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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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zuletzt dadurch aus, dass er den einen Arm, den er gebrauchen konnte, unablässig trainierte.
    Doch ehe er seine Faust zum ersten Mal wirksam einsetzen konnte, traten zwei weitere Gestalten aus dem Schatten der nächsten Toreinfahrt und packten ihn. Angst überrollte Cecil wie eine kalte Welle, und er öffnete den Mund, um wider besseres Wissen doch zu schreien, aber sogleich wurde ein Knebel hineingeschoben und irgendetwas, vermutlich ein Sack, über seinen Kopf gestülpt. Cecil konnte nichts mehr sehen und kaum noch etwas hören. Viele Hände packten ihn, stießen ihn vorwärts, und er stolperte, schlug der Länge nach hin. Leise fluchend lasen sie ihn auf und verfrachteten ihn auf einen Wagen.
    Die Fahrt dauerte nicht lange, denn um diese Zeit war es ruhig auf den Straßen. Cecil konnte seiner Orientierung nicht trauen, aber er hatte das Gefühl, dass sie sich vom Fluss weg in nördlicher Richtung bewegten. Er versuchte, sich auf den Wegzu konzentrieren, sich zu merken, wann und wie oft sie abbogen, denn das war die einzige Methode, die ihm einfiel, um die Furcht in Schach zu halten, um nicht zu heulen und zu wimmern. Er hatte nicht die leiseste Ahnung, was diese Männer von ihm wollten oder wohin sie ihn brachten, aber wer Leute unter falschem Vorwand nachts aus dem Haus lockte und ihnen Säcke über den Kopf stülpte, der führte gewiss nichts Gutes im Schilde. Vermutlich hatte es irgendetwas mit dem Geschäft zu tun. Master Jonah ging nicht immer gerade rücksichtsvoll mit Konkurrenten und Schuldnern um, und wahrscheinlich wollte irgendwer die Abwesenheit des mächtigen, weithin gefürchteten Kaufmanns nutzen, um dessen unerfahrenem Statthalter irgendetwas abzupressen oder auch nur sein Mütchen an ihm zu kühlen.
    Als das Gefährt schließlich stehen blieb, drohte die Angst Cecil wieder zu überwältigen. Sie packten ihn ebenso grob wie zuvor und stellten ihn auf die Füße. Dann stießen sie ihn vorwärts, durch eine schmale Tür – er stieß sich schmerzhaft die Schulter am Rahmen – und eine knarrende Treppe hinauf.
    Oben hielten sie an, und sowohl der Sack als auch der Knebel wurden ihm abgenommen.
    Blinzelnd sah Cecil sich um. Ein paar Atemzüge lang war sein Blick unscharf, dann erkannte er einen bärenhaft großen Mann mit einem grau melierten, schwarzen Bart.
    »Mein geliebter Sohn«, sagte Rupert Hillock rührselig. »Endlich haben wir uns gefunden.«
     
    Cecil fand sich in eine gewaltige Bierwolke gehüllt, die ihm fast die Sinne raubte. Er taumelte einen Schritt zur Seite, schämte sich sogleich seiner Schwäche und entgegnete angewidert: »Lieber wäre ich tot als Euer Sohn.«
    Etwas wie ein Walkhammer traf ihn an der Schläfe. Cecil wurde regelrecht zu Boden geschleudert. Gleißend weiße Sterne flimmerten vor seinen geschlossenen Lidern, und die Stimme über ihm schien aus weiter Ferne zu kommen: »Das kannst du haben, du unverschämter kleiner Hurenbengel!«
    »Rupert, um Himmels willen, was tust du?«, fragte eine Frauenstimme, schrill und dünn vor Angst.
    »Verschwinde, Bernice«, knurrte Rupert. »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst mit den Kindern in der Schlafkammer bleiben? Rob, bring die Mistress zu ihrer Kammer und dann geh schlafen.«
    »Ja, Sir.« Der Lehrling, der sich als Annots Bote ausgegeben hatte, trat zu seiner Meisterin und machte einen artigen kleinen Diener.
    Cecil hatte sich inzwischen auf den Ellbogen aufgestützt und schaute blinzelnd zu Bernice hinüber. Er kannte sie flüchtig, denn sie hatte früher gelegentlich ihre Schwester, Crispins Frau, besucht. Doch er erkannte sofort, dass von ihr keine Hilfe zu erwarten war. Sie hatte noch größere Angst vor Hillock als er, falls das möglich war. Sie wich seinem Blick aus, wandte sich mit gesenktem Kopf ab und folgte dem Lehrjungen aus der Halle.
    Die anderen beiden Männer, die Cecil jetzt zum ersten Mal sah, waren rohe Gesellen, Hafengesindel der übelsten Sorte. Sie packten ihn wieder an den Armen und zerrten ihn in die Höhe.
    Cecil schaute Rupert in die Augen und verspürte eine klägliche Hoffnungslosigkeit. Das ist also mein Vater. Das ist das Erbe, das ich in mir trage. Was er in diesen Augen sah, waren nahezu alle schlechten Eigenschaften, die er kannte: Gier, Hass, Rachsucht, Häme und eine Gemeinheit, die ihm in fast spürbaren Wellen entgegenschlug. Wenn Rupert Hillock die guten Seiten, von denen Crispin ihm manchmal erzählt hatte, wirklich je besessen haben sollte, dann hatte er sie inzwischen wohl

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