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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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vielleicht gar nicht klar ist. Und drittens …« Sie lächelte und wirkte plötzlich schüchtern. »Wisst Ihr, eine Königin hört viele Komplimente und Schmeicheleien von all jenen, die sich erhoffen, auf dem Umweg über sie die Gunst des Königs zu erlangen. Aber es geschieht nicht oft, dass mich jemand ansieht wie Ihr heute Abend, als ich an die Tafel kam.«
    Wortlos starrte Jonah zu ihr auf. Er spürte seinen Herzschlag bis in die Kehle hinauf.
    Philippa streckte ihm die kleine, beringte Hand entgegen.»Erhebt Euch, mein Freund. Legt Euch schlafen und reitet guten Mutes nach Norwich. Und ich kann doch auf Euch rechnen? Ihr werdet mir raten und helfen, flämische Handwerker nach England zu holen?«
    Zögernd ergriff er die dargebotene Hand und drückte sie einen Augenblick an seine Stirn. Dann stand er auf und verneigte sich. »Ja, Madame. Ihr könnt auf mich rechnen. Gute Nacht. Gott schütze Euch.«
    Und Gott steh mir bei, dachte er. Gott steh mir bei, ich liebe die Königin von England.

London, August 1331
     
    D u solltest dir darüber im Klaren sein, Jonah, dass dein ungebührliches Betragen nicht gerade für dich spricht«, sagte Adam Burnell, einer der beiden Wardens – der Gildewächter. Er war ein untersetzter Mann um die vierzig, mit stechenden blauen Augen und schütterem, rötlich blondem Haar. Jonah fand ihn aufgeblasen und selbstgefällig, und er wusste sehr wohl, dass Burnell seine Abneigung erwiderte. Einen Moment sahen sie sich in die Augen, dann senkte Jonah den Blick. Er wollte nicht »ungebührlicher« erscheinen, als er ohnehin schon war, und sich somit jede Chance auf einen günstigen Ausgang dieser Anhörung verbauen.
    Vater Gilbert hatte ihm ausgerichtet, dass er heute vor den Gildeoberen – dem Meister und den beiden Wardens – zu erscheinen habe. Die Aufgabe der Gildewächter bestand vornehmlich darin, das ordnungsgemäße Geschäftsgebaren der Mitglieder, wie etwa die Einhaltung von Preisabsprachen oder Qualitätsanforderungen, zu überwachen. Doch gemeinsam mit Arthur Knolls, dem Meister der Gilde, bildeten sie auch das Gericht, das interne Angelegenheiten und Klagen verhandelte.
    Der Gildemeister, der zwischen den beiden Wardens an der hohen Tafel in der Halle saß, verschränkte die Hände auf demTisch und beugte sich leicht vor. »Es wird Zeit, dass du dich äußerst, Jonah. Ist es wahr, was Master Hillock gegen dich vorbringt? Du hast sein Haus ohne seine Erlaubnis verlassen?«
    »Ja, Sir.« Er schluckte trocken. Wie ein armes Sünderlein stand er hier ganz allein vor diesen drei ehrwürdigen Männern und dem runden Dutzend Liverymen an der Tafel, die jedoch nur Zuhörer waren. An den unteren Tischen saßen auch die übrigen Gildemitglieder, die sich heute zur wöchentlichen Versammlung eingefunden hatten, aber Jonah bemühte sich nach Kräften, ihre Anwesenheit zu ignorieren. Er fand, allein die drei Männer vor ihm waren Überzahl genug. Vater Gilbert, der Jonah hatte zur Seite stehen wollen, war von Adam Burnell in aller Höflichkeit auf seinen Platz verwiesen worden.
    Das Podium, auf welchem die hohe Tafel errichtet war, war so hoch, dass Jonah zu ihnen aufschauen musste, obwohl sie saßen und er stand. Vermutlich war das absichtlich so eingerichtet worden, um den Gildebrüdern die gebotete Ehrfurcht vor ihren Oberen einzuflößen. Jonah rang darum, sich nicht einschüchtern zu lassen. Er wusste, wenn er sein Ziel erreichen wollte, musste er mehr sagen als immer nur ›Ja, Sir‹ und ›Nein, Sir‹.
    »Ich bin nach meiner Rückkehr aus Norwich zu meinem Meister zurückgekehrt und habe ihm die Abrechnung gebracht. Anschließend habe ich sein Haus verlassen.«
    »Gab es Streit über die Abrechnung?«, fragte der silberbärtige Gildemeister.
    »Nein, Sir. Soweit ich sagen kann, schien Master Hillock zufrieden.«
    »Welche Rechtfertigung hast du dann vorzubringen?«, fragte Burnell barsch.
    Jonah räusperte sich nervös. »Ich … kann nicht länger unter einem Dach mit ihm leben.«
    Burnell schnaubte missfällig, aber ehe er etwas sagen konnte, fragte Martin Greene, der zweite Gildewächter: »Warum nicht?«
    Jonah sah ihn an. Greene war ein kleiner, grauhaariger Mann mit einer gewaltigen Adlernase. Bislang hatte er sich aufsZuhören beschränkt, und der Blick seiner dunklen Augen glitt flink von einem Gesicht zum anderen. Jonah konnte ihn überhaupt nicht einschätzen.
    Er schüttelte ratlos den Kopf. »Ich kann Eure Frage nicht beantworten, Sir. Vater Gilbert kennt und

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