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Der König muß sterben

Der König muß sterben

Titel: Der König muß sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Espen
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Besonders bei Splitterungen, wenn einer von einem Huftritt am Kopf getroffen oder von einem Steingeschoss verletzt worden ist. Was tut Ihr mit solchen Verletzten? Manchmal, wenn es um einen größeren Befall durch einen kranken Einfluss geht, muss der Schädel aufgesägt werden, manchmal, bei kleineren erkrankten Stellen, genügt ein Krontrepan, er macht ein kleines Loch.«
    »Das ist barbarisch!«
    »Nein, Herr Ritter. Aber entscheidend ist, alles muss sauber sein. Die Unwissenden in Eurem Land glauben, Schmutz halte die Krankheiten ab – das ist falsch.«
    Der Papst fragte argwöhnisch: »Und der Kranke wird natürlich betäubt?«
    »Womit denn?«, warf Ricard hämisch ein, »bei uns verteilen die Ärzte doch nur Kartoffelschnaps.«
    »Herr Ritter, er muss Pflanzengift trinken. Es tötet ihn nicht, sondern lähmt ihn nur. Dann kann er sich weder bewegen, noch spürt er die Schmerzen beim Aufsägen oder Aufbohren der Schädeldecke. Ohne dieses Gift könnten unsere Ärzte ihre Arbeit nicht tun.«
    »Woher bekommt Ihr es?«
    »Wir bereiten es aus den einheimischen Ingredienzien selbst zu. Cannabis sativa besitzt vierhundert verschiedene Substanzen. Die hauptsächlichen stillen den Schmerz und wirken gegen die Fallsucht.«
    Sie wurden unterbrochen durch den eintretenden Bediensteten. Er streckte einen silbernen Pokal vor sich hin, in dem das aufgelöste Heilmittel dampfte.
    »Trinkt es, Herr Papst!«, sagte Uthman. Und als der Heilige Vater das tat, dachte der Sarazene: Es wird ihm tatsächlich helfen, denn er hat wahrscheinlich nur einen geröteten Magen. Und ganz hinten in seinem Verstand entstand ein Gedanke, der ihm sagte, wie schön es sei, zu helfen. Helfen, nicht töten! Was war das für eine wunderbare Aufgabe!
    Aber dafür war er nicht hier! Dieser Mann hatte Hilfe nicht wirklich verdient, er musste sterben! Aber er, Uthman ibn Umar, beeilte sich in diesem Moment, ihm das Dasein zu erleichtern!
    Uthman sah im Geist Henri de Roslin vor sich. Er wünschte nur eines nicht – dass dieser ihn jetzt sah. Was würde er von ihm denken? Würde er ihn für einen Verräter halten müssen? War er nicht in diesem Moment dabei, auf die Seite seiner Feinde überzuwechseln?
    Aber eines konnte ja durchaus noch passieren. Die Leiden des Papstes konnten nach dem Trunk schlimmer werden. Er konnte zusammenbrechen. Sein Magen könnte sich öffnen und bluten. Dann würde er sterben.
    Wenn das geschah, würde auch Uthman sterben. Er litte dann einen Tod, der schlimmer sein würde, als es sich jemand unter den Lebenden vorstellen konnte!
     
     
    Henri hatte den ganzen Tag unruhig gewartet. Er zog sich zurück und benutzte die Gelegenheit, um seine Sachen in Ordnung zu bringen. Sein Pferd musste vom Schmied am Ortsrand neu beschlagen werden, und er ließ auch sein eigenes Schuhwerk von einem ansässigen Handwerker flicken. Er erstand auf einem kleinen Markt neue Gürtel und Spangen und einen Speckstein, mit dem er die Klinge seines Kurzschwertes nachzog.
    Es war heiß. Feiner Staub legte sich über den Ort Saint-Laurent-des-Arbres. Obwohl es erst auf die letzten Tage des April zuging, schienen schon Feuer im Himmel zu brennen.
    Als sich der Abend herabsenkte, stand Henri unschlüssig in der karg eingerichteten Stube ihrer Herberge. Er versuchte, sich vorzustellen, was Uthman gerade tat. Ob alles gut ging? Henri machte sich Vorwürfe. Hätte er die Tat nicht doch selbst durchführen müssen? Uthman hatte ihn beschwatzt. Sicher mit guten, vernünftigen Gründen, aber hätte er sich wirklich darauf einlassen dürfen?
    In diesem Augenblick wäre Henri de Roslin am liebsten losgestürmt, um seinen Fehler zu berichtigen.
    Um sich zu beruhigen, nahm er das kleine Buch mit den Ordensregeln aus der abgehalfterten Satteltasche. Er las darin, erinnerte sich voller Wehmut an seine Zeit im Tempel von Paris und schloss ein kurzes Gebet an. Seine Unruhe wuchs. Er lauschte nach draußen. Von unten her, aus der Gaststube, drangen undeutliche Geräusche, jemand lachte laut.
    Henri packte seine Rittertracht aus. Er besah sie lange und nachdenklich. Dann zog er sie kurz entschlossen über. Den Leinenüberwurf, die Beinschienen, die Pumphosen, den weißen Rock mit roter Schärpe, darüber den weiten schneeweißen Umhang mit dem roten Tatzenkreuz auf Brust und Rücken und auf beiden Schultern. Er gürtete das Schwert. Zum Schluss stülpte er den scharnierlosen Helm auf das dichte dunkle Haar.
    So stand er im Halbdunkel da. Ein Krieger, zu allem gerüstet

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