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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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fuhr, überkam Howard eine stille Wut wegen seines Verhaltens gegenüber Lady Collingham. Er hatte sich ziemlich dumm benommen, und sicher lachte sie über ihn. Plötzlich erinnerte er sich, daß er auch vor Sarah Jones davongelaufen war, als sie sich zum ersten Mal begegneten.
    Der Wind trieb das Boot ungewöhnlich schnell dem anderen Ufer entgegen, und der Fährmann, mit einem fürstlichen Bakschisch entlohnt, wünschte Howard den Segen Allahs. Warum, überlegte Howard, als er den Weg zum »Maamura Palace« nahm, lief er in Situationen, die sein Kopf nicht bewältigte, immer davon?
    Gewiß, damals in Swaffham, war er ein paar Jahre jünger, ein verschüchterter Junge, der eine Dame-School besuchte – aber heute? War er nicht ein gefragter Zeichner mit einem Salär von hundert Pfund im Jahr? Das war mehr, als sein Vater je verdient hatte! Warum verhielt er sich wie ein Tölpel?
    Allein in seinem Pensionszimmer, in dem man nie ganz allein war, weil durch die scheibenlosen Fenster Tag und Nacht der Straßenlärm drang und weil selbst die geschlossene Türe das Zimmer nur andeutungsweise verschloß, in dieser beschränkten Einsamkeit drängte es Howard, der schönen Lady einen Entschuldigungsbrief zu schreiben. Aber noch ehe er mühsam an seinem Zeichenstift kauend den ersten Satz zu Papier gebracht hatte, faßte er den Entschluß, Lady Collingham persönlich aufzusuchen.
    Am nächsten Morgen machte sich Howard auf den Weg zum Hotel »Luxor«, und er fand Lady Collingham beim Frühstück im Garten. Auf den ersten Blick hätte er sie beinahe nicht wiedererkannt, dabei konnte er nicht einmal sagen, was sich an ihr verändert hatte. In dieser Erkenntnis kam Howard der Gedanke, ob Lady Collingham nicht nur ein Wunschbild seiner Phantasie war.
    Die Lady bot Carter an, mit ihr zu frühstücken. Der peinliche Vorfall des vergangenen Tages hatte sie offenbar wenig beeindruckt. Jedenfalls redete sie, während sie schwarzen Kaffee trank und aus einem Schüsselchen Joghurt löffelte, über das Wetter und die Nilschwemme, die, nach Aussagen der Einheimischen, schon eine ganze Woche überfällig war. Doch dann sagte sie plötzlich, ganz unvermittelt: »Mr. Carter, warum sind Sie gestern vor mir davongelaufen?«
    Howard würgte ein Stück Käse, das er gerade im Mund hatte, hinunter, wobei er heftig mit dem Kopf nickte, als wollte er sagen: Das ist eigentlich der Grund meines Kommens. Dann erwiderte er: »Mylady, ich wollte mich für mein Verhalten entschuldigen. Aber ich brachte es einfach nicht fertig, mich einem wildfremden Menschen so ohne weiteres anzuvertrauen. Ich meine, wir kennen uns doch überhaupt nicht. Und – ehrlich gesagt –, hatte ich Angst, verlacht zu werden…«
    »Vielleicht«, entgegnete Lady Collingham, »fällt es Ihnen leichter, wenn ich Ihnen zuerst etwas von mir erzähle. Auch ich brauche Mut dazu, und deshalb kann ich Sie sehr gut verstehen. Sie fragen sich vielleicht, warum ich allein auf Reisen gehe, noch dazu in ein so fernes Land.«
    »Aber ich bitte Sie, Mylady!« heuchelte Carter.
    »Nein, nein, Sie brauchen sich nicht zu verstellen!« Die Lady ließ ihren Blick über die anderen Hotelgäste schweifen, die im Garten des Hotels frühstückten. »Alle fragen sich das, und manche tuscheln sogar. Daran habe ich mich gewöhnt.«
    »Sie sind nicht verheiratet?«
    »Ich war es bis vor einem Jahr. Wie das so ist in unseren Kreisen: Vor vier Jahren – ich war damals zwanzig – wurde ich mit Lord Collingham verheiratet. Niemand hat mich gefragt, ob ich das wollte, schon gar nicht, ob ich den Lord liebte. Ich sollte die Verbindung wohl als eine Art Ehre betrachten. Was als Ehre gedacht war, erwies sich jedoch bald als Schande, weil Seine Lordschaft neben einem respektablen Besitz eine bemerkenswerte Eigenschaft in die Ehe brachte: Lord Collingham war, was keiner wußte, Trinker, einer von jener Art, die ohne Rausch zu keiner Handlung fähig sind. Und da ich kein schwachsinniges oder verblödetes Kind zur Welt bringen wollte, verweigerte ich mich ihm. Ich stellte ihm ein Ultimatum: ich oder der Absinth. Vier Tage versagte er sich jeden Tropfen, am fünften sprang er im Bahnhof Victoria Station vor einen einfahrenden Zug.«
    Auf den mit Distanz vorgetragenen Redefluß der Lady folgte ein langes Schweigen. Howard wagte kaum ein Wort zu erwidern, und in seiner Verlegenheit bemerkte er: »Das tut mir leid, Lady Collingham.«
    »Das muß es nicht«, erwiderte die Lady kühl. »Und jetzt erzählen Sie mir Ihre

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