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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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glauben, daß sich die schöne fremde Lady ernsthaft für sein Schicksal interessierte. Auch wußte er nicht recht, ob er bereit war, sein Leben vor ihr auszubreiten. Unschlüssig sah er ihre dunklen Augen, die ihn an Sarah erinnerten, und er antwortete: »Lady Collingham, sind Sie sicher, daß Sie das auch wirklich interessiert?«
    »Ganz sicher!« erwiderte die fremde Dame. Sie trug ein langes gelbes Kleid mit schwarzen Biesen und Spitzen und einen Sonnenschirm von gleicher Farbe. Den spannte sie auf, dann hakte sie sich bei Carter unter. »Kommen Sie, begleiten Sie mich auf meinem Morgenspaziergang!«
    Howard wußte nicht, wie ihm geschah. Den Tag zuvor hatte er noch in einer stickigen Gefängniszelle verbracht. Jetzt promenierte er am Arm einer vornehmen Lady, die verdammte Ähnlichkeit mit Sarah Jones hatte, am Nil entlang. Er war verunsichert, verwirrt, verstört. In seinem Innersten kämpften wechselnde Gefühle. Irgend etwas sträubte sich, die Vertrautheit der schönen Lady zu erwidern, doch schon im nächsten Augenblick verursachte eben diese Vertrautheit ein wohliges Gefühl, wie es Sarah Jones in ihm hinterlassen hatte.
    In dieser verwirrenden Ungewißheit gingen sie eine Weile schweigend nebeneinander her. Vom jenseitigen Nilufer wehte ein heißer Wüstenwind, und Lady Collingham hatte zu tun, ihren Sonnenschirm festzuhalten. Howard suchte verzweifelt nach Worten; er wußte nicht, wie er beginnen sollte. Was sollte er dieser Frau, die er überhaupt nicht kannte, erzählen? Glaubte sie ernsthaft, er würde ihr seine tiefsten Gefühle preisgeben?
    Carter hielt plötzlich inne. Er löste sich von ihrem Arm und sagte mit steifer Höflichkeit: »Mylady, bitte entschuldigen Sie.«
    Und noch ehe Lady Collingham irgend etwas erwidern konnte, ergriff Howard die Flucht. Wie von reißenden Hunden verfolgt, hetzte Carter die Nilpromenade entlang bis zum »Savoy«-Hotel. Dort bog er nach links ab, und als er sicher sein konnte, daß die Lady ihn nicht verfolgte, verlangsamte er seine Schritte. Sein Anzug klebte am Körper, als er in seiner Pension eintraf.
    »Effendi!« rief MahMond Habila, der stets listig lächelnde Besitzer des »Maamura Palace«. Er schwenkte ein Papier in der Hand. »Eine Nachricht für Sie, von Mister Naville!«
    Howard las: »Erbitte dringend Ihren Besuch in Der-el-Baharia. Edouard Naville.«
     
     
    Wieder einmal nahm Howard Carters Leben eine unerwartete Wendung. Denn als Howard bei Naville am jenseitigen Nilufer eintraf, erfuhr er, daß sein Assistent Percy Brown einen schweren Unfall erlitten hatte. Brown, der sich in der Hauptsache mit dem Kopieren von Inschriften und Wandreliefs beschäftigte, war von einem Gerüst gestürzt und hatte sich den rechten Oberschenkel und beide Arme gebrochen.
    »Sind Sie bereit, Mister Browns Aufgabe zu übernehmen?« fragte Naville in der ihm eigenen forschen Art.
    »Warum nicht«, erwiderte Carter zögernd. Er wußte nun, daß Naville ihn brauchte, und fuhr fort: »Das kommt ganz auf die Bedingungen an, Sir.«
    Eigentlich war Naville nicht der Mann, mit dem man handeln konnte, aber in dieser Notsituation war er auf den jungen Engländer angewiesen. Deshalb wandte er Howard sein gequältes Gesicht zu, und als empfände er Schmerz bei seinen Worten, sagte er: »Nennen Sie Ihre Bedingungen, Mister Carter!«
    Howard glaubte zu träumen. Der große Naville sagte zu ihm: Nennen Sie Ihre Bedingungen. Er überlegte kurz, ob er sich mit dem Ausgräber in ein Pokerspiel einlassen sollte, und dann riskierte er alles.
    »Doktor«, sagte er selbstsicher, »ich möchte die doppelte Bezahlung wie bei Flinders Petrie in Amarna. Hundert Pfund.«
    »In Ordnung.«
    »Und darüber hinaus – «
    »Ja?« Naville sah Carter erwartungsvoll an.
    »Darüber hinaus möchte ich, daß Sie mir eine Ausbildung als Ausgräber zukommen lassen.« Howard staunte über seinen eigenen Mut.
    »Sonst noch etwas?« fragte Naville provozierend.
    »Nein, Sir. Das ist alles.«
    Mit einem Mal wich der gequälte Ausdruck aus Navilles Gesicht. »Was den letzten Punkt anbelangt, ist er eher lobenswert«, bemerkte er zufrieden, »zeigt er doch, daß Sie mit Begeisterung bei der Sache sind. Das gefällt mir, Mr. Carter. Also gut!« Er streckte Howard die Hand hin. »Willkommen in Der-el-Bahari. Wann können Sie anfangen?«
    »Sagen wir, übermorgen.«
    »Gut, übermorgen um sechs Uhr an dieser Stelle!«
    Während der Fährmann das Segel setzte und der Abendwind knatternd in das ockerfarbene Dreieck

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