Der König der Narren
die andere setzte hinzu: »Schwester geopfert.«
»Ihr habt eure Schwester, u m gebracht, da m it ihr m i ch weiter verfolgen könnt ? «, fragte R es fassungslos.
Ein raunender Schrei aus W ut und Sch m erz erhob sich von den beiden. »Nein! W ar verletzt. Verletzt von dir. Hat sich selbst geopfert für uns.«
Ihre Gestalten begannen sich wie d er aufzulösen, in ei n em Wirbel, der sich um sich selbst drehte. Es genügte längst nicht für einen echten Sandsturm, aber es würde ausreichen, um Res zu ersticken und vielleic h t a u ch ihre Fre u nde. Sie konnte rennen, doch die Leonesinnen hinter sich zu lassen, zu F uß, war un m öglich. Selbst der Flug m it dem Teppich würde bestenfalls e i nen Aufschub bringen, weil sie innerhalb von Kading nicht endlos u m herfliegen konnte. Nein, sie musste zum See gelangen, irgendwie.
Aus den Augenwinkeln erkannte sie, dass Yen Tao-tzu den W eidenkorb ab g esetzt hatte und darin heru m kr a m t e. Sie wollte i h m zurufen, dass m i t dem Teppich zu fliegen hier keinen Sinn hätte, aber der Sand drang ihr bereits in die Nas e , und wenn sie den Mund öffnete, dann würden die Leonesinnen ihr Z i el noch schneller erreichen. W as Yen Tao-tzu jedoch aus dem Korb zog, war keine Teppichrolle. Es war eine kleine, bräunliche Schnapsflasche.
Res begriff.
Die W i rbel wurden dic h ter, und R e s klatschte mit allen Kräften in die Hand und rief, trotz des Staubes, den sie dabei einat m ete: »Linus, Linus, Linus!«
Der Sand ver m engte sich m it blauem Rauch, und Res hörte die e m pörte Stimme des Dschinn, der s i ch beschwerte: »Ich m uss doch sehr bitten, m eine D a m e n. W i r sind uns noch nicht ein m al vorgestellt worden!«
»Sss… sss… eeee…«, schrie Yen T a o-tzu a u s ganzen Kräften.
Der Dschinn verschränkte die Ar m e ineinander, und m i t einem Mal füllte nichts m ehr als Kadings kühle, klare Luft Res’ Kehle. Der Boden unter ihren Füßen fühlte sich feucht an. Sie blinzelte und entdeckte, dass sie am Se e ufer stand, zusam m en m it der Katze, Yen Tao-tzu und dem Dsch i nn. Vor Erleichterung wäre sie Linus und Yen Tao-tzu am liebsten um den Hals gefallen.
Schnell, drängte die Katze, bevor sie uns wieder einholen. Knie am Ufer nieder.
Res gehorchte und wiederholte die Anordnungen für die anderen beiden. Dabei fiel ihr ein, dass sie in Yen Tao-tzus Hörweite nichts über den S ee gesagt und die Katze nicht laut darüber gesprochen hatte. W oher hatte er davon gewusst?
Jetzt war keine Zeit, um darüber nachzugrübeln.
Nun verlange: Zeig mir die Wahrh e it, zeig mir mich selbst und lass mich gehen.
»Einen Augenblick«, protestierte der Dschinn, als er das von Res hörte. »Zeig m i r m i ch s e lbst? W enn es das bedeutet, was ich ver m ute, weiß ich nicht, ob ich da m it e i nverstanden bin. Überhaupt hast du m ir gar keine Zeit gelassen, m ich von m einen Freunden zu verabschieden, und das nach all den Jahren!«
» W illst du n un Kading verla s sen od e r nicht?«, s c hnitt ihm Res das Wort ab. Der Dschinn w urde ein w e nig rauchig um die Fingerspitzen und wand sich hin und her.
Er kann es nicht verlassen.
Die bla u en Augen der Katze, d ie m it ihren ge weiteten P u pillen im schwachen Schein der entfernt lie g enden Straße fast schwarz waren, bohrten sich in Res’. Ich will nicht, dass du mir wieder Vorwürfe machst. Er tötet schon seit Jahren, und er ist ein Wesen, das aus Wünschen geboren wurde, die Welt möge anders sein, als sie ist; mit Sicherheit wird er nicht die Stä r ke haben, um das Innerste seines Herzens nach außen zu drehen. Wenn du ihm einredest, er könne es, dann lügst du, um uns einen besseren Abgang zu sichern.
»Linus«, sagte Res gepresst, »es wird für keinen von uns leic h t sein. Aber wenn du nicht bis in alle Ewigkeit in Kading festsitzen willst, m usst du diesen W eg gehen. Du scha ff st es. Ich weiß das.«
Yen Tao-tzu war bereits neben i h r niedergekniet. Er schloss die Augen und bewegte die Lippen, oh n e dass ein L aut hervordrang.
Linus der D schinn blickte von ihm zu Res und zur Katze, die ihren Kopf m e hr und m ehr über das S eeufer reckte. »Also gut«, seufzte er.
Von der Seite her sah Res, dass Yen Tao-tzu die Augen wieder öffnete und sich über den See neigt e . Ein Ausdruck absoluten Entsetzens kroch in seine Miene. Sie zw a ng sich, den Kopf zu drehen und selbst ins Wasser zu b l icken, währe n d sie m u r m e lte:
»Zeig m i r die W ahrheit, zeig m i r mich selbst und lass
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