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Der König der Narren

Der König der Narren

Titel: Der König der Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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m i ch gehen!«
    »Neeiiiiiiin « , rief Yen Tao-tzus tiefe, zerbrochen klingende Sti mm e, aber sie hörte ihn n u r wie aus w e it e r Fer n e. S t attdessen schien es ihr, als halte sie etwas in den Händen, etwas Längliches, Rundes, das wohlklingende Töne von sich gab. Sie ließ es los. Ihre Hände, m i t m akellos langen, vollständigen Fingern, fuhren an ihre W a ngen, die sch m al waren und eiskalt. Das Gew i cht ihres Haares zog ihren Kopf ein wenig nach hinten.
    »Das kann nicht sein«, sagte Res ungläubig, doch sie erkannte genau, was das dunkle, flache W asser ihr zeigte: die m akellos schöne Gestalt der Fürstin von Kading, die m it Leben wie m it Bällen spielte.
    Aber m ir ist nicht gleich, ob Leu t e leben oder sterben, dachte sie. Ich würde nie ein Volk verfluch e n, um m ich zu rächen. Ich habe Fehler ge m acht, ich habe absichtlich Übles getan, aber es gibt einen Unterschied. Das ist un g erec h t.
    Die dia m antharten, hellen Augen blitzten sie spöttisch an. Als Res ihre Hände wieder sinken ließ, tat es das Bild d e r Fürstin ihr g leich.
    Sie wollte die Augen schließen, aber das wäre feige gewesen. Also zwang sie sich, das silberne Gesicht anzuschauen und in sich aufzuneh m en. Sie erin n erte sich an das, was Gerjo erzählt hatte, und hörte die Fürstin über den Verlorenen Kaiser z ü rnen, der s i e im Stich gelassen habe. Vielleicht hatte auch die Fürstin ein m al geglaubt, alles, was sie tat, s e i ir g e n dwie zu rec h t f erti g en.
    Vielleicht glaubte die Fürstin das i mm er noch.
    Ihr Antlitz im W asser v erschwam m . Zuerst dachte Res, ihr seien wieder Tränen gekommen, doch i h re Augen blieben trocken. Das Bild verfestigte sich er ne ut, aber nun schien das Haupt m ehr weiß als silbern zu sein. Die Haare waren kurz, wie bei jeder erwachsenen Weberin, und selbst die jungen Sas s afranier besaßen keine Haut, die so blass war.
    »Pallas«, sagte Res weh m ütig und staunend zugleich. Pallas streckte ihr eine Hand entgegen, u n d als Res’ eigene Fingerspitzen das W asser berührten, hob es sich i h r entge g en u nd hüllte sie ein wie ein weicher, schützender Mantel.
     
    Die drei Gestalten, die sich am Rand des Hochlands von Sassafranien aufric h t eten, waren sehr s t ill. Keiner von ihnen hatte das Bewusstsein verloren, doch es dauerte lange Zeit, bis sie wie d er W orte fanden.
    Res fiel als Erstes auf, d ass der Dschinn nicht bei ihnen war. Ob er zu guter Letzt davor zurückgesch e ut war, den Weg aus K a ding hinaus zu wagen, oder ob er ihren W or t en vertraut hatte und gescheitert war, würde sie wohl nie erfahren.
    Wenn das alles vorbei ist und ich ü b erlebe, dachte Res, werde ich noch viele Teppiche w eben und in a l le Teile Phantásiens schicken. Auf ihnen wird m an Linus den D s chinn sehen und die anderen Ausgestoßenen in der Mörderschenke; die Leonesen und Ti m otheus den W al f ührer m it seinem W al, Yen Tao-tzu m it seinem ve r sieg e lten Mund und die Katze m it dem brennenden Zweig im Maul. Gerjo und Lavan. Die Fürstin und Pallas. Sie alle. Es ist n i cht viel, es ist nicht genug, aber es wird etwas sein.
    Stumm hob sie die Katze auf, die zitterte, und s t rich ihr über das Fell. Auch Yen Tao-tz u s Schult e rn zuckten. Er drehte sich zu ihr um. Tiefe Traurigkeit lag in seinem Blick, große Verwirrung, doch nichts m ehr von Entsetzen oder Verständnis. Er bückte sich erneut, las einen der schwarzen Gesteinsbrocken auf und musterte ihn m it der hingerissenen Auf m erksa m keit eines kleinen Kindes. Mit einem sinkenden Gefühl begriff sie, dass, w a s auch immer ihm in Kad i ng seine Erinnerungen genom m e n und seinen Verstand zurückgegeben hatte, wieder verschwunden war.
     

 
KAPITEL 13
     
    Das Nebel m eer ? «, fragte der behäbige Grottengänger, dem der Hügel, in den Res und i hre Freunde eingekehrt waren, gehörte. »Natürlich weiß ich darüber Bescheid. Nicht, da s s wir es h i er oft m i t Yskálnari zu tun bekom m en. Ganz r eizende Le u te, aber sie verla s sen ihresgleichen nicht gern, und von der hohen Kunst des Gesprächs verstehen sie auch nicht viel.« Er zwinkerte ihnen zu. »Da sind wir Lohani ganz anders.«
    Die Grottengänger, auch Lohani g e nannt, lebten in der Tat, um zu reden, das ließ sich b e reits erkennen, wenn m an länger als eine Viertelstunde m i t einem von ihnen zusammen war. Ihr Land, das sich an Brousch anschloss, war eine einzige Ans a mmlung von Tunneln, Grotten und Gängen unter sanft auf- und

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