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Der König Von Korsika

Titel: Der König Von Korsika Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Kleeberg
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gerüsteter Ritter, der sich als Windmühle entpuppte, mit schindelgedeckter feuchtglänzender Holzhaube.
    Theodor wischte sich die Nässe aus dem Gesicht und erwähnte Cervantes und Don Quichotte. Was sind das denn für Flausen? sagte Görtz kurz angebunden. Er hatte es eilig. Sein König war in Stralsund eingetroffen, dorthin wollte er, nach den untätigen Monaten in Amsterdam war er wieder in seinem Element: Politik und Krieg. Krieg und Politik. Theodor fühlte sich einsam.

    Privatsekretär des schwedischen Plenipotentiärs, das hörte sich großartiger an, als es war, viel großartiger, und das tröstete Theodor immerhin, wenn ihm auf der unbequemen und martialisch-genügsamen Reise Zweifel kamen, ob es sonderlich vernünftig gewesen war, die soeben begonnene Agentenkarriere für die ehrvolle, aber miserabel entlohnte Position an der Seite eines Politikers von Rang einzutauschen.
    Görtz erklärte, es handle sich darum, Peter entweder zu isolieren und zu besiegen oder aber gemeinsame Sache mit ihm zu machen, und erläuterte, daß die Diplomatie eben gerade darin bestehe, eine Strategie und ihr Gegenteil so lange nebeneinanderher zu führen, bis unwägbare Zufälle einen zwangen, auf eines der beiden gesattelten Rösser aufzuspringen. Theodor dachte an den russischen Geldboten, der ihn zu seiner größten Überraschung einen Tag vor seiner Abreise in Amsterdam aufgesucht und ihm einen prallen Beutel überreicht hatte, als Lohn für seine Vermittlerrolle. Theodor unterhielt sich mit Cats über die geeignete Verwendung der Summe und entschied, sie ihn in Laws neugegründete Compagnie d’Occident investieren zu lassen.
    Am Rande des Herzogtums Mecklenburg-Schwerin trafen sie auf schwedische Reiterei, die Görtz von einer bevorstehenden Schlacht in Kenntnis setzte. Sie erreichten den Ort, an dem die beiden wartenden Heere lagerten, bei Einbruch der Dunkelheit. Als man Theodor ein Fernrohr reichte und er es über die hochlodernden Brände der feindlichen Lagerfeuer schweifen ließ, zog sein Magen sich vor Angst zusammen.
    Larbi flüsterte ihm auf französisch zu: Maître, on ne peut pas se tirer d’ici?
    Görtz, der daneben stand, antwortete, ohne sich umzublicken, die Augen starr auf die nasse Dunkelheit gerichtet, in der wässrig die Flämmchen schimmerten: Non, mon petit. Vous allez vous couvrir de gloire ou mourir.

    Der Minister schien Gefallen daran zu finden, in seiner nassen, steifen und stinkenden Ledermontur in sein Biwak zu kriechen. Bärtige Uniformierte brachten ihm eine Flasche Rum. Ihr weckt mich zweieinhalb Stunden vor Tagesanbruch, kommandierte er.
    Theodor wurde ins Offizierszelt geführt und bekam zwischen betrunkenen, schnarchenden und tuschelnden Leutnants eine Pritsche angewiesen.
    Mon pauvre Larbi , meinte er krächzend, on est faits comme des rats.
    Das Feldbett war schmal und hart wie ein Sarg, und schweißüberströmt und ohne Schlaf zu finden hörte Theodor den Regen auf das Zeltdach prasseln und war sich sicher, die letzte Nacht seines Lebens zu verbringen. Er stank, er sehnte sich nach einem Bad und frischen Kleidern, er fror. Womöglich hole ich mir hier einen inkurablen Rheumatismus, dachte er entsetzt, bevor er sich erinnerte, daß er morgen einen blutigen Tod sterben würde. Es war ein empörender Gedanke. Larbi murmelte im Halbschlaf erstickte Vorwürfe.
    Theodor lauschte dem Regen und versuchte, Bilanz zu ziehen. Konnte angesichts des bisher Erreichten und Erlebten sein Ende hingenommen werden, oder machte er sich lächerlich, wenn er jetzt starb? Wie gut, daß er nie langfristige Pläne geschmiedet hatte, um jetzt halbfertige Ruinen zu hinterlassen.
    Jemand rüttelte ihn an der Schulter, und er schrie auf. Es war fünf Uhr. Im Zelt herrschte hektische Bewegung. Flüche, Räuspern, klappernde Waffen. Es war noch dunkel, aber Fackelschein spielte auf der Leinwand. Kommandos wurden gebrüllt. Er mußte über vier Stunden geschlafen haben. Er versuchte vergeblich, in seine von der Nässe hart gewordenen Stiefel zu schlüpfen. Larbi mußte helfen, und als Theodor stand, drohten seine Beine gleich wieder einzuknicken. Er spannte alle Muskeln an und trat aus dem
Zelt. Würdig in den Tod gehen, sagte er sich. Nichts anmerken lassen. Lachend in den Tod gehen.
    Nun, Baron, fragte Görtz, wo möchten Sie das Spektakel erleben? An meiner Seite oder bei den Leutnants der Kavallerie?
    Ganz wie es Ihnen beliebt, sagte Theodor charmant lächelnd, atmete tief die eisig feuchte Nachtluft ein und

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