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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Holländisch?«
    »Nein, Sire, aber ich kann englisch, die Sprache ist in Holland geläufig.«
    »Dann schreibt den Brief auf englisch!«
    Leser, wie du am Inhalt dieses Schreibens siehst, gebot Ludwig auch ohne Richelieu über politische Finesse: Er bat Holland, unseren treuen Verbündeten, eine Armee zu sammeln, die niederländische Grenze zu überschreiten und laut zu verkündigen, man wolle Brüssel belagern. Ludwig rechnete darauf, daß die bloße Ankündigung einer Belagerung Brüssels die Spanier so beunruhigen werde, daß sie die Idee aufgäben, Paris zu belagern, wie Johann Werth es wollte, der Befehlshaber des kaiserlichen Heeres an der Seite der Spanier.
    Die Frage bestand nämlich nach wie vor, denn seit der Feind die Somme überschritten hatte, befand er sich in Reichweite der Oise, der Stadt Pontoise, und bedrohte mithin Paris.
    Doch Ludwigs Ankunft, seine zahlreiche Armee und gut bestückte Artillerie, die Zerstörung der Furten und Brücken über die Oise trugen nicht eben zum Behagen der Spanier bei, denen nun noch die Furcht zusetzte, ihre Hauptstadt könnte von den Holländern belagert werden. Da ergriff Ludwig die Offensive und eroberte Roye zurück – eine Stadt an der Somme – undmarschierte nach Péronne. Und augenblicklich sank bei den Spaniern der Elan, und die Kaiserlichen, über deren Tatenlosigkeit entrüstet, dachten nur mehr an Heimkehr.
    Nun hatten aber die Spanier Corbie noch in Händen, mit dreitausend Mann Infanterie und zweitausendfünfhundert Kavallerie, zudem hatten sie unsere Befestigungswerke noch ausgebaut. Trotzdem beschloß der König, von den Marschällen La Force und Châtillon gedrängt, den Angriff. Er gab Châtillon, der zehn Kanonen forderte, deren dreißig. Und Corbie, das uns viele Tränen gekostet hatte, wurde binnen zwei Tagen zurückerobert. Am neunten November 1636 begann unsere Artillerie zu feuern, am zehnten November kapitulierte die Garnison.
***
     
    »Monsieur, auf ein Wort, bitte!«
    »Mehrere, wenn Sie wollen.«
    »Danke, Monsieur. Meine erste Frage: Ging die Geschichte mit Madame de Quercy die ganze Zeit, die Sie in Chantilly weilten, so weiter?«
    »Wieder so eine sehr weibliche Frage.«
    »Sie weichen aus.«
    »Nein. Am Tag nach jener bemerkenswerten und bedauerlichen Nacht bat ich Graf von Sault, sein Quartier gegen meins zu tauschen, worauf er sich aber erst einließ, als ich ihm andeutete, wie schön und heißblütig Madame de Quercy sei.
    ›Dafür, mein bester Herzog‹, sagte er, ›wohne ich bei einer reizenden alten Dame, die mich überaus verwöhnt, aber furchtbar geschwätzig ist.‹
    ›Wunderbar‹, sagte ich. ›Ich werde ihr Geschwätz mit aller Langmut der Welt über mich ergehen lassen.‹
    Weil ich Madame de Quercy meinen Entschluß aber nicht direkt mitzuteilen wagte, schrieb ich ihr ein Briefchen, das ich auf ihrem Frisiertisch hinterließ. Der König, log ich, habe leider meine Verlegung befohlen. Doch sei mein Nachfolger, Graf von Sault, ein vollkommener Edelmann, der ihr bestimmt gefallen werde.
    So verließ ich Madame de Quercy, nicht ohne Bedauern freilich, so undankbar und trübsinnig fand ich den Tugendpfad.«

VIERTES KAPITEL
     
    Kaum war der Krieg zwar nicht beendet, aber doch eingedämmt, da begannen den König die »inneren Zwistigkeiten«, wie er es nannte, von neuem zu quälen. Gott sei Dank war wenigstens die schreckliche Königinmutter durch ihre dauernde Verbannung außer Gefecht gesetzt. Doch es blieb noch Gaston, wie immer für plötzliches Verschwinden gut, für unsinniges Trotzen und Verschwinden ins Ausland samt endlosen Forderungen.
    Im Krieg hatte er sich als Anti-Spanier sehr gut bewährt. Leider nur war er mit Graf von Soissons, einem königlichen Bastard, zusammengespannt worden. Der Kardinal biß sich ob dieser unglücklichen Wahl schon bald in die Finger. Denn die beiden waren eine Brut, ehrgeizig, unruhstiftend und unersättlich in ihren Forderungen nach Land und Geldern.
    Soissons hätte natürlich zu gerne wenigstens auf den Stufen des Throns sitzen mögen. Und Gaston, der jüngere Bruder eines Königs ohne Dauphin, trachtete ungeduldig, dessen Stelle einzunehmen. Was die regierende Königin anlangte, Spanierin von Geblüt und Gesinnung, so tat sie Gelübde für die Niederlage des Landes, dessen Königin sie war. Und einig war sich dieses verhängnisvolle Trio im Haß auf den Kardinal, den es, übrigens ganz zu Recht, als den lebendigen Schutzwall des Königs betrachtete. Dem immer mehr anwachsenden

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