Der Koenig geht tot
das kommt letztlich der Firma und den Arbeitnehmern zugute.«
Ich nickte zustimmend. Johannes Osterfeld hingegen hielt es nun für an der Zeit, das Thema zu wechseln.
»Herr Jakobs, gestatten Sie mir eine Frage: Warum interessieren Sie sich eigentlich in dieser Weise für den Tod meiner beiden Mitarbeiter Wilfried König und Jürgen Hebel?«
Ich lehnte mich gelassen zurück. »Nun, ich hatte das Pech, beim Auffinden beider Opfer in der Nähe zu sein«, erklärte ich. »Wilfried König habe ich selber sterben sehen, ohne ihm helfen zu können. Bei Bernhard Schnell war ich ebenfalls einer der ersten, die ihn mit der Schußwunde am Kopf, im Gras liegend, fanden. Sie können sich vorstellen, daß diese Erfahrungen mich sehr mitgenommen haben. Wahrscheinlich kommt daher mein Interesse an den Morden.«
»Natürlich kann ich Ihr Engagement jetzt besser verstehen, wenngleich ich nach wie vor der Meinung bin, daß man die Ermittlungen lieber der Polizei überlassen sollte. Allerdings kann ich Ihnen mitteilen, daß Ihre Bemühungen sowieso überflüssig sind. Einer meiner Mitarbeiter hat, als er sich um die Buchhaltung kümmern wollte, in Jürgen Hebels PC eine interessante Datei gefunden. Es handelt sich um einen Abschiedsbrief, den Hebel vor kurzem verfaßt haben muß. Ich habe mich selbst um die Sache gekümmert und die Polizei angerufen. Man sagte mir, man habe bereits kurz nach Auffinden der Leiche einen unterschriebenen Ausdruck dieser Datei in Hebels Jackentasche gefunden. Die Polizei vermutet, daß Hebel nicht mit der Schuld leben konnte, seinen Kollegen und Schützenbruder Wilfried König ermordet zu haben.«
Osterfeld hatte die Fingerspitzen aneinandergelegt und wartete gespannt auf meine Reaktion.
»Sie meinen, Hebel hat König umgebracht? Aber warum denn?«
»Nun, wie Ihnen vielleicht bekannt ist, gab es gewisse Unregelmäßigkeiten in Hebels Kassenführung der Stichlingser Schützenbruderschaft. Mir gegenüber hat ein Mitarbeiter diesen Umstand erwähnt. Vermutlich wollte Hebel einen Skandal vermeiden, den es unbestritten gegeben hätte, wenn die Sache an die Öffentlichkeit gekommen wäre.«
»Ich möchte die Summe, um die es dabei ging, ganz bestimmt nicht als Peanuts bezeichnen. Aber meinen Sie nicht, daß der Betrag zu gering war, um deshalb einen Mord zu begehen?«
»Es ging dabei doch nun wirklich nicht ums Geld. Es ging um Jürgen Hebels Reputation. Darüber hinaus mußte er um seinen Job fürchten. Zu Recht, würde ich sagen. Denn einen Mann, der seinen Verein bescheißt, möchte ich beileibe nicht mehr in meiner Buchhaltung sitzen haben.«
»Natürlich, ich verstehe.«
Osterfelds Tischtelefon klingelte.
»Aber selbstverständlich, Sabine. Ich werde mich selbst darum kümmern. Dann bis morgen! Und schönen Dank für Ihre Mühe! Ja, bitte, schließen Sie ab! O.K. Auf Wiedersehen, Sabine!«
»Meine Sekretärin«, wandte er sich dann erklärend an mich. »Wir haben alle einen langen Tag gehabt und möchten nach Hause.«
»Was ich wirklich nicht ganz verstehen kann, ist, wie Jürgen Hebel sich selbst erschossen hat«, ignorierte ich Osterfelds Aufforderung zum Gehen. »Wie ich schon sagte, war ich einer von denen, die ihn am Montag gefunden haben. Dabei hatte er keinerlei Pistole in der Hand. Das weiß ich ganz genau.«
»Ja, ich hörte davon«, berichtete Osterfeld. »Die Pistole muß beim Sturz aus seiner Hand gefallen sein. Sie lag etwas abseits im Gras, das ja in diesen Wochen wuchert wie der Teufel.«
»Na, dann wird sich ja bestimmt bald alles klären«, sagte ich beim Aufstehen.
»Ja, manchmal stellt das Leben die einfachsten Lösungen zur Verfügung«, sinnierte Osterfeld, freudig erregt über meinen Aufbruch.
»Nicht wahr? Ist es nicht fast unheimlich, wie genau der Abschiedsbrief paßt? Es erinnert mich ein bißchen an die Anfertigung einer Obstkiste, wenn ich ehrlich bin. Es war schon beeindruckend, wie millimetergenau Ihre Maschinen die Holzteile ineinander stecken.«
Osterfeld sah mich einen Moment zu lange an, bevor er lächelnd sagte: »Maßarbeit eben, Herr Jakobs. Sauerländische Maßarbeit.«
38
Als Max aufwachte, stellte er als erstes fest, daß er einen wahnsinnigen Durst hatte. Seine Kehle brannte. Sie lechzte nach Flüssigkeit. Kein Wunder! In dem Raum, in dem er sich befand, war es so brechend heiß wie in einer Sauna. Danach spürte er den dumpfen Schmerz an der rechten Schläfe, den der Schraubenschlüssel hinterlassen hatte. Max versuchte, seine Hand auf die
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