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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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lächelte, die sie nicht hören konnte.
    Emma verstummte kurz, beugte sich hinüber und berührte das Knie ihres Geliebten. »Ich habe nie ja zu ihm gesagt, Liebster, niemals.«
    Roetger nahm ihre Hand und küsste sie. »Das weiß ich doch, mein tapferes Mädchen.«
    Da hat jeder Bursch seine Maid und jede Maid ihren Bursch,
    und der Spielmann spielt auf der Schalmei …
    Wieder hörte Emma auf zu singen. »Aber im Grunde haben wir durch die Lüge eines alten Priesters gewonnen.«
    »Das stört mich überhaupt nicht«, entgegnete Roetger.
    »Gottes Gerechtigkeit für das weibliche Geschlecht«, sagte Adelia.
    »Und Willy tanzt mit seiner Jane,
    Und Stephen hat seine Joan …«
    Und Rowley hat seine Adelia, dachte Adelia glücklich. Nur dass es sich nicht richtig reimt.
    Und sie lachen und springen hopp hopp hopp.
    Welch Freude, sie anzuschauen.
    Ein Reiterzug kam ihnen entgegen. Als Rhys ihn erblickte, legte er eine Hand flach auf die Harfensaiten, um sie zu dämpfen. Alle verstummten und hielten am Straßenrand, um die Entgegenkommenden vorbeizulassen, als wären sie ein Beerdigungszug.
    Die alte Lady Wolvercote saß elegant und kerzengerade auf einem prächtigen Fuchs, die Augen auf die Straße geheftet. Hinter ihr kamen Zugpferde mit zwei großen Wagen, auf denen sich Möbel türmten. Die scharlachrot-silbernen Kriegsfahnen der Wolvercotes ragten daraus hervor. Dahinter folgten einzelne Diener, manche zu Pferd, manche auf Mauleseln, manche zu Fuß. Sie trieben Kühe und Gänse vor sich her, und alle trugen sie ihre Habe mit sich wie Flüchtlinge.
    Was sie, wie Adelia dachte, wohl auch waren. Und sie empfand Mitleid mit ihnen allen, nur nicht mit der Mörderin an ihrer Spitze.
    Emma jedoch lenkte ihr Pferd zu ihrer Schwiegermutter. »Ihr hättet länger bleiben können«, sagte sie leise. »Wohin werdet Ihr gehen?«
    Sie hätte ebenso gut ein Stück Abfall sein können, das auf der Straße lag. Die Augen der alten Lady Wolvercote flackerten nicht; ihr Pferd umging das Hindernis und schritt ungerührt weiter.
    »Oje«, sagte Emma und sah ihm nach.
    Rhys begann erneut zu klimpern. »Sie hat kein ›Oje‹ verdient«, sagte er. »Singt weiter, Lady!«
    Manch einer ging, manch einer lief,
    Und manche trödelten gar.
    Und jeder herzte noch sein Lieb
    Bis zum Maitag im nächsten Jahr.
    Adelia stellte sich vor, wie die Klänge jubelnd durch die warme Luft schwebten und die Ohren der Frau erreichten, die gerade vorbeigeritten war, und welchen Schmerz sie ihr bereiten mussten. Keine ausreichende Wiedergutmachung für die Leichname, die einst in einem Waldgrab verscharrt worden waren und jetzt auf dem Friedhof in Wells ruhten. Aber eine kleine.
    Sie sahen das Wabern im Himmel gleich einer Hitzeschwade über Wolvercote Manor, lange ehe sie dort waren. Bis sie ihre Pferde zum Galopp getrieben und das Tor erreicht hatten, war das Wabern zu schwarzem Rauch geworden.
    Das Herrenhaus stand in Flammen. Das Dach war bereits eingestürzt. Einige Männer mit Eimern hasteten zwischen Haus und Wassergraben hin und her, um wenigstens die Außengebäude zu retten. Tauben kreisten verzweifelt in der Luft, unfähig, in dem Flammenmeer zu landen, das ihre Zuflucht umzüngelte. Ein Heuschober war wie Zunder verbrannt, sodass nun die bislang noch unversehrte kleine Kirche dahinter zu sehen war.
    Jeder Rettungsversuch war sinnlos. Auch viele Eimer Wasser konnten dieses Inferno nicht löschen. Die Reiter mussten bleiben, wo sie waren, und tatenlos zusehen.
    »Diese Hexe«, sagte Roetger. »Sie hat es angezündet, ehe sie ging.«
    Adelia verspürte Trauer um das Haus, das so schön gewesen war und so alt. Es war wie eine Meeresmuschel gewesen, in der man dem Wellenschlag der Geschichte lauschen konnte. Jetzt war es verloren und die Wellen für immer verstummt.
    Die Männer mit den Eimern zogen sich zurück, gaben den Kampf auf.
    »Gottogott«, sagte Rhys. »Was für ein Jammer! So ein Jammer!«
    Da sagte Emma resolut: »Nein, Rhys, es ist kein Jammer, überhaupt nicht.«
    Sie sah Roetger an und lächelte. »Ich hätte es ohnehin abreißen lassen. Ich könnte niemals ein Haus bewohnen, in dem er gewohnt hat. Oder sie.«
    »Wir werden es neu aufbauen«, sagte Roetger.
    »Ja, neu und noch mal so schön. Nicht wahr, Pippy? Alles neu.«
    Nach einer Weile verabschiedete Adelia sich von ihnen. Sie nahm Millie mit und ritt nach Glastonbury.
    Es lag eindeutig etwas Neues in der Luft. Heute verpesteten keine Leichenteile die Luft, weil die Bäume, an

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