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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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und endete schließlich an einer Treppe, die zur Decke führte. Rowley sprang die Stufen so schnell hinauf, dass ihr sein Umhang aus der Hand gerissen wurde.
    Adelia, die mit plumperen Schritten folgte, bemerkte erst jetzt, wie schwer ihre Röcke an ihr herabhingen. Vor lauter Erleichterung, das Ende des Ganges erreicht zu haben, hatte sie nicht darüber nachgedacht, was es bedeutete, dass sie auf dem letzten ansteigenden Stück durch knöcheltiefes Wasser gewatet war.
    Über ihr flackerte die Kerze der Laterne. Eine zittrige Sekunde lang sah sie sie flattern wie eine Motte, dann erlosch sie.
    Die Dunkelheit danach war unbeschreiblich. Selbst in einer mondlosen Nacht gab es immer irgendwo einen Widerschein, an dem sich das Auge festhalten konnte. Das hier war die Negation von Licht, die Abwesenheit von allem, in der sie das nutzlose Echo ihres eigenen Wimmerns zittrig verklingen hörte, als käme es von jemand anderem.
    Dann hörte sie ein Kratzen und einen blechernen Klang, gefolgt von einem wütenden Schwall Obszönitäten aus dem Munde des Bischofs von St. Albans. »Was machst du?«, kreischte sie.
    »Da oben ist Metall. Eine Luke oder irgendwas, jedenfalls aus Metall. Was meinst du denn wohl, was ich mache? Ich versuch, das Scheißding aufzukriegen.«
    »Taste nach einem Riegel!«
    »Oh, vielen Dank, werte Doktorin. Das hab ich schon. Da ist keiner. Entweder das Scheißding sitzt einfach fest, oder auf der anderen Seite ist eine Art Griff, an dem man es hochziehen kann. Ich schlag dagegen – vielleicht hört uns irgendwer.«
    Niemand wird uns hören. Adelia löste hastig das Schwert, das an ihrer Seite hing, und hob es hoch, bis es gegen Rowleys Stiefel stieß. »Versuch’s damit.«
    Sie spürte, wie ihr eine tastende Hand die Waffe abnahm. Ein dröhnendes Klirren ertönte, als Metall auf Metall traf. Das war besser. Aber wer war da oben, der sie hören könnte? Nur das Ehepaar, das sie begraben hatte – die würden die Luke bestimmt nicht hochheben.
    Adelia hielt sich die Ohren zu, weil das dröhnende Hämmern in ihrem Kopf widerhallte. Zwischen den einzelnen Schlägen schrie Rowley immer wieder hallo und fluchte, bis sie dachte, er würde verrückt – oder sie. Sie ertastete die Stufen mit der Hand und stieg höher, bis sie sein Bein berührte. »Lass mich mal!«
    Er zog sie neben sich hoch, und sie merkte, dass sie noch immer die Kiste aus der Nische an sich gedrückt hielt. Sie ließ sie fallen und hob die Arme, stieß gegen Metall. Sie glitt mit den Fingerspitzen daran entlang – eine Kuppel aus Eisen. Sie war völlig glatt, es gab keinerlei Vorsprung, der auf irgendeine Art von Verriegelung auf dieser Seite hindeutete.
    »Siehst du?« Rowley schubste sie beiseite und setzte seine Attacke fort. Aber das war es ja gerade: Sie
konnte
nicht sehen. Augen waren nutzlos. Es gab nur noch Tastsinn und Gehör – und Entsetzen.
    Schließlich erschien ihr der Lärm unerträglich. Sie streckte die Hand aus, um seinen Arm zu fassen, fand ihn und hielt ihn fest. »Lass uns zurück in den Keller gehen!«
    Schon der Gedanke, dass sie sich auf dem Rückweg durch die Finsternis kämpfen mussten … Aber in dem Keller war es geräumig, und es gab tröstliche normale Dinge wie die Ale-Fässer … und vielleicht war Millie nicht tot und konnte sie herauslassen … irgendwas.
    Ihr fiel etwas ein. »Die Luke über der Rutsche für die Fässer war aus Holz, vielleicht können wir sie zerhacken und das, was daraufsteht, irgendwie von der Stelle bewegen.«
    »Oder uns wenigstens zu Tode saufen.«
    Dass er aufgehört hatte zu schreien und sich jetzt nur noch verdrossen anhörte, war ihr ein Trost. Sie konnte durchhalten, wenn er es konnte, aber nur, wenn er es konnte.
    Auf dem Hintern, mit tastenden Füßen, rutschte sie die Stufen hinab. Als sie hörte, dass auch Rowley unten angekommen war, breitete sie die Arme aus, um sich an den rauen Tunnelwänden entlangzutasten, und begann, das Gefälle hinunterzuwaten, das sie heraufgekommen waren.
    Und sie watete tatsächlich. Wasser umspülte ihre Knie. Sie ging weiter. Es stieg ihr bis zur Taille.
    Benommen fragte sie sich, ob sie aus Versehen eine Abzweigung im Tunnel genommen hatte, die in einen großen Ablaufkanal führte. Aber es hatte keine Abzweigung gegeben.
    Jemand sagte: »Irgendwo dringt Wasser ein, Rowley.«
    Jemand anderes sagte: »Stimmt, Liebste. Wir müssen zurück.«
    Sie spürte eine Hand, die über ihr Gesicht nach unten zu ihrer Schulter glitt und sie

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