Der König der purpurnen Stadt: Historischer Roman (German Edition)
beliefern. Ich kann nicht glauben, dass das in der Fülle deiner Großaufträge untergegangen ist.«
Rupert schüttelte inbrünstig den Kopf. »Hier geht nichts unter. Aber ich weiß nichts von den fünfundzwanzig Ballen, von denen du sprichst.«
Jonah spürte plötzlich einen Stich der Angst im Bauch. »Rupert … ich habe keine Zeit für deine merkwürdigen Späße.«
»Ich spaße nicht. Mit dir ist nicht zu spaßen, Vetter, das weiß ich doch. Aber ich habe kein Tuch für dich.«
»Wir … hatten eine Abmachung. Einen Vertrag per Handschlag.«
Master Hillock nickte. »Natürlich. Du hast meinen Lehrling bekommen und mir ein Pfund Ablöse bezahlt. Darauf haben wir uns die Hand gegeben. Elizabeth kann es bezeugen.«
Jonahs Kehle war wie zugeschnürt. Jetzt wusste er, was die Leute meinten, wenn sie von würgender Angst sprachen. Sie drückte ihm im wahrsten Wortsinne die Luft ab. Ich kann nicht liefern, dachte er in aufsteigender Panik. Rupert hat mich betrogen, und ich kann meinen Kontrakt nicht erfüllen. Das ist das Ende. Ich kann nicht liefern …
Seine Hände hatten sich aus eigenem Antrieb zu Fäusten geballt, und er trat einen Schritt auf Rupert zu. »Ich habe dir vierzig Pfund vorgestreckt. Und Elizabeth war nicht einmal im Raum.«
»Wer behauptet das? Du? Gegen mein Wort und ihres?« Rupert sah in Jonahs schreckgeweitete Augen, sah das Entsetzen, die Furcht und die Erkenntnis der eigenen grenzenlosen Dummheit und lachte. Es war ein übermütiges Lachen, klang beinah glücklich. »Wenn du wüsstest, wie gut es tut, dich so zu sehen, Master Durham! Dieser Anblick entschädigt mich beinah für alles, was ich wegen dir erdulden musste, angefangen von Großmutters Beschimpfungen bis hin zu der Erniedrigung vor der Gilde. Hast du wirklich geglaubt, dass es immer so weitergeht? Ich mich in die Rolle des ewigen Narren füge, während dir alles in den Schoß fällt und du mit deiner selbstzufriedenen Fratze durch London spazierst, als gehöre dir die Welt?« Er ließ die Arme sinken und richtete sich auf.
»Irgendwann kommt für jeden der Tag der Abrechnung, Jonah.Sie sagen, du seiest ein guter Kaufmann, also solltest du das wissen.«
Er verstummte und wartete auf irgendeine Reaktion. Aber Jonah stand einfach nur reglos vor ihm und starrte ihn an, todesbleich, aber ohne jeden Ausdruck.
»Was ist?«, stichelte Rupert. »Keine bitteren Vorwürfe? Keine geschwollenen Reden über Anstand und Kaufmannsehre? Keine wüsten Drohungen, dass es mir Leid tun wird?«
»O ja. Das wird es«, flüsterte Jonah.
Rupert nickte, dankbar für das Stichwort. »Aber dir zuerst, Vetter. Du wirst so damit beschäftigt sein, deine Dummheit zu bereuen, dass dir gar keine Zeit bleibt, an mich auch nur zu denken.« Er beugte sich ein wenig vor und vertraute ihm raunend an: »Du wirst deinen Kontrakt nicht erfüllen können. Das bedeutet einen Vertragsbruch. Gott helfe dir, Jonah, du brichst einen Vertrag mit der Krone. Einsperren werden sie dich. Im Newgate-Gefängnis, mit dem restlichen Abschaum der Stadt. Hast du eine Ahnung, was sie da mit hübschen Knaben wie dir tun? Und das Beste ist …« Er kicherte hingerissen. »Das Beste ist, dass du mir für dieses Vergnügen vierzig Pfund bezahlt hast. In Gold!« Er lachte dröhnend.
Unglaublich langsam, so schien es ihm, hob Jonah die Rechte, ballte die Faust so fest, dass der Ring schmerzhaft ins Fleisch seines Fingers gedrückt wurde, und schlug sie Rupert mitten ins Gesicht.
Rupert taumelte zurück, stieß krachend gegen den Tisch und ging halb zu Boden. Er lachte nicht mehr. Blut strömte aus seiner Nase auf sein nagelneues grünes Surkot. Er packte den Tisch, um seinen Sturz abzufangen, gewann das Gleichgewicht wieder und fuhr sich mit dem Handrücken über die Lippen. Die Hand war voller Blut. Er sah nur einen Moment darauf hinab, ehe er Jonah wieder anstarrte. »Bastard … du verfluchter kleiner Bastard.«
Jonah wandte sich ab, bewegte sich immer noch mit albtraumhafter Langsamkeit und ging zur Tür. Es kam ihm vor, als sei die Hand, die er hob, unter Wasser. Und ehe sie die Tür berührte, fiel Ruperts Bärenpranke auf seine Schulter und schleuderteihn herum. Für einen Herzschlag trafen sich ihre Blicke, dann zahlte Rupert ihm den Fausthieb mit gleicher Münze heim und brach ihm die Nase. Jonah glaubte, sein Kopf würde in tausend Stücke zerspringen, und fiel auf die Knie. Er wollte sofort wieder aufstehen, als Rupert ihn mit ungehemmter Kraft in die Nieren trat. Jonah
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