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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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sich seit Monaten nicht mehr so wach gefühlt.

D r. Jortz, der Leiter des Kellermann Verlages, wirkte wie ein vielbeschäftigter Mann, der vor allem damit beschäftigt war, wie ein vielbeschäftigter Mann zu wirken. Sein dunkelgrauer Anzug und die schwarzen Schuhe harmonierten mit dem Businesshemd, und obwohl er fast keine Haare mehr hatte, schien er irgendwie gut frisiert.
    Als Lanner von der Sekretärin in das Büro geführt wurde, schaute Dr. Jortz nachdenklich aus dem Fenster, ein Manuskript in der einen, die Lesebrille in der anderen Hand. Ganz so, als wäre er mit Größerem, Dringenderem und Wichtigerem beschäftigt, habe aber als höflicher Mensch diese Unterbrechung gestattet. Lanner vermutete, dass Dr. Jortz seine Gäste häufig, wenn nicht in aller Regel so empfing. Es war für ihn wohl so was wie eine vertraute und sichere Eröffnungsvariante im Schach.
    «Ihre Verspätung ist bedauerlich, Herr Lanner. Es war ohnehin schwierig, ein Zeitfenster für Sie frei zu machen. Durch Ihre Säumigkeit bleiben uns jetzt nur noch zehn Minuten.» Dr. Jortz sprach, ohne Lanner anzusehen. Erst danach drehte er sich langsam um, legte behutsam Manuskript und Brille auf den Schreibtisch, streckte Lanner die Hand hin und sagte: «Kaffee?»
    Da Lanner sowieso eine Konfrontation anstrebte, nutzte er die unverhoffte Chance und überraschte Jortz mit einem unkonventionellen, leicht absurden Zug: «Angenehm, Lanner. Eigentlich wollte ich ja mit Dr. Jortz sprechen, aber wenn der noch beschäftigt ist, können natürlich auch wir so lange reden.»
    Er schüttelte freudig die angebotene Hand, die jedoch schlagartig gelähmt schien. Dr. Jortz benötigte noch zwei, drei Sekunden, um Lanners Antwort zu begreifen und zu verarbeiten. Schließlich durchbrach seine Sekretärin die quälende Stille. «Oh, ich glaube, das war ein Missverständnis. Herr Dr. Jortz wollte nur fragen, ob Sie vielleicht einen Kaffee möchten. Also, Herr Dr. Jortz ist natürlich Herr Dr. Jortz, sozusagen. Sie verstehen?»
    Sie fiel in ein unbeholfenes, künstliches Lachen, in welches Lanner einstimmte. «Um Gottes willen. Ich Tölpel. Wer heißt schon Kaffee? Entschuldigen Sie bitte, Herr Dr. Jortz, ich war wohl in Gedanken und nicht ganz bei der Sache. Nein, ich möchte keinen Kaffee, ich möchte einen Dr. Jortz, haha, wir haben ja nur zehn Minuten, und entschuldigen Sie bitte die Verspätung. Der Berliner Verkehr ist schwer einzuschätzen. Wissen Sie, auch mein Kalender ist voll, aber danke, dass Sie mich überhaupt so kurzfristig empfangen konnten. War bestimmt nicht einfach, den Termin freizuschaufeln.»
    Dr. Jortz löste sich mühsam aus seiner Starre. Mit einem knappen Nicken entließ er die Sekretärin, dann fand er etwas rumpelnd seine Sprache wieder. «Ja, aber es ist ja gelungen. Und natürlich ist es für mich auch nichts Alltägliches, einen echten Hauptkommissar zu empfangen. Wo ich doch beruflich so viel mit fiktiven Kriminalern zu tun habe, da ist ein Kommissar aus Fleisch und Blut schon was Besonderes.»
    «Das kann ich mir denken, Herr Dr. Jortz. Und Sie können sich vielleicht schon denken, warum ich gekommen bin.»
    Jortz nahm wieder Façon an. «Nein, ehrlich gesagt nicht. Geht es vielleicht um ein unvorteilhaftes Bild der Polizei in einem unserer Bücher?»
    «Ach was», Lanner versuchte noch mal ein Lachen, «das ist völlig in Ordnung. Wir sind ja tatsächlich alles recht kauzige Typen, die mit bodenständiger Genialität letzten Endes jeden noch so kniffligen Fall lösen. Das ist ganz gut getroffen.» Dr. Jortz runzelte die Stirn, aber Lanner hatte sich schon warmgeredet. «Oder alte, alkoholkranke Einzelgänger, die aus Leidenschaft für ihren Beruf Familie, Freunde und jegliche Hoffnung verloren haben, aber einfach nicht aufhören können, immer neue, noch bizarrere, noch brutalere Serienmörder zu jagen. Na ja, das ist nun mal unser Alltag. Und da tut es ganz gut, den Spiegel vorgehalten zu bekommen.» Lanner holte kurz Luft. Er trat auf Dr. Jortz zu und stand nun dicht vor ihm. «Aber nein, nein. Ich bin wegen einem Ihrer Autoren gekommen. Ansgar Kaminski, um genau zu sein. Er ist tot.»
    Jortz schürzte die Lippen. Wieder herrschte Stille, und wieder war Lanner sehr zufrieden mit sich. Er hatte diesen selbstsicheren Doktor schön ins Wanken gebracht, ihn irritiert und verwirrt, wie es im Lehrbuch steht, und ihn dann im richtigen Moment umgestoßen. Dieser großspurige, intellektuell tuende Kaufmann war praktisch schon

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