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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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denken; die Frau war zweifellos geistesgestört. Und ebenso zweifellos hing die Zukunft des »Pilgrim Inn« und die der Abtei davon ab, dass Wallfahrer das Grab von König Arthur besuchen kamen.
    Und doch genügte Adelia diese Erklärung nicht. Es konnte nur Hilda gewesen sein, die versucht hatte, Mansur und sie unter dem Erdhügel zu ersticken – die Frau hatte eindeutig die Neigung, Leute lebendig zu begraben. Und eine derartige Brutalität sprach für einen tieferen, zwingenderen Grund, falls es überhaupt einen Grund gab.
    Adelia ging weiter und betrachtete den Körper gleich an der Tür. Millie, Gott sei Dank! Das Mädchen atmete gleichmäßig. Sie hatte einen Verband um den Kopf. Ihre fahle Gesichtshaut war nicht bleicher als sonst auch. Also noch jemand, der mit einigem Glück diese verzweifelte Nacht mehr oder weniger unbeschadet überstanden hatte.
    Der Einzige, der fehlte, war Godwyn.
    Adelia ging nach draußen, um einem Ruf der Natur zu folgen. Sie mied den, wie der Adel sagte,
odeur de merde,
der aus der Latrine stieg. Die Mönche hatten diese in der Nähe des Küchengartens ausgehoben – so gut für das Gemüse – und ein Brett mit einem säuberlich herausgesägten Loch darübergelegt. Adelia suchte sich stattdessen ein geeignetes Gebüsch und ging anschließend zu der Pumpe vor der Küche, um sich zu waschen.
    Im Osten hellte der Himmel allmählich auf. Irgendwo versuchte eine Drossel, ihren ersten Gesang des Tages anzustimmen. Es würde bald dämmern, und falls ein gnädiger Gott noch ein weiteres Mal Seine Hochherzigkeit zeigte und die drei Seelen auf Lazarus Island lebend gefunden wurden, nun, dann stünde sie, Vesuvia Adelia Rachel Ortese Aguilar, für immer in Seiner Schuld.
    Eine Gestalt, die dabei war, im Licht einer Laterne mit dem Netz Forellen aus dem Teich zu fangen, rief ihr einen Gruß zu und kam zu ihr herübergestakst.
    Bruder Peter wirkte freundlicher als bei ihren früheren Begegnungen. »Der sarazenische Zauberer ist ein wahres Wunder, nicht?«, sagte er. »Hat viel Gutes getan für …« Er stockte und zwinkerte Adelia zu. »Ihr wisst schon. Meint Ihr, er würde sich über ein paar von meinen Kürbissen freuen? Die sind in der Sonne prächtig gediehen, falls das Unwetter sie nicht ruiniert hat.«
    Ja, erwiderte Adelia mit einem Seufzer, Master Mansur wäre erfreut, wenn er mit Kürbissen dafür belohnt würde, dass er Will und die Zehnschaft gerettet hatte.
    Bruder Peter trat von einem Bein aufs andere. »Hab gehört, dass es letzte Nacht mächtig Aufregung gegeben hat. Was habt Ihr und der Bischof denn in diesem fürchterlichen Loch gemacht?«
    »Wir haben uns jedenfalls nicht amüsiert, das kann ich Euch versichern«, sagte sie.
    »Diese Hilda ist völlig verrückt. War sie schon immer. Hab nie verstanden, wie der arme alte Godwyn es mit ihr ausgehalten hat.«
    Adelia fiel etwas ein. »Könntet Ihr mir einen Gefallen tun, Bruder Peter?«
    Sie gingen zu der Tunnelkuppel, die noch immer neben dem Ausstieg lag. Adelia brachte es nicht über sich, in das Loch zu schauen, doch der Laienbruder kletterte bereitwillig hinunter und tauchte mit der Kiste und dem Schwert wieder auf. Beides war noch trocken, weil es oben auf der Treppe gelegen hatte, wo das Wasser, das inzwischen wieder zurückgegangen war, es nicht erreicht hatte. »Wo kommt das denn her?«, fragte er.
    »Könnt Ihr mir Eure Laterne leihen?«
    Er gab sie ihr, und sie dankte ihm knapp, dann wandte sie sich ab, ehe er noch mehr Fragen stellen konnte.
     
    Die Kiste interessierte Adelia. Die Tatsache, dass sie so tief in dem unterirdischen Gang versteckt worden war, deutete darauf hin, dass sie etwas Wertvolles enthielt. Oder etwas Belastendes. Oder beides. Emmas Juwelen, wahrscheinlich. Falls ja, wie schön wäre es dann – vorausgesetzt Emma lebte –, sie einer Frau wiederzugeben, die alle Entbehrungen einer Ausgestoßenen durchlitten hatte, gleichsam als Pfand dafür, dass sie in ihr altes Leben zurückkehren konnte.
    Und, wie Pandora vor ihr, dachte Adelia: Ach, in drei Teufels Namen, ich will einfach nur wissen, was drin ist.
    Es blieb genug Zeit, sie zu öffnen, ehe sie zu ihrer Rettungsfahrt aufbrachen, und es wäre unnötig, die Leute in der Küche früher zu wecken als erforderlich, was sie zweifellos tun würde, wenn sie dort hineinging – denn es würde Krach machen, falls die Haspe an der Kiste weiterhin so hartnäckig klemmte wie zuvor.
    Sie marschierte mit Laterne, Schwert und Kiste zu dem einzigen Ort,

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