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Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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übliche Strecke für diese ungeliebte Verrichtung –, bot einen wirklich jammervollen Anblick.
    Das Marktvolk, das an seinen Ständen entlang der Straße die unterschiedlichsten Waren feilbot, stand Spalier und kommentierte ihr Fortkommen.
    »Nicht so müde, Leonora«, rief eine dröhnende Männerstimme. »Leg einen Schritt zu, dann hast du’s schneller hinter dir!«
    Die Büßerin warf die offenen Haare keck über die Schulter zurück und machte mit der freien Linken eine obszöne Geste in die Richtung, aus der die Stimme gekommen war. Die Marktleute lachten. Jonah musste ihr ein Stück folgen, weil ihr Wegauch der seine war, ritt wohl oder übel durch die Zuschauergasse und erfuhr aus den Kommentaren, dass es sich bei Leonora um die Frau eines Apothekers aus der Cordwainer Street handelte, die sich schwarzer Magie bedient hatte, um einen Konkurrenten unschädlich zu machen, der seit dem Winter immer wieder von heftigen Durchfällen geplagt wurde. Der Diakon des Bischofs hatte dieses relativ milde Urteil verhängt, weil dem betroffenen Apotheker ja im Grunde weiter nichts geschehen sei, außer ein paar überflüssige Pfunde an Gewicht zu verlieren, wusste eine Eierverkäuferin zu berichten, aber der Diakon hatte angedroht, dass Leonora im Wiederholungsfalle nicht so billig davonkäme. Die kirchlichen Richter waren immer schnell mit der Prügelstrafe bei der Hand und darum allgemein gefürchtet.
    »Sieh mal, Bess, da reitet Jonah Durham«, hörte er plötzlich eins der Marktweiber sagen.
    Entsetzt schlug er die Kapuze hoch und fragte sich, woher in aller Welt die Frau ihn kannte.
    »Ah, der Mann, der die Hofdamen anzieht«, gackerte eine durchdringende Stimme.
    »Und wieder aus, das möcht ich wetten«, rief die erste ihm nach.
    Er trabte an, überholte die wenig bußfertige Leonora und bog in die nächste Gasse ab, doch das anzügliche Gelächter der Marktweiber verfolgte ihn noch ein gutes Stück. Kopfschüttelnd hielt er schließlich vor dem Haus seines Vetters, saß ab und klopfte seinem Wallach den kräftigen, wohlgeformten Hals. »Ich glaube, zurück nehmen wir einen anderen Weg«, murmelte er. Die unverfrorenen Marktfrauen von Cheapside hatten ihm immer schon Angst eingejagt mit ihren zotigen Frechheiten. Die Vorstellung, dass sie ihn kannten und sich die Mäuler über ihn zerrissen, war ihm zuwider. Er ließ sich noch einen Moment die Frühlingssonne auf den Pelz brennen, bis er sich von seinem Schreck erholt hatte, dann betrat er den Laden.
    Die Regale waren besser bestückt als bei seinem letzten Besuch, fiel ihm auf, und der Junge, der aus dem Lager trat, wirkte gepflegt und eher pfiffig als eingeschüchtert.
    »Was kann ich für Euch tun, Sir?«
    »Ich möchte zu Master Hillock. Ich bin sein Vetter.«
    Die Augen des Jungen weiteten sich einen winzigen Moment lang, aber er antwortete unverändert höflich: »Ich bedaure, Master Durham, mein Meister ist nicht zu Hause.«
    Jonah nickte langsam und betrachtete ihn. »Wie ist dein Name?«
    »Edgar.«
    »Also, Edgar: Lauf nach oben und sag ihm, ich rühr mich nicht von der Stelle, bis ich ihn gesprochen habe. Na los. Ich kümmere mich um den Laden, bis du wiederkommst.«
    »Aber Sir, ich hab Euch doch gesagt …«
    »Besser, du wiederholst deine Lüge nicht, sondern tust, was ich sage.«
    Der Junge nickte unglücklich und wollte sich mit hängenden Schultern abwenden, als Rupert selbst durch die Hintertür eintrat und seinen Lehrling unwissentlich aus der misslichen Lage erlöste. Jonah stand so, dass er durch den Durchbruch genau auf die Tür zum Hof sehen konnte – Rupert hatte keine Chance auf einen schnellen Rückzug. Doch falls es ihn erschreckte, Jonah hier vorzufinden, ließ er es sich zumindest nicht anmerken. Er lächelte ergeben. »Jonah! Eine … unverhoffte Freude.«
    »Erspar mir das Süßholz. Du bist in Verzug, Rupert.«
    Master Hillock nickte seinem Lehrjungen zu. »Lauf und hilf der Meisterin bei der Abrechnung. Ich rufe, wenn ich dich hier unten haben will.«
    »Ja, Master.« Erleichtert schlüpfte der Junge in den Hof hinaus und schloss die Tür.
    Rupert verschränkte die Arme und kam aus dem Lager nach vorn in seinen Laden, lehnte sich an den schweren Zuschneidetisch, der unter seinem beträchtlichen Gewicht ein Stück nach hinten rutschte, und sah seinen Cousin mit einem siegesgewissen Lächeln an. »Jetzt noch mal langsam. In Verzug womit?«
    Jonah blinzelte verwirrt. »Fünfundzwanzig Ballen Beverly Brown. Gestern solltest du mich

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