Der König von Berlin (German Edition)
ohnehin streng geheim.
Lanner überlegte, ob er seinen Jugendfeind darauf aufmerksam machen sollte, dass es ein wenig unglücklich war, für ein vertrauliches Gespräch einen Ort zu wählen, an dem man sich nur durch lautes Schreien verständigen konnte, tat es dann aber nicht, weil er Georgs Begeisterung für die Detektivarbeit nicht sofort wieder bremsen wollte.
«Carsten! Stell dir vor! Mein Kollege …»
«Wie bitte?»
«Mein Kollege! Der Toni! Dem ist gerade mitgeteilt worden, dass er oberster Rattenjäger von Berlin wird!»
«Was wird er?»
«Oberster Rattenjäger! Ab morgen leitet der den Kampf gegen die Rattenplage!»
«Warum?»
«Weiß ich nicht! Auf alle Fälle ist Toni jetzt ganz wichtig! Gerade trifft er sich mit den Machallik-Brüdern, um alles zu besprechen! Und dann sitzt er im Zentrum der Macht!»
«Wieso? Jagt er dann nicht immer noch Ratten?»
«Schon, aber er arbeitet auch ganz eng mit dem Bürgermeister und dem Innensenator zusammen, weil die doch diejenigen sein wollen, die die Rattenplage besiegen! Gemeinsam mit Toni! Und ich werde direkt daneben sitzen, im Zentrum der Macht! Die Matthes hat ihm jede Menge Unterlagen gegeben. ‹Hintergründe über die Firma›, hat sie gesagt. Da ist bestimmt viel interessantes Zeug dabei, und wenn ich es geschickt anstelle, kann ich da sicher auch mal einen Blick …»
«Was?»
«Einen Blick! Das könnte ziemlich aufschlussreich sein!»
Lanner spürte, wie er aggressiv wurde. Vielleicht lag es an der lauten Musik, vielleicht am Schreien, vielleicht aber auch an Georgs Gerede vom «Zentrum der Macht». Außerdem machte es ihn nervös, wie zwei junge Frauen, die Klamotten anprobierten, ständig zu ihnen rüberguckten. «Verdammt, Georg! Und wegen so einer banalen Sache bestellst du mich in diesen Vorhof der Hölle?! Das hättest du mir am Telefon sagen können!»
«Weiß ich doch! Ich habe dich hierherbestellt, weil ich auch mit der Matthes gesprochen habe! Wir waren ja im Büro, Toni ist dann gleich weiter zu den Brüdern! Und ich blieb allein mit der Matthes! Da habe ich die Gelegenheit genutzt und sie mal unauffällig ausgehorcht!»
«Was hast du getan?»
«Na, eben mal so ein bisschen geplaudert über dies und das und den Abend, an dem Machallik vergiftet wurde.»
Lanner beugte sich, so weit es ging, zu Georg vor, auch um sich von den beiden Mädchen abzulenken, die sich mittlerweile offenkundig über Georg und ihn unterhielten. «Und was hast du rausgefunden?!»
«Gleich …» Auch Georg beugte sich noch etwas vor und machte den skurrilen Versuch, ihm quasi brüllend ins Ohr zu flüstern. «Sind dir die beiden Mädchen aufgefallen?»
«Allerdings.»
«Die gucken die ganze Zeit und reden. Denkst du, die wollen was von uns?»
«Was können die schon von uns wollen?»
«Na, das gibt es ja häufig, dass junge Frauen eher gestandene Männer bevorzugen! Könnte doch sein …»
«Klar, könnte aber auch sein, dass die uns für zwei Perverse halten, die ihnen beim Kleiderprobieren auf den Arsch gucken, und uns deshalb gleich den Wachschutz auf den Hals hetzen.»
«Ist das denn illegal, jungen Frauen im Klamottenladen auf den Arsch zu gucken?»
«Illegal nicht, nur unangenehm.»
«Hm …», Georg runzelte die Stirn, «ich persönlich wäre ja, wenn ich es mir aussuchen könnte, lieber illegal als unangenehm.»
Einen Moment lang schwiegen die beiden, schauten sich an und fanden sich, also jetzt mal so als Männer, schon ziemlich okay. Auch äußerlich. Dann unterbrach Lanner diesen schönen Moment gemeinsamer Selbstzufriedenheit. «Also, was hat die Alte gesagt?!»
«Wer?» Georg sammelte sich wieder. «Ach so, na ja, du hattest absolut recht. Die Matthes glaubt nicht an einen Unfall, nach wie vor nicht! Die macht auch kein Geheimnis draus. Mir gegenüber hat sie sofort gesagt, der alte Machallik sei garantiert ermordet worden!»
«Und weiß sie, wer es war?!»
«Vielleicht. Aber einen Verdacht hat sie sicher!»
«Was?»
«Einen Verdacht! Das hab ich gespürt. Ich bin dann aufs Ganze gegangen und hab vor mich hin geredet: Also diejenigen, die am meisten vom Tod des Alten profitiert hätten, seien ja die Brüder gewesen, und der Machallik habe die auch ständig gedemütigt und so …»
«Und?»
«Na, sie hat mich nur ganz groß und traurig angesehen und gesagt, so was dürfe man nicht mal denken. Niemals dürfe man so was denken.»
«Mehr nicht?»
«Nee, aber dann hat sie versucht, abzulenken. Hat unglaublich schnell eine
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