e nszeit von mir anbietest, dann wirst du mich damit nicht töten.
    »Schnurrspitz… das ist… ist das a u ch wirklich wahr ? «, stieß Res hervor, zu überwältigt, um darauf zu achten, dass sie den Na m en der Katze in H ö rweite eines Dritten laut ausgesprochen hatte.
    Die Katze legte ihren Schwanz sorgsam um ihren Körper und bettete ihren K opf zwischen die Vorderpfoten. Vertrau mir.
    Es fiel Res schwer nachzudenken, ohne sich von der jähen Hoffnung davontragen zu lassen. Die Ka t ze würde in dieser Angelegenheit nicht lügen. W ürde nicht ste r ben, nur um ihr den Zugang nach Kading zu er m öglichen. Das sah S chnurrspitz ganz und gar nicht ähnlich. Die Katze m us s te die W ahrheit sagen.
    Ein zweiter, hässlicher Gedanke kam ihr. W as, wenn Schnurrspitz entschieden hatte, dass es zu gefährlich war, weiter m it Res heru m zureisen, und Kading als idealen F l uchtort vor dem Nichts betrachtet e ? W as, wenn die K a t z e den Flam m en m itteilte, Res s e i d ieje n ige, die m it ihrem Leben für den W eg dorthin b ezahlen würde?
    Das habe ich gehört, sagte Schnurrspitz ohne Groll und m it einem Hauch von Belustigung. Meine Gesellsch a ft färbt auf dich ab, scheint mir. Du klingst m ehr und mehr wie eine K atze.
    »Ich wünschte wirklich, du wür d est m i r erklären, wann du m eine Gedanken hören kannst und wann nicht«, entgegnete Res gereizt.
    Wenn du nicht direkt mit mir sprich st , folgt es keinen Regeln.
    »Das ist ungerecht«, mur m elte Res, nahm einen der schwarzen Brocken neben sich auf und warf i h n in die ungefähre Richtung der Leonesinnen. Er fiel m e hrere Sch r itte vor ihnen auf den Boden. Die drei blieben reglos.
    Kading ist kein guter Zufluchtsort für mich, sagte die Katze. Ihr bisschen Zeitmagie wird sie nicht vor dem Nichts schützen, wenn es hierherko m mt, da bin ich mir sicher.
    Es entging Res nicht, dass der Protest »So etwas würde ich nie tun!« ausblieb. Sie schir m te ihre Augen m it der freien Hand ab und schaute wieder in das L and der Feu e rgeister hinüber. Die Hitze und der Ruß, der von dort aus hierher t r ieb, m achten es ihr inzwischen schwer zu at m en. In der W üste war es erträ g lic h er gewese n ; zu m indest g ab es dort n ichts als k lare Luft. Sie hustete. Das m achte das

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