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Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition)

Titel: Der König ist tot: Roman (Fortune de France) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Merle
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Brunnen die Burg versorgt.«
    »Schwör lieber nicht, Alter«, sagte der erste, »sonst wird dir, wie ich höre, beim Jüngsten Gericht der Rest deines lausigen Lebens an einem Baum aufgeknüpft.« – »Im Paradies gibt es keine Bäume«, sagte der andere, »um die Evas dort nicht in Versuchung zu führen. Aber mit Schwören ist es sowieso nicht getan«, setzte er hinzu, »wir müssen die Stelle markieren, wo wir das Wasser gehört haben.« Sie durchsuchten ihre Taschen und fanden nur eine Pfeife und fünf Sous. Aber für fünf Sous bekam man immerhin einen Krug Wein in einem Land, wo der Wein so billig war, und die da hinzulegen hieß den Teufel versuchen. Was nun die Pfeife anging, so hatten sie sich die immer brüderlich geteilt und beide so schön eingeraucht, daß man innen kein Fitzelchen Holz mehr sah. Und sie war ihnen so wert, daß es ihnen fast das Herz brach, sie dort zu lassen, wenn auch gut versteckt hinter einem dicken Stein. Trotzdem taten sie es, und der »Alte« sagte, wenn sie ihnen gestohlen würde, gingen sie direkt zu Marschall de La Meilleraye und würden Entschädigung für das verlangen, was sie im Dienst des Königs geopfert hätten.
    Als später die Sprengladung gelegt war, wurde die Pfeife aus Nachlässigkeit vergessen. Sie ging mit in die Luft, und der hochfahrende und geizige Meilleraye weigerte sich, die »Ge spenster « zu entschädigen. Also sammelten die Kameraden unserer beiden Gevatter für eine schmucke Pfeife, die nun die Ehre des Regiments wurde. Nach den »Gespenstern« kamen meine beiden Wagner an die Reihe, ein Loch zu höhlen, wo der große Sprengsatz hineinpaßte, der die Mauer sprengen sollte. Weil sie keine Soldaten waren, hätten sie ihre Teilnahme eigentlich verweigern können, doch sie machten es sich zur Ehre, ihren Plan durchzuführen, weil sie selber ihn aufgebracht hatten, obgleich einige ihn für unmöglich erklärten. Nun wollte ich aber nicht,daß sie sich ganz allein an einen so gefährlichen Ort begäben, und auf mein Verlangen teilte Marschall de La Meilleraye ihnen zwei Soldaten zu, um sie für den Fall, daß man sie überraschte, zu decken und ihren Rückzug zu erleichtern.
    Für meine beiden Wagner wurde dieses Loch in der Mauer zugleich das Martyrium und der Ruhm ihres Lebens. Denn sie mußten den Stein so leise wie möglich aushöhlen, was ihre Arbeit ungemein verlangsamte und gleichzeitig ihre Kräfte erschöpfte. Doch zu guter Letzt hatten sie es geschafft. Nun war es Sache eines Sprengmeisters, den mächtigen Sprengkörper in das Loch einzubringen und ihn mittels der Schnur in Brand zu setzen. Du wirst es nicht glauben, Leser, wie lang diese Schnur war, denn der Sprengmeister fürchtete, auch wenn er sich noch so rasch verzöge, daß ein Regen von Felsbrocken ihn erschlagen könnte. Schließlich fand er ein Mäuerchen, hinter dem er sich verbarg. Er schlug Feuer, und hämmernden Herzens setzte er die Schnur in Brand. Mit den Augen lugte er knapp über seinen kleinen Schutzwall und verfolgte die kriechende Wanderung der Flamme, immer in der Furcht, daß ein Windstoß sie löschte. Man hatte, wie gesagt, an der Größe des Sprengsatzes nicht gespart, und die Explosion verursachte einen Lärm, einen jeden für den Rest seiner Erdentage taub zu machen. Die Mauer brach vor unseren Augen ein, riesige Steinbrocken flogen nach allen Seiten.
    In der darauffolgenden Ratssitzung berichtete ein im Dienst des Kardinals stehender Informant, der dank der allgemeinen Kopflosigkeit aus der Burg herausgelangt war, daß durch die Sprengung an zwanzig Belagerte umgekommen waren und daß die Überlebenden, wenn sie die Mauer wieder herstellen wollten, durch unseren Beschuß noch mehr verlieren würden. Hierauf versammelte Marschall de La Meilleraye die Generalobersten der Infanterie und der Artillerie und fragte sie, wie man nach der Mauersprengung weiter verfahren solle. Obwohl ich keinen militärischen Grad hatte, war auch ich als zukünftiger Bevollmächtigter und Dolmetsch des Marqués de Mortare geladen, der die spanischen Truppen der Feste befehligte.
    Die Generalobersten plädierten für eine Großattacke der Infanterie durch jene Bresche, die unsere Artillerie gebrochen hatte, doch sollte dieser Angriff von der Artillerie dadurch vorbereitet werden, daß sie aus allen Rohren feuerte.
    »Herzog«, sagte der Marschall, »was ist Eure Ansicht davon?«
    »Herr Marschall«, sagte ich, »ich bin kein Soldat, mich dünkt jedoch, daß nach gesundem Menschenverstand die

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