Der Koenig geht tot
bei müden Männern eine belebende Wirkung haben soll!« prustete Alexa. »Oder wäre für einen verhinderten Sherlock Holmes ein Glas Scotch angebrachter?«
Die Gibbelei der beiden Frauen war einfach unerträglich. Trotzdem nahm Robert das Glas Sekt, das ihm gereicht wurde, dankbar an. Er befühlte noch einmal seine Stirn. Unter dem nassen Waschlappen, den Moni König ihm fürsorglich aufgelegt hatte, hatte sich eine stattliche Beule entwickelt, die Robert prompt an das letzte Einhorn denken ließ. Natürlich hatte er sich lächerlich gemacht. Zu denken, daß er Alexa aus allergrößter Gefahr befreien mußte, konnte man nur als überdrehte Männerphantasie bezeichnen. Während er sich wie ein Halbprofi an das Haus herangepirscht hatte, hatten die Damen im Haus ausgelassen Moni Königs Schwangerschaft besprochen. Jedenfalls hatte er das den aufgekratzten Erklärungsversuchen der beiden entnommen. Als Moni dann eine Bewegung auf der Terrasse wahrgenommen hatte, hatte sie schwungvoll die Gartentür geöffnet und dabei geradewegs Alexas Befreier ausgeknockt. Selbst schuld. Mehr fiel Robert nicht ein, als er schlecht gelaunt am Sektglas nippte.
»Das hat man nun davon«, brummelte er mißmutig nach dem ersten Schluck. »Hätte ich mich besser auf die Suche nach Vincent oder Max gemacht! Während ihr hier eure kleine Fete feiert, hätten die beiden meine Hilfe wahrscheinlich tatsächlich gebraucht.«
Alexa wurde direkt hellhörig. Als sie von den Mitteilungen erfuhr, die Vincent und Max in der Wohnung hinterlassen hatten, begann sie sofort zu telefonieren. Bei Vincent lief nach wie vor der Anrufbeantworter. Bei Max war ebenfalls niemand zu Hause. Alexa versuchte als nächstes die Handynummer. Sie ließ es lange klingeln. Als sie gerade die Hoffnung aufgeben wollte, hörte sie ein Knacken in der Leitung.
»Max, bist du dran?«
Es rumpelte und pumpelte, als würde jemand das Handy zum Basketballspielen benutzen.
»Max, kannst du mich hören? Max, ist alles in Ordnung?«
»Wie man‘s nimmt«, hörte Alexa es plötzlich undeutlich am anderen Ende. »Kommt sofort hierher! Gerhard Streiter in Stichlingsen. In der Garage. Zur Not müßt ihr dieTür aufbr–«
Das Gespräch war weg.
»Wir müssen los!« Alexa war schon an der Tür. »Moni, du bleibst hier, du hast schon genug Aufregung gehabt. Sag uns nur eben, wo Gerhard Streiter wohnt! Wir kommen schon zurecht.«
Als sie Monis Wegbeschreibung hatte, rannte Alexa zum Auto. Robert folgte ihr und erreichte den Feldweg gerade, als Alexa den Wagen startete. Er sprang hinein, bevor sie beim Anfahren beinahe den Außenspiegel von Roberts Auto, das dicht vor ihrem geparkt stand, mitgenommen hätte. Auf der Hauptstraße gab Alexa erst richtig Gas. Sie zählte die Seitenstraßen. Ja, richtig. Da war die vierte, direkt neben einem Briefkasten. »Auf der Gabel« hieß sie, wie Moni beschrieben hatte. Alexa fuhr jetzt langsamer. Nach dreihundert Metern endete die Straße mit einem Wendehammer. An der Seite war Max Taxi geparkt, die Seitenfenster alle heruntergelassen. Max hatte sich offenbar auf einen kurzen Besuch eingerichtet. Gerhard Streiters Haus war die Nummer 26, ein gepflegtes Grundstück mit Vorgarten, an der Seite die Einfahrt zur Garage. Ein Auto stand nicht in der Einfahrt. Alexa schaute Robert fragend an.
»Erst mal gucken«, flüsterte der. »Die Polizei können wir immer noch rufen.« Alexa nickte. Seite an Seite gingen die beiden am Haus vorbei auf die Garage zu. Im Haus schien es ruhig zu sein. Zwar waren die Fenster sperrangelweit geöffnet, doch war kein Geräusch von drinnen zu hören.
Das Garagentor war abgeschlossen. Natürlich.
»Max, bist du da drin?« Alexas Stimme zitterte vor Aufregung.
»Ich glaube schon«, kam es von drinnen. »Holt mich hier raus, Mensch!«
Robert zog und zerrte an dem Tor herum. Alexa überlegte einen Augenblick. Dann rannte sie los. Beim Geräteturnen in der Schule hatte sie früher nicht gerade geglänzt, aber in das Küchenfenster kam sie problemlos hinein. Sie orientierte sich kurz. Im Flur hing ein Schrank, wie geschaffen für Schlüssel aller Art. Alexa riß alles heraus. Drei sahen so aus, als könnten sie von der Größe her passen. Einige Sekunden später stand sie wieder vor der Garage.
»Laß uns die Polizei rufen!« Robert war durch seine Bemühungen mittlerweile außer Atem. Alexa antwortete gar nicht. Sie probierte den ersten Schlüssel. Paßte nicht. Der zweite ließ sich genauso wenig hineinstecken. Alexa
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