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Der König und die Totenleserin3

Der König und die Totenleserin3

Titel: Der König und die Totenleserin3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: franklin
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würgte, als Erde ihm in den Mund drang. Aber er hielt sie weiter hoch.
    Sie schrie nach ihm. »Nein.« Und versuchte, den Bereich um seinen Kopf freizuscharren, damit er atmen konnte, doch in der Umklammerung der Erde konnten sich ihre Beine nur wenige Zentimeter bewegen. Sein Griff wurde schwächer, und sie fiel zur Seite, den unteren Teil ihres Körpers gegen seine Schultern gepresst.
    Sie verdrehte den Rücken, wand sich, um ihn zu erreichen. Noch war eine Hand von ihm sichtbar, die Finger ausgestreckt. Da war ein weißer Fleck, der Stoff seiner Kopfbedeckung, und sie fing an, fieberhaft drum herum zu wühlen, schreiend, ohne zu wissen, dass sie schrie, schaufelte sie Erde, kratzte sie weg von diesem geliebten Gesicht. »Nein, nein, nein!«
    Er versank, Herr im Himmel, er versank, sie versanken beide, und sie konnte nicht schnell genug gegen die Erde angraben, die
     ihr durch die Finger rann.
    Sie spürte, wie ihr Körper sich spannte, als etwas an der Taille ihres Gewands zog und anfing, sie nach oben zu zerren. Sie kämpfte dagegen an; Mansur erstickte; er musste atmen – Gott im Himmel, lass mich ihm helfen zu atmen!
    Eine Stimme schrie: »Halt still, verdammt noch mal! Ich zieh dich hoch.«
    »Nein. Mansur. Mansur stirbt.«
    »Ich komm nicht an ihn ran, solange du im Weg bist, du dummes Weib. Halt still!«
    Sie war zu sehr in Panik, um die Stimme zu erkennen, aber sie hatte sie einst gekannt, es war eine geliebte Stimme, der sie vertraut hatte. Dennoch, nichts war ihr je so zuwider gewesen, wie jetzt einfach zu baumeln, während sie nach oben gezogen wurde. Tränen strömten aus ihren Augen, und sie schrie immer weiter nach Mansur.
    Die Hand, die sie hochzog, gehörte zu einem Mann, der mit beiden Füßen auf einer der Stufen stand. Seine andere Hand hielt die eines zweiten Mannes, der bäuchlings am Rand der Grube lag, die Arme so weit nach unten ausgestreckt, wie er konnte.
    Sie wurde hochgezogen wie ein Fisch, der im Sonnenlicht zappelnd versucht, ins Wasser zurückzukehren. »Mansur, Mansur. Da unten ist Mansur.«
    »Ich hol ihn ja schon, zum Donnerwetter.« Die barsche Stimme, unerkannt, aber noch immer vertraut, sprach jemand anderen an: »Himmel, sie hat ein Seil um sich. Mach’s ihr ab, schnell!«
    Es dauerte, es dauerte. Sie wurde von dem Seil befreit, Knoten wurden gebunden, Dinge wurden getan, aber sie nahm nichts anderes wahr als den Gedanken an Erde, die Nasenlöcher und Kehle füllte; er musste inzwischen bewusstlos sein, rettungslos verloren … wie lange, wie lange dauerte es zu ersticken?
    Sie kroch an den Rand und sah seine Finger, ein kleiner Lattenzaun, der aus der Dunkelheit ragte. Sah eine Hand, die danach fasste. Hörte die Stimme. »Zieh! Noch mal. Verflucht, ich kann ihn nicht richtig packen.«
    Noch mehr Zeit verging. Die Hände des Retters wühlten und schaufelten Erde von Mansurs Kopf und Schultern weg. Ein Arm war frei. Ein Seil wurde darumgeschlungen. »Jetzt zieh, Walt, zieh, verdammt, wie du noch nie in deinem Leben gezogen hast!«
    Der Mann oben zog, der Mann in der Mitte zog, und langsam wie Lazarus von den Toten erhob sich Mansur aus der Grube.
    Sie legten ihn auf das Süßgras. Er atmete nicht. Adelia stürzte sich auf ihn, holte Erde aus seinen Nasenlöchern. Sie befreite seinen Mund und blies dann ihren eigenen Atem hinein.
    Und spürte, wie seine Brust sich hob und senkte. Und rutschte auf den Knien zurück, um in drei Sprachen Gott, Allah und dem Jehova ihrer Zieheltern für die Gnade zu danken, die sie ihr erwiesen hatten, indem sie diesen Mann am Leben ließen.
    Irgendwer hatte einen Krug Wasser geholt, und damit spülten sie die restliche Erde von Gesicht und Kopf des Arabers. Seine Kufiya war bei der hektischen Rettung aus der Grube herabgefallen, und sie, die sie ihn nie barhäuptig gesehen hatte, sah jetzt, dass er eine Glatze bekam.
    »Seine Kopfbedeckung«, sagte sie, »sucht sie!« Er würde sich ohne sie schämen, und sie konnte nicht zulassen, dass er sich schämte.
    Irgendwie wurde sie gefunden. Sie schüttelte die Erde davon ab und hob zärtlich seinen Kopf an, um sie ihm aufzusetzen, ordnete die Stofffalten so, wie er sie würde haben wollen.
    Er öffnete die Augen, und sie sah hinein. »Weißt du, wer ich bin, lieber Freund?«
    »Meine Sonne und mein Mond«, sagte er.
    Sie ließ sich zurücksinken, fiel gegen den Mann, der hinter ihr kniete.
    Die Zeit setzte wieder ein. Da waren Wärme und der Duft von Wildblumen und über ihr ein Himmel so blau wie

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