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Der König von Havanna

Der König von Havanna

Titel: Der König von Havanna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pedro Juan Gutiérrez
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dazu?«
    »Der Typ ist mein Partner, und der Bruder von ihm ist Lagerchef. Schau, er hat mir zwanzig Pesos geliehen, damit ich Erdnüsse und Papier kaufen kann.«
    »Gehen wir was essen.«
    »Diese zwanzig Pesos sind für Erdnüsse! Was wir haben, sind … keine drei Pesos … Wir müssen mit den Heiligenfiguren weitermachen. Und morgen gehst du in die Fabrik.«
    »Und meine Feier? Hast du nicht gesagt, du wolltest Geld auftreiben, damit wir feiern können?«
    »Wir feiern ein andermal, Liebster. Bring mich nicht dazu, dieses Geld auszugeben.«
    Rey antwortete nicht. Er hatte nur Hunger. Einen Wolfshunger. Er blickte sich um. An einer Ecke verkauften zwei Typen Brot mit Fleischkroketten und Tomaten. Auf ihrem Karren stand ein großes Blech davon. Er gab Magda seine Heiligenfigur und sagte: »Heb das für mich auf. Ich werde am Yumurí-Portal auf dich warten. Geh hinter mir her.«
    Es war leicht. Er ging hin zu den Typen, bat sie um vier Brote, tat so, als suche er in den Taschen nach Geld. Plötzlich ergriff er die vier Brote und lief die Marqués González entlang. Die Typen riefen: »Haltet den Dieb! Er haut mit den Broten ab! Haltet ihn!« Niemand beachtete sie. Rey rannte ein paar Häuserblocks weiter, als sei der Teufel hinter ihm her. Er hielt an. Niemand folgte ihm. Er ging zur Belascoaín, setzte sich in einen Hauseingang und aß die vier Brote auf. Fast hätte er sich verschluckt. In einer Bar bekam er ein Glas Wasser. Er ging die Reina hoch bis zur Ecke Belascoaín und setzte sich in den Eingang der Post, um auf Magda zu warten. Es war schon fast dunkel. Eine Stunde später kam sie und lachte: »Du bist echt verrückt, Schätzchen!«
    »Ich habe alle vier aufgegessen, du musst dir selbst etwas kaufen.«

 
     
     
     
     
     
    Am nächsten Tag weckte ihn Magda viel zu früh. Es war noch dunkel. Wie immer stand ihm der Schwanz, stramm, darauf aus, ein Loch zu finden, in das er eindringen konnte, um den überflüssigen Saft herauszuspritzen. Nichts da. Magda erlaubte ihm keine solchen Flausen.
    »Los, los, sonst ist’s gleich zehn, und du liegst immer noch hier. Wir vögeln heute Abend.«
    »Verdammt, nerv mich nicht. Blas mir wenigstens einen.«
    »Wenn ich dir jetzt einen blase, stecke ich ihn mir sogar noch selbst in den Arsch. Glaubst du, ich bin aus Stein? Los, auf, auf jetzt, und geh. Du nimmst den Bus um einundfünfzig und steigst in La Polar aus.«
    »Auweia! Du bist ja heute wie ein General.«
    »Von wegen General, ich bin nur langsam deine Faulheit leid. Das Einzige, was du willst, ist Vögeln. Der Bauch ist leer, aber zehn Mal am Tag vögeln. Das kommt nicht in Frage.«
    Um sieben Uhr morgens kam er in die Fabrik, ohne sich das Gesicht gewaschen oder einen Kaffee getrunken zu haben, mit halbsteifem Schwanz, denn er hatte die Busfahrt dazu genutzt, ihn an den großen, festen Arsch einer Schwarzen zu pressen. Als die Schwarze das merkte, lehnte sie sich zurück, und als Rey ausstieg, klebte schon der Saft an ihr, von oben bis unten. Jetzt zitterte er fast, und ihm taten die Eier weh. Er hielt Ausschau nach einem großen, dicken, alten Mann mit dem Gesicht eines Gewohnheitssäufers. Alle sahen hier nach Gewohnheitssäufern aus, aber der Alte war anscheinend schon mit der Flasche in der Hand zur Welt gekommen. Er war ein Sonderling. Aufmerksam sah er Rey von oben bis unten missbilligend an und sagte: »Bist du derjenige, den Carmelito schickt? … Jeden Tag steckt dieses Land tiefer in der Scheiße. Alles, was irgendwie taugt, ist zum Teufel … Komm mit.«
    Er führte ihn einen Flur entlang in ein Büro und forderte ihn auf, sich zu setzen.
    »Wenn jetzt das junge Mädchen kommt, gibst du ihr deinen Personalausweis, und dann soll sie dich der Belegschaft im Lager zuordnen. Ein Monat Probezeit, glaub ja nicht, dass du fest angestellt bist.«
    »Nein, nein, geht nicht.«
    »Was geht nicht?«
    »Ich habe keinen Personalausweis dabei.«
    »Weder dabei noch sonst wo.«
    »Hmmm.«
    »Na gut, dann läuft dein Job eben direkt mit mir. Und du kommst auch besser dabei weg. Ich zahle dir jeden Tag zehn Pesos. Aus meiner eigenen Tasche. Ist das klar? Und schließ die Augen. Was du im Lager siehst, was immer es auch sei, interessiert dich nicht, du siehst nichts und du weißt nichts. Ist das klar?«
    »Ja, jajajaja.«
    »Gut. Lass uns jetzt gehen.«
    Kurz darauf schleppte Rey Kisten mit Malz und Gerste ins Lager. Er musste sie auf einen kleinen elektrischen Wagen stellen, der sie in die Gärungsabteilung

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