Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
verschleppen lassen, Sir? Ich weiß kaum, wie ich meiner Dankbarkeit Ausdruck verleihen soll …«
De la Pole lächelte anerkennend, aber ehe er etwas erwidern konnte, trat Rupert hinzu, leerte den Becher, den Cecil verschmäht hatte, in einem Zug und schimpfte: »Das ist doch pure Zeitverschwendung. Lasst mich fünf Minuten mit dem Bengel allein, und er wird schon tun, was wir wollen. Verlasst Euch drauf.«
De la Pole verdrehte ungeduldig die Augen. »Setzt Euch hin und haltet den Mund, Hillock.«
»Das hier ist meine Halle …«, begann Rupert entrüstet.
»Und mein Haus«, unterbrach de la Pole in aller Höflichkeit.
Rupert blinzelte. Offenbar war ihm dieser Umstand vorübergehend entfallen. Folgsam sank er auf den Schemel neben Cecil. Sofort brach dem Jungen der Schweiß aus. Er hatte sich etwas vorgelogen, musste er gestehen. Er fürchtete Hillocks Pranken mehr als de la Poles Tücke.
»Du musst Master Hillocks Enttäuschung verstehen, Cecil«, erklärte de la Pole nachsichtig. »Ganz gleich, wie die Umstände waren, er ist dein Vater. Und alle haben ihm deine Existenz verheimlicht und dich von ihm fern gehalten. Das war nicht recht, oder?«
»Das ist zu lächerlich, um darauf zu antworten«, stieß der Junge angewidert hervor und stand unvermittelt auf. »Ich würde jetzt gerne gehen.«
Die beiden Finsterlinge nahmen hinter ihm Aufstellung, er hörte sie genau.
De la Pole hob begütigend die Hände. »Warum willst du dir nicht wenigstens anhören, was wir dir vorzuschlagen haben? Es ist tatsächlich nur eine Kleinigkeit, um die wir dich bitten wollen. Und wenn du es tust, erweist du deinem Meister und Stiefvater damit letztlich einen Dienst, weil du Schlimmeres verhinderst.«
»Ich habe keine Ahnung, wovon Ihr redet, und nur wenig Interesse, es zu erfahren.«
»Na schön.« De la Pole ließ die Maske fallen, lehnte sich zurück und verschränkte die Arme. »Dann reden wir jetzt über deinen Freund Harry Willcox. Er ist doch dein Freund, nicht wahr?Der beste, den du hast? Was würde er wohl sagen, wenn er erführe, dass durch dein Verschulden bekannt wird, wessen Sohn er ist?«
Der königliche Palast von Eltham, der unweit Londons in Kent lag, bestand aus einer prächtigen, sehr großen Halle, einem halben Dutzend Nebengebäuden und war von einer gewaltigen Mauer und einem breiten Graben umgeben, aber alles wirkte ein wenig heruntergekommen. König Edward hing sehr an diesem Ort, nicht zuletzt weil sein geliebter, vor Jahren so plötzlich verstorbener Bruder John hier geboren war, aber der neue Treasurer Edington hatte ihm eindringlich geraten, nicht überall gleichzeitig mit Baumaßnahmen zu beginnen, sondern erst einmal die in Windsor zum Abschluss zu bringen. »Und weil der König auf Edington hört, als verkünde er das Wort Gottes – was der gute Edington im Übrigen auch glaubt –, sitzen wir nun hier in diesem zugigen alten Kasten unter einem undichten Dach und können nur hoffen, dass das Wetter trocken bleibt …«, sagte die Königin ein wenig verdrossen. »Giselle, würdest du mir verraten, wieso du fortwährend am Fenster stehst? Was ist so erbaulich dort draußen?«
»Hügel und Schafe, Madame«, berichtete Giselle getreulich.
Philippa seufzte. »Man sieht in Kent kaum je etwas anderes, nicht wahr? Also wieso trittst du so voller Ungeduld von einem Fuß auf den anderen? Du machst mich ganz nervös.«
Giselle wandte sich vom Fenster ab und lächelte reumütig. »Ich bitte um Vergebung. Jonah hat mir einen Boten geschickt. Er ist in Sevenelms und kann jederzeit hier eintreffen.«
Philippas Miene hellte sich auf. »Endlich einmal eine gute Nachricht. Obwohl … Vielleicht auch nicht. Es wird ein ziemliches Donnerwetter geben, wenn er herkommt, ehe der Schwarze Prinz euren Sohn wieder hier abgeliefert hat, nicht wahr?«
Giselles Magen verkrampfte sich für einen Moment. Natürlich würde es kein Donnerwetter geben. Jonah neigte nicht zu solchen Ausbrüchen, anders als der König und all seine Kinder, deren Zorn tatsächlich so plötzlich losbrechen konnte wie einGewitter, sich ebenso schnell entlud und die Luft gereinigt zurückließ. Jonah würde in der Tat sehr böse sein, wenn er hörte, was Lucas angestellt hatte, und Jonah besaß die unschöne Gabe, seinen Groll wochenlang köcheln zu lassen, nötigenfalls auch Monate. Sie fürchtete sich davor, was passieren würde, wenn Vater und Sohn sich wieder begegneten.
Die Königin wechselte diplomatisch das Thema. »Da fällt mir
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