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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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er durfte sich davon nicht verzehren lassen, sondern kühlen Kopf behalten. Ein falscher Schritt, und alles war zu Ende. So erlebte er es bereits seit vielen Jahren.
    Henri de Roslin zahlte in Villeneuveles-Avignon an der alten Brücke über die Rhone, die bereits von den Römern erbaut worden war und jetzt St. Benezet hieß, den üblichen Zoll fremder Kaufleute. Der ummauerte Vorhof in Richtung Stadt, unterhalb der erzbischöflichen Burg, wurde ihm von mürrischen Soldaten freigegeben, und er blickte unwillkürlich zu dem Bergfried der Burg St. André auf, an dem die Steinmetze seltsame Zeichen hinterlassen hatten. Der Turm wurde nur Donjon Philipps des Schönen genannt, denn dieser hatte ihn als Aufsicht und Brückenkopf der päpstlichen Stadt gegenübergestellt. Sicher, dachte Henri, entgeht den Spähern dort oben keine einzige Bewegung, und jeder unerwünschte Fremde auf der Brücke kann mit einem Pfeilhagel bedacht werden. Dann gab er dem Pferd die Zügel frei und ritt durch eines der mächtigen Tore in die Stadt der Burgen und damit in die bedrohlichen Mauern seiner Feinde ein.
    Er hatte ein Gelübde auf den Papst abgelegt, das ihn band. Niemals konnte er vergessen, wie er ergeben vor Clemens dem Fünften gekniet hatte. Er vertraute ihm und verehrte ihn! Damals wusste er noch nicht, wozu dieser Papst fähig war. Und heute spürte er dieses Gelübde wie einen Schmerz in seinem Inneren, es war eine Fessel, die ihm ins Blut schnitt.
    Nachdem Henri sein Pferd zur tiefer liegenden Stadt, deren Häuser ihm durch die seltsame Dachbedeckung mit flachen Hausteinen, Zinnen und Senkscharten auffiel, gelenkt hatte, tauchte er im Gewirr der Ansiedlung unter. Während er durch die holprigen, von Abfall überzogenen Gassen des ältesten Stadtteils und über neue, prächtige Plätze ritt, fielen ihm die ungewöhnlich zahlreichen Bankkontore auf, die italienisch klingende Namen besaßen. Und dann bemerkte er auch die Bauplätze.
    Überall ragten Holzkräne und Gerüste auf, Fundamente waren ausgehoben. Steinmetze waren mit Eisenmeißeln an der Arbeit, aus großen Blöcken verwendbare Stücke herauszuhauen. Eine ausladende Schmiede befand sich etwas abseits. Fuhrwerke mit Schwellen, Bleiplatten und Röhren karrten herum. Schon beim Hineinreiten war ihm ein riesiger Bauplatz auf einem breit vorgeschobenen, zum Fluss hin abfallenden Felsen aufgefallen. Von einem Bäcker, der ihm an einem Stand ein frisches Dinkelbrot verkaufte, erfuhr er, dass ein neuer Papstpalast erbaut werden sollte. Bisher stand davon nur ein zwanzig Fuß hoher Glockenturm, der Turm de Trouillas. Auch an seinen Mauern sah Henri seltsame Zeichen, die wie geheime Botschaften wirkten. Die Bauhütten hinterließen ihre Spuren.
    Es sollte ein mächtiger Palast mit großen Sälen, unzähligen Gemächern, Versammlungsräumen für Körperschaften der Kirche und des Staates und mehreren Kirchen und Kapellen werden. Wollten denn die Päpste, die Rom mit Hilfe des Königs schmählich verlassen hatten, für immer in Avignon bleiben? Henri hätte am liebsten laut ausgerufen: »Vergebliche Liebesmüh! Dieser Papst wird die Pracht nicht mehr sehen können!« Aber er dankte dem Bäcker nur, zahlte und atmete tief den Duft des frischen Brotes ein.
    Es sind die einfachen Dinge, die unser Herz wirklich beglücken, dachte er. Der Geruch des Brotes, eine Vogelstimme am Morgen, der Blick aus den Augen einer schönen Frau. Nicht Macht und Prunk. Aber davon haben die hohen Herren keine Ahnung.
    Henri de Roslin suchte sich eine Unterkunft. Sie musste geeignet sein, ihn notfalls auch für längere Zeit aufzunehmen. Er fand eine gut möblierte Herberge mit einem schönen Blick über die Windungen der Rhone. Zur anderen Seite hin konnte er von seinem Dachfenster aus über die neueren Fahrwege zur Kirche Unsere Liebfrauen bis zum alten Palast der Dominikaner schauen, in dem Papst Clemens residierte. Sogar ein winziges Stück des ausgedehnten päpstlichen Gartens öffnete sich seinem Blick.
    Henri wusste natürlich, er konnte Clemens nicht mit Blicken bannen, er musste seine körperliche Gegenwart suchen, um ihn töten zu können. Henri stellte sich vor, wie er das Schwert zog und den Verräter erstach. Er würde auf sein verräterisches, sein im tiefsten Sinne unchristliches Herz zielen.
    Bei dieser Vorstellung schüttelte er sich. Er hoffte, Clemens bei der Ausführung dieser Tat nicht anfassen zu müssen, es hätte ihn geekelt.
    Henri verstaute seinen flachen Geldbeutel in einem

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