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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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gnädig!«
    Leprakranke. Sie waren zusammen mit Leprakranken von der Außenwelt abgeschnitten. Adelia umklammerte den Arm des Abtes. »Wir müssen sie da wegholen. Sofort. Bitte, wir müssen sofort zu ihnen.«
    Sigward hatte zwar Mühe, den Ereignissen zu folgen, aber auf diese Bitte antwortete er sofort mit Nachdruck. »Im Dunkeln können wir nirgendwohin. Am Morgen, mein Kind. Wenn die Morgendämmerung kommt, werden wir tun, was getan werden muss.«
    Ja, Morgendämmerung. Jetzt war Nacht, auch wenn sie kaum noch wusste, welche Nacht. Sie vermutete, dass sie erst am vergangenen Morgen von ihrem Versteck aus zugesehen hatte, wie Gyltha, Allie und Mansur nach Wells aufbrachen, dass es erst wenige Stunden her war, seit das Gewitter den Regen und die Dunkelheit brachte, in der Millie ihnen …
    Millie.
    Adelia umklammerte erneut den Arm des Abtes. »Millie, die Magd. Hilda hat sie niedergeschlagen …«
    »Wo war das?«
    »Im Gasthof. Ich hab sie fallen sehen … Ich muss zu ihr …«
    »Ihr bleibt hier.« Sigward hatte die Führung übernommen. »Bruder James? Zum Gasthof, wenn ich bitten darf.«
    Der Mönch verneigte sich, und als er hinaus in die Nacht ging, um sich um die Magd zu kümmern, ließ er eine saft- und kraftlose Adelia zurück.
    Sie wurde zu einer Bank am Tisch geführt, spürte den glatten Ton des Bechers, der ihr an die Lippen gedrückt wurde, und schmeckte Branntwein. Sie schluckte ein wenig davon, legte den Kopf auf die Tischplatte und hörte, wie Hilda tobte und Abt Sigward Fragen stellte, die Rowley beantwortete … und schlief ein.
    Schon während des Traumes ärgerte sie sich darüber. Guinevere war jetzt unerheblich, und die schlafende Adelia wollte nicht von ihr belästigt werden, doch die Frau mit dem Gesicht eines Totenschädels kam aus dem Nebel auf sie zu. Diesmal hielt sie Arthurs Excalibur in der Hand; diesmal sprach sie: »Du bist jetzt ganz nah«, sagte sie. »Du bist mir ganz nah. Komm näher!«
    Mürrisch wachte Adelia auf, nicht verängstigt – welcher Traum konnte die Schrecken der Wirklichkeit überbieten? –, nur aufgebracht, weil man ihre Ruhe gestört und sie mit dem nagenden Gefühl zurückgelassen hatte, eine Pflicht nicht erfüllt zu haben.
    Es war noch dunkel draußen, doch im Feuerschein war zu erkennen, dass die Küche voller Körper war – nur das beruhigende Schnarchen von allen Seiten widerlegte den Eindruck, dass es ein Massaker gegeben hatte.
    Ihr gegenüber schliefen die Brüder James und Aelwyn, die Köpfe in der Kapuze ihrer Kutte auf den Tisch gebettet. Andere Gestalten, im Schatten kaum erkennbar, lagen auf Strohsäcken, die irgendwer geholt hatte, auf dem Boden verteilt. Eine an zwei Haken aufgehängte Hängematte enthielt den Bischof von St. Albans. Adelia stand auf, wobei ihr ein Umhang, den irgendwer in der Nacht über sie gebreitet hatte, von den Schultern glitt, und eilte zu ihm.
    Rowleys Gesichtsfarbe sah gesund aus, und auch seine Atmung war gut. Ohne ihn aufzuwecken, strich sie ihm die Haare aus der
     Stirn, ehe sie nach den anderen auf dem Boden sah.
    Der Abt lag auf der Seite, eine elegante Hand ums Kinn, als dächte er nach, aber seine Augen waren geschlossen. Neben ihm kauerte Bruder Titus und schnarchte lauter als alle anderen, den Kopf auf die Knie gelegt – ein schlafender Wächter für Hilda, die in der Nähe ausgestreckt auf dem Boden lag; der Strick um ihre Taille war noch immer an dem Wandhaken befestigt. Die Lider der Frau waren nur halb geschlossen, und ihre Zähne waren gebleckt, sodass sie selbst im Schlaf einem angeketteten geduckten Hund ähnelte, allzeit bereit, jeden Eindringling anzuknurren.
    Ehe Adelia eingeschlafen war, hatten Rowley, Sigward und die anderen Mönche übereinstimmend geäußert, dass Hilda verrückt war; damit war für sie alles geklärt. Es war eine praktische, alles umschließende Erklärung, die Hilda vielleicht vor dem Galgen retten würde, weil Wahnsinnige laut Gesetz für ihre Taten nicht verantwortlich waren und somit nicht hingerichtet werden durften. In ihrer männlichen Vorstellung war die rätselhafte Unruhe, die Frauen ihrer Meinung nach in den Wechseljahren befiel, dafür verantwortlich. In dem Gespräch, an dem Adelia sich aus lauter Müdigkeit nicht beteiligt hatte, hatte Rowley felsenfest behauptet, Hilda habe unter dem Zwang gestanden, Glastonbury davor zu schützen, dass die Skelette von Arthur und Guinevere sich als die falschen erwiesen.
    Es gab keinen Grund, irgendetwas anderes zu

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