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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Mittel erfunden, sich den See nutzbar zu machen. Sie legten an seinen Ufern Salzfelder an.
    Der Tag war schwül, die Sonne verhangen, und ich sah Ludwig im Freien auf einem Gurtbett ruhen, beide Hände auf dem Bauch, als habe er Leibschmerzen. Das erinnerte mich daran, wie er einmal zu Lyon an demselben Übel gelitten hatte und beinahe daran gestorben wäre und daß er damals nur gerettet worden war, weil der Abszeß in seinem Unterleib von selbst aufgegangen war und sich mit viel Blut durch die »hintere Pforte« entleert hatte, wie die Ärzte es schamhaft ausdrückten.
    »Ah, Sioac!« sagte er bei meinem Anblick, »ich freue mich, Euch zu sehen. Ich brauche Euch. Wir wollen demnächst Perpignan belagern und hoffen, die Stadt durch Aushungern zu bezwingen. Ihr müßt mit den Spaniern verhandeln, damit sie sich zur Kapitulation bequemen. Die Stadt ist von Katalanen bewohnt, die uns günstig sind, aber die von einer spanischen Garnison verteidigt werden, die weder die Franzosen noch die Katalanen liebt. Perpignan soll nach unseren Plänen durch Aushungern genommen werden wie einst La Rochelle. Da es dem Spanier jedoch gelingt, die Stadt immer noch mit Lebensmittelschiffen über Collioure zu versorgen, müssen wir wohl zuerst Collioure einnehmen.«
    Ich blickte Ludwig an, während ich ihm lauschte, und war von seiner Magerkeit, seiner Blässe und der Veränderung seiner Züge überrascht.
    »Sire«, sagte ich, »darf ich fragen, wie es Euch ergeht nach der langen Reise von Paris nach Sigean?«
    »Wahrhaftig«, sagte Ludwig mit einem matten Lächeln, »ich hatte schon befürchtet, ich würde nicht die Kraft aufbringen, die Strapazen dieser langen Reise durchzustehen. Trotzdem ist es mir, wenn auch mit knapper Not, gelungen, so daß ich untröstlich wäre, diese Welt zu verlassen, bevor ich den Spaniern das Roussillon genommen habe. Ob ich diese Welt in Paris oder in Perpignan verlasse, was kümmert es mich.«
    Diese Worte vereisten mir das Herz, denn daß Ludwig so vom Tod sprach, hieß doch, daß er ihn nahe fühlte. Und mein Kummer wurde noch einmal so schwer, weil der Kardinal in Narbonne fast genauso gesprochen hatte. Aus einer Angst, diesich nicht beschreiben läßt, fragte ich mich, ob diese beiden starken Säulen, die den Staat trugen, nun etwa zur gleichen Zeit niederbrechen würden? Wären dann nicht Tür und Tor geöffnet für alle fessellosen Ambitionen und tollköpfigen Unternehmungen der Großen, für alle Komplotte der frömmlerischen Fanatiker, und würde das Reich dann nicht in eine Anarchie stürzen, aus der es sich schwerlich mehr würde erheben können, denn sofort würde diese Schwäche doch ausgenutzt werden von Spanien und von den Kaiserlichen.
    Doch schien Ludwig sich aus seinen traurigen Gedanken loszureißen.
    »Nicht die Stadt Collioure ist das Problem«, sagte er mit festerer Stimme, »aber ihre Burg. Sie ist ein starkes und solides Bauwerk auf Felsengrund. Morgen breche ich mit Marschall de La Meilleraye dorthin auf, und ich möchte, daß Ihr uns begleitet, um zu dolmetschen, wenn ich mit den Spaniern in Verhandlungen trete.«
    Ich nahm Urlaub von Seiner Majestät, dann suchte ich eine Unterkunft für die Nacht, denn mitten im Monat März hatte es angefangen zu schneien, und ich konnte schwerlich verlangen, daß meine Eskorte ihre Zelte im Flockenwirbel aufschlage. Natürlich war von den Quartiermeistern schon alles für die Armee belegt worden. Indessen entdeckte ich in einiger Entfernung vom Ufer ein schönes großes Bauernhaus und hieß Nicolas dort anklopfen. Er tat es, doch wurde die Pforte nur spaltbreit geöffnet und sofort wieder zugeschlagen, worauf wütendes Hundegebell erscholl.
    »Laß, Nicolas«, sagte ich. »Ich will versuchen, ob ich es besser kann.«
    Und ich klopfte aufs neue.
    »Gute Frau, um Vergebung«, sagte ich, »und seid ohne Furcht. Ich bin der Herzog von Orbieu, Mitglied des Großen Königlichen Rats und Ritter des Heilig-Geist-Ordens. Ich benötige für mich und meine zwölf königlichen Musketiere nur ein Dach für eine Nacht.«
    Nun wurde in der Pforte ein vergittertes Fensterchen geöffnet, durch welches zwei schwarze Augen mich sehr eindringlich musterten, während eine Pistole auf mein Gesicht gerichtet war. Dann verschwand die Pistole, und die Tür ging vorsichtig auf.
    »Monseigneur«, sagte die Frau, »tretet ein, aber nur Ihr und Euer Diener.«
    Ich trat ein, und noch nie wurde ein Fremdling einer so argwöhnischen Betrachtung und Begutachtung wie ich

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