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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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zurück zu der Treppe führte, um ihr dann bis zu dem Absatz am oberen Ende hinaufzuhelfen.
    Sie klammerte sich an ihn. »Wo kommt das Wasser her? Was geht hier vor?«
    »Ich kann dir sagen, was hier vorgeht …« Und dem Klang seiner Stimme nach zu schließen, spie er die Worte zwischen zusammengepressten Zähnen heraus. »Unser feiner Wirt hat die verdammte Luke über der Rutsche geöffnet. Das ist Regenwasser.«
    »Regenwasser?«
    »Falls dir das entgangen ist, es hat draußen geregnet. Vermutlich regnet es immer noch. Es kommt diese Scheißrutsche runter. Es hat den Keller gefüllt und flutet jetzt diesen gottverfluchten Tunnel.«
    »Aber … das müsste doch Stunden dauern.«
    »Liebes, wir sind seit Stunden hier unten.«
    Vor ihrem geistigen Auge sah Adelia die Hügel um Glastonbury. Der strömende Regen, der nicht in die steinhart getrocknete Erde eindringen konnte, musste in zahllosen reißenden Flüssen an ihren Hängen herab auf die Hauptstraße fließen. Der Hof des »Pilgrim Inn« hatte schon völlig unter Wasser gestanden, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatte. Und wenn die Luke geöffnet worden war, würde das Wasser die Rutsche hinablaufen …
    »Ein Gutes hat die Sache«, sagte Rowleys Stimme. »Das Ale von diesem Hundsfott ist hinüber.«
    »Wird es uns hier oben erreichen?«
    Die Antwort war ein weiteres ohrenbetäubendes Klirren. Er schlug wieder mit dem Schwertknauf gegen die Eisenhaube.
    Dumme Frage: Wie sollte er das wissen? Es würde davon abhängen, ob der Regen früh genug aufhörte. Aber, dachte sie, wir sind tot, ob er nun aufhört oder nicht. Sie waren in einem kleiner werdenden Raum umgeben von Steinen, Eisen und steigendem Wasser, alle drei luftundurchlässig. Die Luft würde schlecht werden. In Salerno hatte sie einmal an einer Leiche gearbeitet, die ihr Ziehvater für sie zum Üben gekauft hatte. Es war ein Mann gewesen, der in einen großen leeren Weinbottich gefallen war und im Fallen mit rudernden Armen den Deckel erwischt hatte, der dann über ihm zugefallen war.
    »Erstickungstod«, hatte sie nach ihrer Untersuchung gesagt.
    »Richtig«, hatte er gesagt. »Dergleichen geschieht, wenn Menschen in abgeschlossenen Räumen eingesperrt sind.«
    »Ich weiß«, hatte sie gesagt, »aber warum? Der Bottich war riesengroß, wieso konnte er nicht weiteratmen? Was führt dazu, dass Menschen in abgeschlossenen Räumen ersticken?«
    »Luftnot«, hatte er geantwortet. »Unsere Atmung braucht die Luft auf und vergiftet sie. Ich weiß nicht, wie.«
    Sie würden sterben wie der Mann in dem Bottich.
    »Allie!« Wieder ein qualvoller Schrei, der von jemand anderem zu kommen schien.
    Das Klirren hörte auf und wurde durch Rowleys Stimme ersetzt: »Für sie ist gesorgt. Ich habe ein Testament gemacht.«
    »Allie!« Ein Dokument konnte ein Kind nicht in die Arme schließen oder ein aufgeschlagenes Knie küssen oder das Verlangen nach einer Mutter stillen, die nicht mehr da war.
    Wieder ein Klirren, das letzte, dann spürte sie einen Stoß, weil Rowley falsch eingeschätzt hatte, wo sie saß, und mit dem Körper gegen ihren prallte, ehe er seinen Platz an ihrer Seite fand. »Verdammt, Frau!« Heißer Atem fächelte ihr Ohr. »Das ist deine Schuld. Warum zum Teufel hast du mich nicht geheiratet?«
    Sie wusste es nicht mehr. Wieso hatte sie nicht?
    »In einer hübschen kleinen Burg«, sagte der Atem. »Wir hätten sie gemeinsam großziehen können. Du hättest im Sonnenzimmer munter an deinen Wandteppichen gestickt, und ich hätte ihr auf dem Übungsplatz gezeigt, wie man mit dem Schwert kämpft.«
    Er wollte sie zum Lachen bringen, und merkwürdigerweise gelang ihm das auch fast, aber unter seiner Tapferkeit hörte sie den Zorn über ein verpasstes Leben.
    Meine Schuld, dachte sie, meine große, große Schuld. Welchen Preis hat die Unabhängigkeit, wenn ich stattdessen Glück hätte wählen können, seines, Allies, meines? Einen zu hohen. »Ich würde mich nicht wieder so entscheiden«, sagte sie.
    »Das kommt ein bisschen spät.« Wieder spürte ihre Haut seinen Atem. »Du hast mich in die Hölle geschickt, ist dir das klar? Meine Seele ist verdammt. Ich habe gesündigt, bei der Prim, der Matutin, den Laudes. Ich habe die Hostie zum Herrn erhoben und dabei in Wahrheit deinen mageren Körper gehoben. Ich habe mich gefragt: Was sehe ich in ihr? Aber du warst das Einzige, was ich sehen konnte.« Ein Seufzen. »Ich habe gegen meinen geliebten Herrn gesündigt. Der heilige Petrus wird mich wohl kaum

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