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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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gefolgt war. »Verzeiht mir, Sir …«
    »Gib dir keine Mühe.«
    »Ihr seid Jonah Durham, nicht wahr?«
    Jonah wandte langsam den Kopf. »Und ich dachte, in einem Haus wie diesem nennt man keine Namen.«
    Der junge Diener sah ihn ungeniert an, schien ihn einer eingehenden Betrachtung zu unterziehen und lächelte dann. Es war ein eigentümlich anerkennendes Lächeln; Jonah wusste es nicht zu deuten. Dann senkte der Diener höflich den Blick und antwortete: »Diese Regel hat sie erst gelernt, nachdem sie mir von Euch erzählt hatte. Aber Namen und auch alle anderen Geheimnisse sind bei mir gut aufgehoben. Wenn Ihr noch ein paar Minuten erübrigen könnt, Sir, ich glaube, Annot würde Euch sehr gerne wiedersehen.«
    »Das kann ich mir kaum vorstellen. Außerdem scheint sie im Augenblick ausgesprochen beschäftigt.«
    Cupido deutete ein Kopfschütteln an. »Es ließe sich trotzdem arrangieren.«
    Unentschlossen sah Jonah zur Halle zurück. Annot hatte sich jetzt dem Silberbart zugewandt und sah ihm tief in die Augen. Das Licht der Kerzen schien sich in ihren dunkelblonden Locken zu verfangen und überzog ihr unschuldiges, blutjunges Gesicht mit einem mattgoldenen Glanz. Sie war bezaubernd. Streng genommen vielleicht nicht schön, aber bezaubernd. Zum ersten Mal bedauerte er um seiner selbst willen, dass Rupert und seine Großmutter ihre Heirat vereitelt hatten.
    »Was ist aus dem Kind geworden?«, fragte er.
    »Ein Junge. Er ist in einem Kloster. Aber er ist missgestaltet und vermutlich schwachsinnig. Wenn Gott gnädig ist, nimmt er ihn bald zu sich.«
    Gut gemacht, Rupert, dachte Jonah hasserfüllt, viel mehr Unglück hättest du ihr wirklich nicht bringen können. Die Hand des Graubarts verschwand unter dem Tisch, und Jonah erkannte, dass er es nicht fertig bringen würde, zu gehen und sie diesem lüsternen alten Bock oder dem geckenhaften Ritter oder auch beiden zu überlassen, obwohl es zweifellos das Klügste gewesen wäre.
    »Na schön«, grollte er. »Aber dann will ich sie die ganze Nacht. Sag mir morgen früh, was es kostet«, kam er dem Diener zuvor. »Jetzt will ich nichts davon hören.«
    »Nur gegen Vorkasse« lautete das unumstößliche Gesetz, das die Dame des Hauses aufgestellt hatte, denn war die Lust erst gestillt, erwachte nur zu oft der Geiz, kamen Ausflüchte und Reklamationen, die nie zu beweisen und nie zu widerlegen waren. Doch Cupido war gewillt, eine Ausnahme zu machen. Er kannte diesen Blick, mit dem Jonah jede von Annots Bewegungen verfolgte. Der junge Kaufmann würde zahlen. Und er würde wiederkommen.
    Auf einen Wink von Cupido huschten zwei Pagen herbei, halbwüchsige Knaben, die, so mutmaßte Jonah, für das entsprechendeGeld auch zu haben waren. Er rätselte, woher sie so plötzlich gekommen waren, denn er hätte geschworen, dass er allein mit dem Diener in der dämmrigen Vorhalle gestanden hatte.
    Cupido nickte dem ersten der Jungen zu. »Geleite den Gentleman nach oben. Und du«, wies er den zweiten an, »gehst zu Annot und sagst ihr, Seine Lordschaft wünsche sie für einen Moment zu sprechen. Sage es so, als müsse sie sofort wissen, wen du meinst. Und sprich diskret und leise, aber vergewissere dich, dass ihre Tischnachbarn dich hören.«
    Der Junge quittierte diese scheinbar so widersinnigen Anweisungen mit einem gelangweilten Nicken und huschte davon. Der andere bedeutete Jonah mit einer ehrerbietigen Geste, ihm zu folgen. Er führte ihn die breite Treppe mit dem wundervoll geschnitzten Geländer hinauf, öffnete ihm eine Tür und winkte ihn in einen behaglichen Raum mit einem breiten Bett, einer Truhe, einem Tisch und einem gepolsterten Fenstersitz. Am Boden stand ein Kohlebecken, dem ein schwerer, betörender Duft entströmte, als seien exotische Kräuter oder Öle unter die Holzkohle gemischt worden. Der Junge entzündete einen Kienspan an der Glut und trug ihn zu der einzelnen Kerze auf dem Tisch.
    »Wünscht Ihr sonst noch etwas, Sir?«
    »Ich nehme an, euer Wein ist schlecht und teuer?«
    Der Junge schüttelte emsig den Kopf. »Teuer ja, Sir. Aber hervorragend. Weißwein aus Lothringen oder roter aus Burgund.«
    »Dann bring mir von dem Burgunder.«
    Der Junge verbeugte sich artig, ging hinaus und war in Windeseile zurück. Kaum hatte er den Wein auf dem Tisch abgestellt und den Raum wieder verlassen, trat Annot ein.
    Jonah stand am Fenster und sah ihr entgegen. Annot schloss die Tür und blieb dann stehen. Ihr Gesicht war leicht gerötet, ihre Augen strahlten verdächtig,

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