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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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klargekommen?»
    Carola Markowitz schaute ihn an, als habe er gefragt, ob jemand nach einem Sturz aus dem achten Stock einen einigermaßen angenehmen Aufprall hatte. «Gar nicht natürlich. Die Mutter ist vollkommen zusammengebrochen. Sie befindet sich seitdem in einer geschlossenen Einrichtung. Manfred Kolbe hat sie mal besucht. Sie ist nicht ansprechbar, liegt den ganzen Tag nur apathisch da und starrt an die Zimmerdecke. Der Vater hat seine Stelle aufgegeben und das Haus verkauft. Jetzt versucht er, sich irgendwie ins Leben zurückzukämpfen.»
    Sie stockte wieder, schien zu überlegen. Auch Lanner wusste nichts mehr zu sagen. Beide saßen noch eine Weile schweigend in seinem Büro, bis er die Stille nicht mehr ertrug. «Ich sollte dann mal besser zu Kunkeler gehen und mir meinen Anschiss abholen. Mittlerweile ist wohl genügend Zeit vergangen.»
    Markowitz nickte ihm aufmunternd zu. Lanner stand auf und hörte sich zu seiner eigenen Überraschung sagen: «Ich werde Kunkeler übrigens dringend darum bitten, Sie mir im Kaminski-Fall an die Seite zu stellen. Ich werde ihm sagen, dass Sie von meinem Besuch bei Jortz nichts wussten und mir andernfalls sicherlich abgeraten hätten. Dass wir in diesem Fall ohne Ihren Fleiß, Ihre Ideen und Ihre Recherche niemals so weit wären. Und ich selbst», er zögerte, «wäre sehr froh, wenn Sie mir ein paar Geheimnisse und Regeln dieser Stadt verraten könnten. Ich werde ihm sagen, dass ich diesen Fall ohne Ihre Hilfe vermutlich gar nicht oder deutlich langsamer lösen werde.»
    Bei diesen letzten, etwas pathetischen Worten musste Carola Markowitz lachen. Allerdings ohne Häme, sondern schlicht amüsiert. «Ohne mich würden Sie diesen Fall also vermutlich ‹deutlich langsamer› lösen?»
    Nun war der Hauptkommissar doch ein wenig beschämt. «Na ja, oder eben gar nicht, hab ich doch gesagt. Jetzt drehen Sie mir nicht mit jedem Wort eine Goldwaage durch den Mund. Also, ich werde Kunkeler halt sagen, dass ich Sie dabeihaben will. Das wollten Sie doch.»
    Die junge Frau knuffte ihm mit der Faust kumpelhaft in die Schulter. «Klar, Herr Lanner, wir zwei sind jetzt ein Team. Genau genommen ist die Sache allerdings sowieso schon durch. Bevor Herr Kunkeler mich losgeschickt hat, Sie zu suchen, hat er mir nämlich mitgeteilt, dass er mich Ihnen an die Seite stellt. Um ein bisschen auf Sie aufzupassen, meinte er, damit Sie hier nicht alle jeden Tag zweimal wahnsinnig machen. Aber das mit ‹Wir hätten ohne Markowitz’ Recherche und Ideen noch praktisch nichts in dem Fall›, das sagen Sie ihm mal ruhig trotzdem. Das find ich richtig gut. Ich werde dann solange, also während er Sie wegen Dr. Kersting anbrüllt, das Büro auf Zweierbelegung umrüsten. Das Ganze ein bisschen angenehmer und wohnlicher machen. Sie werden sehen, in zwei, drei Tagen sieht das hier alles völlig anders aus. Und was halten Sie davon, wenn wir nach Dienstschluss zusammen losziehen und einen Kaffeevollautomaten kaufen?»
    Lanner nickte. «Ja, warum nicht?»
    Leicht betäubt verließ er das Büro in Richtung Kriminaldirektor. Aber es war eigentlich eine gar nicht unangenehme Betäubung. Sie fühlte sich an, als käme sie von einer Genussdroge, von Wein oder Tabak vielleicht. Er hoffte, es würde keinen Kater geben.

E s war ein Gefühl wie Ferienanfang, wie der erste Urlaubstag in einem fremden Land. Das fremde Land war für Georg in diesem Fall die außerordentlich gut sitzende Hose und das leicht auffällige, kleinkreisgemusterte, in Blautönen gehaltene Baumwollhemd im Siebziger-Jahre-Schnitt, das die jungen Frauen mit großer Hingabe für ihn ausgesucht hatten. Er hätte es nie für möglich gehalten, wie stark Kleidung einen Mann, sogar ihn, verändern konnte.
    Die Freude in Sabine Kreutzers Blick war nicht zu übersehen gewesen. Offenkundig war sie sehr zufrieden mit ihm, allein deshalb, weil er imstande war, sich vernünftig anzuziehen. Wie einfach das Leben sein konnte. Aber nicht nur sie, auch die Kellnerin, eine Frau im U-Bahnhof und sogar eine Straßenzeitungsverkäuferin hatten ihm bewundernde Blicke wegen seiner Kleidung zugeworfen. So etwas hatte er noch nicht erlebt. Ein gutes Gefühl, auch wenn er den Verdacht hatte, man würde ihn irgendwie verwechseln. Aber selbst wenn er nur kurzzeitig Gast in einem anderen Leben sein sollte – es gefiel ihm.
    Was gab es Schöneres, als vor einem frischen, kühlen Bier im Lokal zu sitzen und sich auf die gute Mahlzeit zu freuen, die man gerade bestellt

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