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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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Matrosenhosen, das Summen von Bienen und – Gott, wie seltsam – die Klänge eines Chorals, die von den Ruinen der Kirche herübertrieben, wo unerschütterliche fromme Männer noch immer ahnungslos die dritte Stunde des Tageslichts feierten und mit dem sechsnotigen Hexachord ihres Gesangs wieder Ordnung in ein Universum brachten, in dem für Adelia das Chaos regiert hatte.
    Ihr Blick klärte sich. Ein kleines Stück entfernt hielt ein junger Mann die Zügel von drei Pferden. Er hatte einen flatternden Falken auf dem Arm und versuchte, ihn zu beruhigen. Direkt über ihr war ein besorgtes Gesicht, das sie wiedererkannte. Sie lächelte zu Walt hoch, einem alten Freund, Reitknecht der Diözese von St. Albans.
    Sie rieb ihren Hinterkopf an der Brust des Mannes, der sie in den Armen hielt. »Hallo, Rowley«, sagte sie.
    Ein zorniges Schnauben fuhr in ihr Haar. »Komm mir nicht mit ›hallo‹! Im Namen Christi, wie oft muss ich dich denn noch aus irgendeiner Grube retten. Was zum Teufel hast du da unten gemacht?«
    »Mich nur umgesehen«, sagte sie. »Was machst
du
hier?«
    »Hab dem Abt von Glastonbury einen inoffiziellen Besuch abgestattet, um endlich Frieden zwischen ihm und dem Bischof von Wells zu stiften, bin auf Falkenjagd gegangen, während ich darauf gewartet hab, dass er mit der Terz fertig ist, hab Schreie aus einem Loch im Friedhof gehört und eine Frau gefunden, die sich darin herumgewunden hat wie ein verdammter Wurm. Ein ganz normaler Vormittag.«
    Wie ich ihn liebe. Er soll mich in alle Ewigkeit so festhalten.
    Unvermittelt ließ er sie los, und sie fiel nach hinten ins Gras, während er sich erhob. Er war jetzt der Bischof von St. Albans, ein Mann Gottes; berührt hatte er sie überhaupt nur deshalb, weil sie in höchster Not gewesen war. Er sagte: »Wir werden unserem Erlöser danken, der unsere Schritte hierhergelenkt hat, um die beiden Seelen in Bedrängnis zu retten.«
    Während er betete, legte sie eine Hand auf Mansurs Herz und spürte es stark und kräftig schlagen. Sie schaute sich um. Rowley trug Jagdkleidung und war noch immer wütend. Ein Wasserhund mit gelocktem Fell saß zu seinen Füßen. Lateinische Worte hallten über die Mauer, die die Reste der Kirche verbarg.
»Pater noster, qui es in coelis, sanctificetur nomen tuum …«
Das Stundengebet war fast zu Ende.
    Als die Mönche auftauchten, gab es große Aufregung und Bestürzung über den Unfall. Sie wollten Mansur in die Küche des Abtes bringen, um ihn zu waschen und aufzupäppeln, doch er bat darum, noch eine Weile ruhen zu dürfen, also trugen sie ihn in den Schatten der Kirchenmauer.
    Adelia sagte, sie würde bei ihm bleiben.
    Rowley runzelte die Stirn, hatte aber ein Einsehen, dass die beiden etwas Ruhe brauchten. »Ich habe allerhand mit Abt Sigward zu besprechen«, sagte er, als hätte sie ihn davon abhalten wollen.
    »Dann geht und tut das!«, sagte sie zu ihm.
    »Und heute Nachmittag muss ich in der Kathedrale von Wells sein.«
    Sie spürte Eifersucht in sich aufflackern. Gottes Angelegenheiten waren stets wichtiger als jegliche Sorge um sie. Mit dem Zorn kam neue Kraft, und mit der Kraft kam die Erinnerung an eine andere wichtige Angelegenheit. Sie sagte kühl: »Ich wäre Euch sehr verbunden, wenn Ihr, während Ihr dort seid, Erkundigungen über Lady Emma Wolvercote einziehen würdet.« Sie erklärte ihm rasch das mysteriöse Verschwinden ihrer Freundin, Allies Wiedererkennen des Maultiers und ihren Verdacht, dass da etwas nicht stimmte. »Etwas muss irgendwo hier in der Gegend geschehen sein.«
    Er war nicht überzeugt, das sah sie ihm an.
    »Ich bezweifle, dass ein vierjähriges Kind ein Maultier von einem anderen unterscheiden kann«, sagte er. »Emma hat sich die Sache mit dem Treffpunkt anders überlegt. Ihr solltet da nicht zu viel hineindeuten; sie wird sich melden, wenn sie so weit ist.«
    »Ihr erkundigt Euch, ja?«, fauchte Adelia ihn an. Ihr tat der Kopf weh.
    »Ich erkundige mich.«
    Ja, das wird er, dachte sie. Darin konnte sie ihm vertrauen. Ihr fiel wieder ein, dass er ihr und Mansur das Leben gerettet hatte, und sagte dann in einem anderen Tonfall: »Ich danke Euch, Mylord Bischof.«
    Noch immer war er für sie so schön, das war das Problem: die Art, wie er ging und sprach, seine wohlgeformten Hände, die Augen, die so schnell amüsiert blicken konnten – gar nicht wie ein Bischof, sondern begehrenswert, verflucht noch mal.
    Als er ging, hörte sie, dass er den Abt darüber belehrte, wie gefährlich es

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