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Der König von Berlin (German Edition)

Der König von Berlin (German Edition)

Titel: Der König von Berlin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Evers
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jedes Missverständnis auszuschließen. Ohne Frage haben Sie Potenzial. Wir trauen Ihnen eine große Karriere in Berlin zu. Eine Karriere, die Sie bis in allerhöchste Ämter führen könnte. Doch so was geht nicht ohne Freunde. ‹Allein machen sie dich ein›, wie man hier in Berlin sagt. Wir wären gern Ihre Freunde – aber nur, wenn Sie auch unser Freund sein möchten. Sie kennen nun die Alternative. Ist das nicht das Wunderbare an unserer demokratischen Gesellschaft, dass Sie selbst entscheiden dürfen, welche Möglichkeit Sie wählen? Betrachten Sie das beigefügte Geschenk als Zeichen unserer Wertschätzung und kleine Entschädigung für die Unannehmlichkeiten. Sie brauchen keine Bedenken haben, es handelt sich um nicht gekennzeichnete, nicht nummerierte Scheine, insgesamt zwölftausend Euro. Außerdem haben Sie das Geld ja nachweislich längst erhalten. Das beigefügte Foto dokumentiert, wie Sie ein Päckchen in Empfang nehmen. Der Zusteller ist ein einschlägig bekannter Mitarbeiter von Herrn Gojko Zaran, dem Betreiber des Sportwettenlokals in der Fuldastraße, ‹Imperator›. Sie erinnern sich vielleicht an die Razzia vor einigen Wochen, die so desaströs verlief. Es wird ja vermutet, Herr Zaran habe einen Tipp bekommen. Wenn es notwendig sein sollte, werden wir ihm dringend nahelegen, seinen Tippgeber preiszugeben. Zusammen mit diesem Foto ergäbe sich dann für Sie eine unglückliche Situation.
Wir jedoch erhoffen eine gute Zusammenarbeit – und das Beste für Ihre Zukunft in Berlin. Unsere Telefonnummern haben wir ja bereits ausgetauscht.
Hochachtungsvoll:
Ein Freund.»
    Lanner faltete den Brief und steckte ihn ein. Natürlich konnte er alles melden. Aber abgesehen davon, dass er da womöglich an den Falschen geriet, wäre es dann mit seiner Karriere in jedem Fall vorbei. Das konnte er drehen und wenden, wie er wollte. Er war kein Traumtänzer. Kompromisse waren notwendig, um voranzukommen. Er sah sich als durchaus verhandlungsbereit, man kann nicht alle Verbrecher stellen, manchmal muss man eben mit denen zufrieden sein, die man erwischen kann. Er hatte das schon lange begriffen. Die Umgangsformen seiner neuen «Freunde» gingen ihm allerdings gehörig auf die Nerven.
    Einen Moment versuchte er nachzudenken, stellte aber fest, dass er nach den jüngsten Ereignissen dazu nicht in der Lage war. Er würde erst einmal gar nichts machen. Bei genauerer Betrachtung konnte er auch gar nichts machen. Außer einer Sache. Er nahm sein Handy und suchte den Namen seines neuen Kontakts. Lanner löschte «Arschloch» und tippte: «Riesenarschloch».
    Dann wollte er Markowitz anrufen und sie beruhigen. Und sich nach all dem Schlamassel endlich dieses verfickte Storchendorf anschauen, bevor er nach Berlin zurückgondelte. Er erreichte nur die Mailbox, fuhr los, blieb jedoch gleich wieder stehen, schaltete in den Leerlauf und zog die Handbremse an. Lanner sprang förmlich aus dem Wagen, rannte die zehn Meter zurück zum Wegweiser und drehte ihn in die korrekte Richtung. Es fühlte sich wunderbar an, einmal etwas zurechtzurücken.

N ichts lässt einen Menschen so wütend wirken wie der Versuch, sich seinen Ärger nicht anmerken zu lassen. Claire Matthes schäumte förmlich vor Sich-nichts-anmerken-Lassen. Dieser unverschämte Kolbe hatte sie doch tatsächlich aus ihrem Büro vertrieben. Im Hinterzimmer sollte sie nun arbeiten, da das Chefsekretariat als Einsatzzentrale benötigt würde. Als wenn sie nichts zu tun hätte. Hier tobte immer noch die größte Berliner Rattenplage seit 1919, und sie hatte zweiunddreißig Kammerjägereinsatztrupps zu koordinieren! Außerdem hatten Kolbe und seine Mitarbeiter nicht ein Wort des Dankes für ihre Schnittchenteller verloren. Die liebevolle Anordnung in Blumen-, Schnecken- oder Wendeltreppenform war ihnen nicht mal aufgefallen. Barbaren.
    Es klopfte. Da die Person nicht sofort eintrat, sondern auf ein «Herein!» oder «Ja!» wartete, wusste sie, es konnte weder Kolbe noch einer seiner Männer sein. Fast erleichtert rief sie: «Ja bitte!»
    Es war Toni Karhan. «Entschuldigen Sie die Störung, Frau Matthes, aber kann ich Sie kurz sprechen?»
    Der Ärger der alten Frau wehte wie ein zarter Hauch zur Tür hinaus. Zumindest der halbe Ärger. «Kommen Sie doch herein, Toni. Was gibt es denn?»
    Toni trat ein und schloss die Tür hinter sich. «Schon etwas Neues von den Brüdern oder Georg?»
    «Ich fürchte, nein. Die Trottel beißen sich am Bunker die Zähne aus. Ich hätte sie nie

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