Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
Philippa.
»Das macht für die Kirche keinen Unterschied«, bemerkte der junge Waringham.
»Damit kennt Gervais sich aus«, vertraute der König seiner Gemahlin im Verschwörerton an. »Seit Monaten versucht er meine Zustimmung zu einer Eheschließung mit seiner Cousine Margaret of Rochester zu erwirken.«
»Armer Gervais, welch hoffnungsloses Unterfangen«, sagte die Königin mitfühlend, und der König rief in das Gelächter: »Wird hier heute auch noch aufgetragen?«
Die Diener eilten mit dem ersten Gang herbei: Taubenbrüstchen in Safransauce. So etwas hatte Jonah noch nie gekostet. Der benötigte Safran für so viel Sauce musste ein wahres Vermögen gekostet haben, denn dieses Gewürz, hatte ihm einmal ein Londoner Händler erklärt, war beinah das Doppelte seines Gewichts in Gold wert. Das merkwürdige Gefühl, in einen wirren Traum geraten zu sein, kehrte wieder zurück.
Er war unendlich dankbar, dass die Königin ihn vergessen und das Gespräch eine andere Richtung eingeschlagen hatte. So hatte er Muße, diese Menschen, die ihm wie seltsame Fabelwesen vorkamen, zu studieren. Sie lebten im Luxus und schienen nie einen Gedanken an Geld zu verschwenden. Das war vielleicht der grundlegendste Unterschied zwischen ihrer und seiner Welt. Bei den Hillocks wurde immerzu gerechnet. Bei anderen Kaufleuten ebenso. Es war völlig normal und hatte nichts mit Armut oder gar mit Geiz zu tun. Geld war der Grundstock ihrer Existenz, war nicht dazu da, um verprasst zu werden, sondern war Kapital für die Anschaffung neuer Waren und andere Unternehmungen. Wer am Ende viel übrig behielt, war ein guter Kaufmann, genoss das Ansehen seiner Konkurrenten und Nachbarn und konnte es weit bringen. Die unbekümmerte Verschwendung, die hier in jedem Gewand, jedem Gegenstand bei Tisch, eigentlich mit jedem gesprochenen Wort offenbar wurde, erfüllte Jonah nicht so sehr mit Neid als vielmehr mit Unverständnis. Und das war nicht das Einzige, was ihn von diesen Menschen unterschied. Ihre Art, miteinander umzugehen, war ihm ebenso unvertraut. Sie wirkten zwanglos, ausgelassen und unbeschwert wie Kinder, aber er sah auch, was hinter dieser Fassade lag. Er spürte, dass die hier Versammelten sich nahe standen, sich wirklich kannten und vor allem schätzten. Sie kamen ihm vor wie eine verschworene Gemeinschaft. Und was sie miteinander verband, was sie zusammengebracht hatte, war allein die Person des Königs. Trotz des zwanglosen Tons war kaum zu übersehen, dass die jungen Ritter und Damen an der Tafel ihn zutiefst verehrten, bewunderten und … liebten.
Könnte ich doch dazugehören, fuhr es Jonah durch den Kopf.Der Gedanke überraschte ihn ebenso wie die heftige Sehnsucht, die er plötzlich verspürte. Dabei war er doch sonst so unwillig, sich irgendeiner Form von Gemeinschaft anzuschließen, sträubte sich so widerborstig dagegen, Vertrauen zu fassen oder zu wecken. Wäre ich doch ein anderer …
»Dermond?«, fragte der König. »Wo seid Ihr, Geoffrey?«
»Hier, Sire.«
Edward wandte den Kopf in ihre Richtung. Es herrschte Zwielicht; sein Gesicht war kaum noch zu erkennen. »Ah. Diese Tafel sollte rund sein, damit ich euch alle im Auge habe. Mein legendärer Vorfahre, König Artus, hatte da wirklich eine ausgezeichnete Idee. Irgendwann werde ich sie aufgreifen. Was ich sagen wollte: Habt Ihr den Strauchdieb erwischt, der Master Durham überfallen hat?«
»Leider nicht, mein König.« Geoffrey Dermond klang, als sei dieser Umstand ihm ausgesprochen peinlich. »Ich bin bis zum übernächsten Dorf geritten, aber niemand hat ihn gesehen. Er muss die Straße verlassen haben.«
»Vielleicht ist er auch nach Süden Richtung London geritten«, meinte der Medicus, Bruder Albert.
»Habt Ihr Feinde in London, Sir?«, fragte Waringham Jonah.
Ehe er antworten konnte, versetzte der junge Earl of Arundel verächtlich: »Jeder Kaufmann hat Feinde. Diese Pfeffersäcke legen sich doch ewig gegenseitig aufs Kreuz.«
Es war die erste Äußerung des unter dem Adel so weit verbreiteten Hochmuts gegenüber dem Kaufmannsstand. Jonah hatte den ganzen Abend schon auf so etwas gewartet und erwiderte nichts.
In die kurze, betretene Stille hinein sagte der König kühl: »Darin steht der Adel den Kaufleuten wahrlich in nichts nach, Arundel, nicht wahr. Wer wüsste das besser als Ihr und ich.«
Arundel hüstelte verlegen und schwieg. Worauf der König auch immer angespielt haben mochte, Arundel hatte es verstanden.
Jonah antwortete Waringham: »Ich bin
Weitere Kostenlose Bücher