Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
mich an, und ihre Erscheinung ist mir nicht unangenehm, trotzdem ist es nicht, wie du denkst.«
    »Du brauchst dich nicht zu rechtfertigen, Howard.« Mit geschlossenen Augen genoß Sarah Howards Nähe. Howard sah es, aber er wagte nicht zu fragen, welchen Gedanken sie gerade nachhing, und nach einer Weile begann sie von selbst: »Ich sehe vor mir den Wald von Thetford und einen großen, frechen Jungen, der sich auf einem Baumstamm an meinen Kleidern zu schaffen macht. Ich sehe das Bild nicht zum ersten Mal. Mir ist, als hätte die Sonne es in mein Gedächtnis eingebrannt.«
    In Gedanken verloren, nippte Howard an seinem Glas. Dann betrachtete er ihr anmutiges Gesicht, begierig, jede Einzelheit, die ihm bereits entfallen war, in sich aufzunehmen. Er sah das leichte Zucken um ihre Mundwinkel. Auch ihre Augen verrieten eine heftige innere Unruhe.
    Wie er sie so ansah, verspürte Howard das dringende Bedürfnis, Sarah in seine Arme zu nehmen. Ihm war, als zöge ihm ihr Anblick den Boden unter den Füßen weg. Er wollte sie küssen, liebkosen, aber er wagte nicht einmal, mehr als ihre Hand zu berühren. Dabei glaubte er, er habe seit langem jede Schüchternheit gegenüber Frauen verloren. War es Respekt oder Ehrfurcht gegenüber der überlegenen Frau, oder hatte er einfach Angst, etwas falsch zu machen, die gleiche Angst wie damals, als er noch ein Junge war, unsicher und unerfahren?
    Nach langem Schweigen öffnete Sarah die Augen, und es schien, als käme sie aus einer anderen Welt zurück. Wortlos erhob sie sich und zog Howard mit sich fort in den benachbarten Raum, eine Art Bibliothekszimmer mit unzähligen Büchern an den Wänden, einer heimeligen Leseecke und einem wuchtigen Schreibtisch in der Mitte. Durch das Fenster sah man das Häusermeer der Lower Eastside, wo jetzt die Lichter wie Glühwürmchen funkelten.
    Sarah lehnte sich rückwärts gegen den Schreibtisch und zog Howard an sich heran, daß sich ihre Schenkel berührten. Und im nächsten Augenblick wurde er von dem Gefühl überwältigt, das er damals empfunden hatte, als sie sich zum ersten Mal so nahekamen. Sarah fühlte nicht anders, denn sie fragte leise: »Erinnerst du dich noch an unser erstes Mal? Es war auf dem Schreibtisch des Barons von Schell, in der geheimen Kammer, wo die Baronin das Andenken ihres Mannes pflegte.«
    »Natürlich erinnere ich mich«, erwiderte Howard. Und während er ihren Kopf zwischen beide Hände nahm, während er seine Lippen auf die ihren preßte, wurde vor ihm wieder gegenwärtig, was damals geschah. Er fühlte sich wie der fünfzehnjährige Junge, der zum ersten Mal lustvoll eine Frau berührte, kein gleichaltriges Mädchen, wie es sich gehörte, sondern eine Frau, die vor Leben strotzte und vor Erfahrung – jedenfalls glaubte er das damals.
    Auch das Zimmer verwandelte sich vor seinen Augen in das skurrile Kabinett des Barons, mit Ausgrabungen, Skulpturen und einem ausgestopften Krokodil. Gedämpftes Licht verzauberte den Raum.
    Wie damals ließ Sarah sich vor ihm auf den Schreibtisch sinken, und Howard befreite sie von ihren Kleidern. Aber anders als damals, als die Angst größer war als die Liebesglut, ließ Howard seiner Leidenschaft freien Lauf. Er liebte Sarah ungestüm, und Sarah erwiderte seine Erregtheit mit wilder Verzückung.
    Ihre Liebe dauerte beinahe die ganze Nacht. Erst als der Morgen graute, ließen sie glückbeseelt voneinander ab.
    Vergeblich suchte Howard nach passenden Worten. Auch Sarah fiel es schwer, in die Wirklichkeit zurückzufinden.
    »Wann geht dein Schiff?« fragte sie ebenso zärtlich wie hilflos.
    »Um dreizehn Uhr«, erwiderte Carter. »Wir müssen uns unbedingt wiedersehen.«
    »Ja, Howard, das müssen wir«, antwortete Sarah und küßte ihn zum Abschied.
     
     
    Der frühe Sommer hatte die Wogen auf dem Atlantik geglättet, und die Rückreise auf der »Mauretania« wurde zum reinen Vergnügen. Howard und Phyllis lagen im Liegestuhl auf dem Oberdeck und genossen die warmen Sonnenstrahlen. Von Backbord wehte ein kräftiger, aber angenehmer Wind. Die Stewards servierten bunte Getränke, und nach einer Zeit zwangsweiser Enthaltsamkeit in Amerika sprachen die Passagiere ausgiebig dem Alkohol zu.
    »Bist du zufrieden?« fragte Phyllis, während Carter in die Sonne blinzelte und an einer »Bloody Mary« nippte.
    »Hm«, erwiderte Howard wortkarg. Er war mit seinen Gedanken weit weg.
    »Lee Keedick sagte, die Tournee mit dir sei der größte Erfolg seines Lebens gewesen.«
    Howard schmunzelte

Weitere Kostenlose Bücher