Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Tages, versprach er sich, eines Tages werde ich einen Falken besitzen und alle Regeln kennen und diesen herrlichen Sport bis in jede Feinheit beherrschen. Verstohlen beobachtete er den Lord Mayor. Ein reicher, hoch angesehener Mann mit den besten Kontakten zum Adel, aber letztlich auch nur ein Tuchhändler, genau wie Jonah selbst. Doch Pulteney hatte zwei Vögel und seinen eigenen Falkner mitgebracht. Warum soll ich nicht erreichen, was er erreicht hat, dachte Jonah fast trotzig. Natürlich kam er aus keiner so angesehenen Kaufmannsfamilie. Aber irgendein Pulteney, ging ihm auf, war schließlich auch einmal der Erste seines Hauses gewesen, der es vom Krämer zum Kaufherrn gebracht hatte.
Mittags rasteten sie an einem kleinen Wasserfall. Die Knappen breiteten Decken im hohen Gras aus und bewirteten die Jagdgesellschaft mit einem kühlen, leichten Weißwein, währendDiener köstliche Pasteten und kaltes Wildbret auftrugen. Ungezwungen saßen sie beieinander und plauderten, gratulierten sich gegenseitig zu ihren Jagderfolgen oder hänselten die Glücklosen. Wiederum hatte Philippa darauf bestanden, dass Jonah an ihrer Seite blieb. Schweigend lauschte er der ausgelassenen Unterhaltung und schwelgte insgeheim in ihrer Gegenwart.
»Still und ernst wie immer«, bemerkte die Königin leise. »Man fragt sich, was immerzu in Eurem Kopf vorgeht.«
Jonah senkte denselben und erwiderte ebenso flüsternd: »Ich leide noch an den Folgen meiner gestrigen Ausgelassenheit, Madame.«
»Die Waringham immerhin einen Shilling eingetragen hat«, gab sie spitzbübisch zurück. »Ich war zufällig dabei, als die Wettschuld heute früh beglichen wurde.« Dann wurde sie ernst und wechselte unvermittelt das Thema. »Die Vorbereitungen, über die wir vor einigen Monaten sprachen, werden jetzt mit größter Entschlossenheit betrieben, Master Durham. Wenn auch in aller Heimlichkeit. Wäret Ihr bereit, der Krone oder verschiedenen Adligen nochmals größere Mengen Tuch zu beschaffen?«
»Nur zu gern, Madame.«
»Eure äußerste Diskretion wäre von größter Wichtigkeit. Darum sind der König und ich der Ansicht, dass Ihr der geeignete Mann für diese Aufträge seid.«
Jonah verzichtete darauf, Bescheidenheit zu heucheln und ihr zu widersprechen. Sie hatte Recht. Anders als viele seiner Gildebrüder behielt er seine geschäftlichen Aktivitäten lieber für sich. »Leider hat die Gilde mir einen Paten vor die Nase gesetzt, der darauf besteht, meine größeren Geschäfte zu kontrollieren.«
»Ach ja, ich entsinne mich.« Sie sah kurz zu Martin Greene hinüber, der mit Bürgermeister Pulteney und den anderen ehrwürdigen Kaufherren zusammensaß. Sie wirkten ein wenig deplatziert auf ihren Decken im Gras. »Doch mir wurde berichtet, er halte große Stücke auf Euch.«
Jonah unterdrückte ein Seufzen. »Das war einmal. Aber es ist eben nicht zu ändern. Bis ich einundzwanzig werde, muss ich ihn ertragen.«
»Hm.« Das gefiel ihr offenbar nicht. »Besser, wir erlösen Euch von seinem Beistand. Ich lasse mir etwas einfallen.«
Jonah hatte diesbezüglich wenig Hoffnung, aber er wechselte das Thema. »Habt Ihr zufällig mit Eurem Onkel gesprochen, Madame? Über unsere Pläne?«
Sie nickte eifrig. »Er hat versprochen, bei den Webern von Antwerpen und Brügge dafür zu werben, obwohl er glaubt, dass es nicht leicht sein wird, sie zu bewegen, in die Fremde zu ziehen.« Sie schwieg einen Augenblick nachdenklich. »Man müsste irgendeinen Anreiz schaffen.«
»Ja, aber wie?«
Philippa schüttelte den Kopf. »Ich muss darüber nachdenken.«
»Meine Weberei ist jedenfalls fertig«, berichtete Jonah. »Ich muss bald zusehen, dass ich einen Pächter dafür finde. Und da ich angefangen habe, Rohwolle zu kaufen, hätte ich nichts dagegen, sie bei mir von flämischen Handwerkern verarbeiten zu lassen. Es wäre ein guter Weg, unseren Plan zu erproben. Wenn meine Konkurrenten sehen, dass ich flämisches Tuch weitaus billiger bekomme als sie, weil ich es bei mir herstellen lasse, werden ihnen vielleicht endlich die Augen aufgehen.«
Sie legte für einen Moment die Hand auf seinen Arm, federleicht. »Ich verspreche Euch, vor Ende des Sommers beschaffe ich Euch einen flämischen Pächter.«
Sie kehrten am späten Nachmittag mit guter Beute und in froher Laune nach Woodstock zurück. Jonah ritt zu den weitläufigen Stallungen hinter der Haupthalle, gab Grigolet in die Obhut eines Stallburschen, und als er kehrtmachte, fand er sich Auge in Auge mit seinem
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