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Der König von Luxor

Der König von Luxor

Titel: Der König von Luxor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Vandenberg
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werden, der Gedanke kam ihm zuerst –, oder aber bewundert zu werden, falls er einen Sieg einfuhr – dies war sein zweiter Gedanke.
    Alicia bemerkte seine kurze Abwesenheit, sie hatte plötzlich kein gutes Gefühl mehr bei der Sache, und verunsichert trat sie vor Howard hin und fragte: »Ist alles in Ordnung? Du willst doch nicht etwa kneifen? Schließlich hast du Spink herausgefordert!«
    »Ich kneifen?« Carter mühte sich ein überhebliches Grinsen ab. »Daß ich nicht lache. Von mir aus kann es losgehen.«
    »Gut, seid ihr bereit?« Mit ausgebreiteten Armen stellte sich Alicia vor den Strich auf dem Boden. Spink kletterte auf seinen Wagen. Carter schwang sein linkes Bein über das Fahrrad und drehte sich das Pedal zurecht, daß es nach oben ragte.
    »Ich wiederhole die Bedingungen«, begann Alicia mit erhobener Stimme. »Es gilt den Baum an der Weggabelung zu umrunden und auf schnellstmöglichem Weg die Ziellinie zu erreichen. Der Sieger wird von mir in aller Öffentlichkeit geküßt. Noch Fragen?«
    Carter schüttelte den Kopf. Spink brummelte irgend etwas wie: Alles klar.
    »Fertig! Los!« rief Alicia und rettete sich mit einem Sprung zur Seite; denn Spink schlug, kaum hatte das Mädchen das Startzeichen gegeben, mit der Peitsche auf sein Pferd ein, während er mit heftiger Stimme unverständliche Kommandos brüllte. Als wollte er sich des Gespanns entledigen, machte der Gaul einen gewaltigen Satz nach vorne, daß Carter, in Angst, niedergetrampelt zu werden, zur Seite wich, bevor er überhaupt in die Pedale seines Velocipeds treten konnte.
    Er sah schon die Rückseite des Hansom, bevor er überhaupt Fahrt aufnahm, und merkte, wie der Abstand immer größer wurde. Doch nach etwa fünfzig Metern gewann Howard zunehmend an Geschwindigkeit, und wenn der Abstand auch nicht größer wurde, so nahm er auch nicht ab.
    Da geschah etwas, was Carters letzte Kraftreserven freisetzte. Spink, der bisher sein Pferd in geduckter Haltung gezügelt hatte, richtete sich auf, wandte den Kopf nach hinten und rief Carter grinsend etwas zu, das er sein Leben lang nicht vergessen sollte: »Carter«, rief er, »du bist eben ein ewiger Verlierer!«
    Der Spott traf Howard Carter in seinem Innersten. Spink hätte ihn nicht tiefer verletzen können. Während er Luft in seine Lunge preßte und seine Schenkel bei jedem Tritt in die Pedale schmerzten, fühlte Howard sich gedemütigt wie noch nie in seinem Leben. Doch dieses Gefühl, diese beleidigende Erniedrigung ließ Carter über sich hinauswachsen. Er merkte plötzlich, wie er sich Spink allmählich näherte. Spink sah sich um und drosch noch mehr auf sein armes Pferd ein.
    Das wehrte sich mit heftigem Wiehern und Schnauben und zerrte an seinem Zaumzeug.
    Der Baum an der Weggabelung kam immer näher, und Carter verringerte seine Geschwindigkeit, um die Wendemarke in möglichst engem Bogen zu umfahren. Spink handelte nicht anders, und so umrundeten sie die Lärche im Abstand einer Armspanne. Doch Howard nutzte die Gunst des Augenblicks, zog einen engeren Kreis um den Baum und war so, als beide den Rückweg einschlugen, seinem Gegner ein paar Meter voraus.
    Wie vom Teufel gejagt trat Carter in die Pedale seines Velocipeds. Er spürte den Schweiß auf seinen Schenkeln und in den Handflächen. Um den Widerstand der Luft zu verringern, die ihm wie ein Wüstenwind entgegenströmte, machte er sich klein. Howard duckte sich über den Lenker und bemerkte viel zu spät, daß er dabei an Kraft in den Beinen verlor.
    Spink kam näher und setzte zum Überholen an. Schon spürte Carter das Schnauben des Pferdes in seinem Rücken, ja er mußte, wollte er nicht überrannt werden, zur Seite weichen. Aber Howard wich nicht. Der unbefestigte Weg war schmal, zu schmal, um einen Radfahrer in weitem Bogen zu überholen. Er hatte keine andere Chance, das Rennen zu gewinnen. Unbeirrt blieb Carter in der Mitte des Weges.
    Zum Ziel fehlten noch etwa dreihundert Meter, und Howard nahm in der Entfernung Alicia wahr, die aufgeregte Sprünge vollführte, als an seiner linken Schulter der Kopf von Spinks Gaul auftauchte. Spink lenkte das Pferd so, daß es Carter mit der Deichsel vom Weg abdrängte; aber der wehrte sich, schlug mit der linken Hand gegen den Kopf des Pferdes, das daraufhin einen Satz zur Seite machte.
    Diese kurze Bewegung genügte, um den zweirädrigen Wagen ins Schleudern zu bringen. Das Gefährt brach über den Straßenrand aus, und dabei stürzte Spink kopfüber, sich mehrmals überschlagend, mit

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