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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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hier heraus. Und wenn Sie wollen, kann ich ja ein gutes Wort für Sie einlegen.«
    »Wie soll das gehen?«
    Sayyed lachte übermütig, als sei er sich seiner Sache ganz sicher. Ja, es schien, als nähme er den Aufenthalt in der Gefängniszelle überhaupt nicht ernst. »Effendi«, meinte er schließlich, »Sie sind noch nicht lange in Ägypten? Mir scheint, Sie kennen die Sitten und Gebräuche unseres Landes noch zu wenig.«
    »Beinahe drei Jahre«, erwiderte Carter, »allerdings lebte ich fast zwei Jahre in der Wüste, weit entfernt von einer Stadt, in Mittelägypten.«
    »Ach so«, schmunzelte Sayyed. »Wissen Sie, eigentlich gibt es nur einen Gott, Allah. Aber in Wirklichkeit haben wir neben Allah noch zwei andere Götter. Sie heißen Bakschisch und Beziehung. Hast du eines von beiden, ist es gut. Hast du beides, ist es besser.«
    »Sagt Hassan.«
    »Nein, sagt Sayyed. Das können Sie mir glauben. Länger als einen Tag werde ich hier nicht schmachten. Haben Sie Geld bei sich?«
    »Ja«, erwiderte Howard zögernd.
    »Wieviel?«
    »Warum fragst du?«
    »Nun ja, ich würde mal sagen, mit einer Pfundnote wären Sie frei.«
    Carter warf dem Burschen einen ungläubigen Blick zu. »Und ein weiteres Pfund für mich«, beeilte sich Sayyed hinzuzufügen. »Mir gefällt es nämlich hier ebensowenig.« Dabei beobachtete er angewidert, wie ein dicker Ägypter in hockender Stellung über dem Loch im Boden der Verrichtung seiner Notdurft nachkam.
    Howard war skeptisch. Der Junge schien ihm einfach zu raffiniert. Andererseits trieb ihm die Vorstellung, in dieser Umgebung ein oder zwei Tage und Nächte verbringen zu müssen, den Angstschweiß in den Nacken. Unter seinem Hemd trug Carter die Tasche mit seiner gesamten Barschaft bei sich. Beinahe sechzig englische Pfund. Das war ein Vermögen, und er mußte mit allem rechnen. Wenn die Mitgefangenen – unter ihnen befanden sich ein paar finstere Gestalten – nachts über ihn herfielen, würde er alles verlieren. Vielleicht hatte er wirklich nur diese eine Chance, indem er sein Schicksal dem Jungen anvertraute.
    Ohne Aufsehen zu erregen, rückte Carter näher an Sayyed heran. Der begriff sofort, drehte sich etwas zur Seite und bot mit dem Rücken Sichtschutz. Vorsichtig knöpfte Howard sein Hemd auf und zog die Tasche hervor. Er nahm Sarahs Bild aus der Tasche und fingerte nach zwei einzelnen Pfundnoten, die er schnell in seiner Faust verschwinden ließ.
    Gerade wollte er das Bild wieder einstecken, da warf Sayyed einen neugierigen Blick darauf. Über sein Gesicht huschte ein Schmunzeln, und er fragte: »Ihre Frau, Mister Carter?«
    »Geht dich nichts an!« knurrte Howard leise und ließ das Bild in der Tasche verschwinden. Unauffällig knöpfte er sein Hemd zu.
    »Mister«, begann Sayyed zögernd. »Wo ist Ihre Frau jetzt?«
    »In England«, erwiderte Carter unwillig. »Warum fragst du?«
    Sayyed blickte verlegen zur Seite. »Das ist eine peinliche Situation«, bemerkte er verlegen. »Aber ich könnte schwören, die Frau auf dem Bild ist dieselbe Dame, der ich die Handtasche geklaut habe. Tut mir leid, Mister Carter.«
    Es dauerte längere Zeit, bis Howard seine Gedanken geordnet hatte. Irgendwie war ihm dieser Sayyed unheimlich. Noch einmal zog Howard Sarahs Bild aus seinem Hemd und hielt es dem Burschen vors Gesicht.
    »Ja, das ist die Frau! Sie hat an der Nillände den Postdampfer verlassen. Ihr Gepäck wurde zum ›Luxor‹-Hotel gebracht. Während sie über den Bootssteg an Land ging, habe ich – na, Sie wissen schon. Es tut mir wirklich leid, Mister Carter. Ich bin untröstlich. Wie kann ich es nur wiedergutmachen?«
    Sayyeds Worte klangen sogar ehrlich. »Diese Frau ist hier von Bord gegangen?« fragte Howard ungläubig und fuchtelte mit dem Bild vor Sayyeds Nase herum. Auch wenn er sich Mühe gab, er konnte seine Aufregung nur schwer verbergen.
    »Wenn ich es Ihnen sage! Sie ist doch der Grund, warum ich hier sitze!«
    Hastig ließ Howard das Bild unter seinem Hemd verschwinden. »Ich muß hier raus!« stammelte er tonlos. »Ich muß hier raus!«
    Sayyed deutete auf Carters Faust, in der er noch immer die zwei Pfundnoten verborgen hielt. »Wenn Sie jetzt so freundlich wären…«
    Er machte sich nicht allzugroße Hoffnung, aber jetzt war Howard schon alles egal. So, daß niemand es bemerkte, steckte er Sayyed das Geld zu. Aber nicht ohne dem Jungen zu drohen: »Wenn du mich betrügst, schlag ich dich tot. Das kannst du mir glauben!«
    »Schon recht«, erwiderte dieser

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