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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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unterzogen. Schließlich aber schien die Frau mit ihrer Prüfung zufrieden.
    »Monseigneur«, sagte sie, die Stimme senkend, »Eure Eskorte kann im zweiten Pferdestall unterkommen, der erste bleibt für meine Pferde. Sie sollen schon immer hingehen. Ich lasse ihnen zu essen bringen. Ihr und Euer Diener schlaft hier.«
    Nun hieß sie einen ihrer Leute meiner Eskorte den »zweiten Pferdestall« zeigen und führte uns in einen großen, karg möblierten Raum, wo aber ein gutes Feuer brannte, dessen Anblick allein mich aufheiterte.
    »Nehmt Platz«, sagte die Hausfrau recht höflich, doch immer noch mit einem Rest von Mißtrauen.
    Dann kamen zwei Mägde und trugen Geschirr auf, wie ich es in diesem ländlichen Milieu nicht erwartet hätte, so schön und fein war es. Ich machte meiner Wirtin ein Kompliment hierüber.
    »Ja«, sagte sie lächelnd, »das ist noch von meinem seligen Mann, dem Marquis de Sigean. Dies hier war seit jeher unser Landhaus, und ich wohne gern hier, wenn das Wetter garstig wird, denn es bietet Schutz zugleich vor der Tramontana und den Stürmen des Mittelmeers.«
    Da ich bemerkte, daß die Mägde, während sie heimlich flinke Blicke nach mir warfen, nur zwei Gedecke aufgelegt hatten, nahm ich die Marquise behutsam beiseite.
    »Madame«, sagte ich
sotto voce
, »Nicolas ist nicht mein Diener, sondern mein Junker, und er ist von Adel.«
    »Das will ich glauben«, sagte sie, »so schön, wie er aussieht, und wo er so gute Manieren hat. Meine dummen Mädchen haben es versehen, aber ich will sie bitten, ihren Fehler gutzumachen.«
    Das Wort »bitten« verwunderte mich, war es doch von einer Herrin auf ihre Bedienten gemünzt, mehr aber noch gefiel mir, mit welcher Rücksichtnahme sie die Mädchen schalt, indem sie in leisem Ton zu ihnen sprach.
    Sicherlich, überlegte ich, hatten die Mägde, ohne viel zu fragen, sich darauf gefreut, mit einem hübschen Jungen wie Nicolas bei Tisch zu sitzen. Zumal sie abgelegen auf dem Lande lebten,ohne männliche Gesellschaft, abgesehen von den Pferdeknechten, die nach Stall rochen und ihnen wenig behagen mochten.
    Taktvoll zog sich Nicolas nach dem letzten Bissen in das ihm zugewiesene Kämmerchen zurück, und die Dame geleitete mich in einen kleinen Salon, wo ein großes Feuer brannte und eine Magd uns heißen Verbenentee servierte.
    Obwohl es Lehnstühle gab, setzte sich die Dame auf einen türkischen Divan und lud mich ein, neben ihr Platz zu nehmen. Dann stellte sie mir zwei Fragen, die sie offenbar von Anfang an beschäftigten.
    »Herzog, ist der Heilig-Geist-Orden, dessen Ritter Ihr seid, ein religiöser Orden?«
    »Nein, Madame, es ist ein Orden, den der König, und nur der König, an adlige Katholiken vergibt, gleichviel ob sie verheiratet sind oder nicht.«
    »Und dank diesem Orden dürft Ihr die schöne himmelblaue Schärpe tragen, an welcher dieses schöne Malteserkreuz, mit einer weißen Taube darauf, hängt?«
    Von der »weißen Taube« sprach sie in leicht ironischem Ton, was mir zu denken gab.
    »So ist es«, sagte ich, »und jeden Abend muß ich, zusätzlich zu einem
Pater
und einem
Ave
, das besondere Gebet des Ordens sprechen.«
    »Aber, verpflichtet Euch der Orden nicht zum Zölibat?«
    »In keiner Weise.«
    »Aber vermutlich gibt der Orden Euch am Hof den Vortritt vor anderen Edelleuten Eures Ranges?«
    »Ja, Madame, jedoch nicht vor den Prinzen von Geblüt.«
    »Zwingt der Orden Euch zur Ehelosigkeit?« (Das hatte sie schon einmal gefragt.)
    »Durchaus nicht. Wir legen keine Gelübde ab und sind keine Geistlichen.«
    »Dann könnt Ihr also heiraten?«
    »Auch das ist keine Pflicht. Es darf jeder seiner Neigung folgen.«
    »Und wie habt Ihr Euch entschieden?«
    »Ich habe geheiratet.«
    Meine Antwort war ein wenig knapp, doch war ich dieser Inquisition allmählich leid, zumal der Leser mich am Ärmelzupft und daran erinnert, daß ich vergessen habe, die Dame zu beschreiben.
    Nun, Leser, ich würde sagen, sie war sehr gut gebaut, schlank und rund, wo es nötig war, mit großen schwarzen Augen und sehr schönen Haaren, die sich in braunen Locken um ihr Gesicht schmiegten. Sie war ihrer sicher, aber nicht hochmütig, entschlossen, doch äußerst umgänglich mit ihrem Gesinde, in allen Lagen, wie Mariette, meine Köchin, gesagt hätte, »nicht auf den Mund gefallen«, und in ihrer Neugier, wie man sah, von keiner Scham gehemmt, vielmehr ging sie ihr Ziel geradewegs an.
    Während sie mich so ausfragte, betrachtete ich sie aufmerksamer und bemerkte, daß

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