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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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hatte? Selbstverständlich hatte er Hunger, aber ein Hunger, von dem man weiß, er wird in Kürze gestillt, ist ja eigentlich mehr Vorfreude als Hunger.
    Dazu war er mit einer richtigen Frau hier, die auch tatsächlich zur Verabredung erschienen war, sogar pünktlich. Und sie sah wirklich toll aus, richtig heiß. Das war ein gutes Zeichen. Wie es auch schon ein gutes Zeichen gewesen war, dass sie seine Einladung ohne Zögern angenommen hatte. Und so schnell eine Möglichkeit fand, ihre Tochter, Lucy, bei einer Freundin übernachten zu lassen. Es war ihm nicht entgangen, dass sie das, vermeintlich nebenher, gleich am Anfang erwähnt hatte. Auch das war natürlich ein quasi sensationell gutes Zeichen. Eventuell würden sie sogar Sex haben. Schon heute Nacht. Das wäre dann allerdings wirklich ein Ding, denn so oft hatte er nun weiß Gott nicht Sex. Oder auch nur die Möglichkeit dazu.
    Wie auch? Sein Leben war viel zu kompliziert – kompliziert im Sinne von unattraktiv, ihm fehlte schlicht die Zeit. Er war den ganzen Tag damit beschäftigt, Ratten zu jagen, an drei Abenden in der Woche kochte er für Frau Adler, und jetzt war er noch Geheimermittler für Carsten Lanner. Ständig musste er Zeug machen. Und wenn mal nicht, dann schlafen, das wollte ja auch erledigt sein. Aber heute würde alles anders. Also womöglich.
    Natürlich machte ihm diese Aussicht auch Angst, wegen des Drucks. Gerade wenn er, also der Sex, nicht so häufig stattfindet, möchte man dann natürlich schon, dass er schön ist, irgendwie. Für alle Beteiligten. Oh, diese Verantwortung, immer diese verdammte Verantwortung. Wenn jemand ernsthaft behaupten wollte, Sex sei ganz einfach, die natürlichste Sache der Welt, dann wusste dieser jemand aber nichts vom Sex bei ihm, bei Georg Wolters. Na, er würde das schon hinkriegen, wenn sich denn überhaupt die Gelegenheit ergäbe. O Gott, wie er hoffte, dass sie sich ergäbe, und wie er gleichzeitig hoffte, alles möge dann bitte gutgehen.
    Doch zunächst einmal würden sie essen. Einfach gut zusammen essen, mit Hunger. Was gab es Schöneres? Also außer Sex vielleicht, also höchstens Sex, wenn überhaupt. Aber Essen war eben auch so herrlich unkompliziert. Das hatte es dem Sex voraus. Was sollte da schon schiefgehen?
***
    Nachdem Julia Jäger die Punkte noch einmal nachgerechnet hatte und damit endgültig feststand, dass ihre Tochter die Mau-Mau-Runde gewonnen hatte, brachte sie sie ins Bett. Max Machallik kümmerte sich derweil um den Abwasch. Er konnte es kaum glauben. Er hatte wirklich seine Sekretärin besucht, der kranken Tochter ein Versprechen gegeben, am Abend eingekauft und dann für alle drei Eierpfannkuchen mit Zucker, Zimt, Marmelade und Schokosoße gebacken. Es hatte ihm ungeheuren Spaß gemacht. Schon immer hatte er gern in der Küche gestanden. Kochen entspannte ihn, er kochte gut, seine Mutter hatte es ihm beigebracht, aber seit ihrem Tod wusste er nicht mehr, für wen er hätte kochen sollen. Die Tochter mochte ihn. Das merkte er. Nicht nur, weil er sie gewinnen ließ, wie Julia Jäger ihm schon leicht vorwurfsvoll unter die Nase gerieben hatte. Am liebsten hätte die Kleine ihn überredet, regelmäßig hier zu kochen, und er hätte womöglich gleich zugestimmt, wenn Julia nicht dazwischengegangen wäre. Eine Gemüselasagne irgendwann nächste Woche hatte sich das Kind zumindest erkämpft. Frisch und nicht Bio-Tiefkühlkost wie sonst immer von Mama, hatte es sich gefreut.
    Max Machallik war zufrieden, vielleicht sogar ein wenig glücklich. Er würde, wenn die Kleine schliefe, noch mit Julia Jäger die halbvollen Weingläser leeren und dann zügig gehen. Um niemanden in Verlegenheit zu bringen, um den angenehmen Abend nicht zu gefährden, das warme Gefühl zu bewahren und nichts vorschnell zu zerreden. Er hatte ja Zeit. Für Abende wie diesen allemal. Abende, an denen er einfach mal etwas machen konnte, für das er gern die Verantwortung übernahm. Das Abendessen zum Beispiel.
    Dieses Gefühl unangestrengter Zufriedenheit hätte er wohl noch eine Weile länger genossen, aber leider entschloss er sich beim Abwaschen, das Radio einzuschalten …
***
    Mit großen Augen blätterte Toni Karhan in den Unterlagen, die ihm Frau Matthes gegeben hatte. Wie konnte sie ihm derart brisantes, aufschlussreiches Material einfach so in die Hand drücken? Er wusste, der alte Machallik hatte Geheimnisse gehabt. Jeder wusste das, aber diese Dimension überraschte ihn nun doch. Und warum waren die Brüder so

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