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Der König von Sibirien (German Edition)

Der König von Sibirien (German Edition)

Titel: Der König von Sibirien (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edwin Klein
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gefesselt wie er, den starken Mann zu spielen. Aber das kaufte ihm niemand mehr ab.
    »Nichts werde ich dir sagen. Scher dich zum Teufel!«
    »O doch, du wirst mir alles sagen. Geriak, habe ich recht?«
    Der Jakute nickte.
    Erst jetzt wurde Rekunkow bewusst, dass um ihn herum viele Einheimische saßen. Scheißefresser, wie er sie zu nennen pflegte.
    »Sie werden dich nicht umbringen. Was sie mit dir anstellen, wird viel schlimmer sein. Und das Schlimmste für dich ist, du wirst zusehen müssen, was mit den beiden geschieht, die dich zu mir begleitet haben. Und ihr«, Alexander wandte sich an die übrigen Männer, die alle zur Gruppe von Rekunkow gehörten, die meisten waren Leibwächter von ihm, »auch von euch will ich wissen, wie eure Kumpane heißen. Und ihr werdet sie nennen, dafür verliert ihr nur einen Monat. Geriak, kann man das sagen, dass sie einen Monat verlieren?«
    Geriak lächelte. »Ja, kann man. Ein Finger entspricht etwa einem Monat.«
    »Schweigt ihr, dann verliert ihr zwei Jahre. Zwei Jahre bedeuten eine Hand. Anschließend dürft ihr gehen. Ihr braucht nur den anderen zu erzählen, was ihr hier gesehen habt«
    Die Jakuten verpackten die Füße der beiden Stummen, die seinerzeit Rekunkow begleitet hatten, in Lehm und deckten den Rest der Beine mit Tüchern ab, die sie befeuchteten.
    Und dann zeige sich, dass die beiden Stummen doch sehr gut sprechen konnten. Immer fließender, immer schneller, schließlich abgehackt und laut und stoßweise, wobei sie unentwegt auf ihre Füße schielten. Am Ende schrien sie nur noch. Auf ein Zeichen von Geriak verpasste man ihnen einen Knebel. Die Ohnmacht erlöste sie schließlich.
    Auch Rekunkow bekam einen Knebel, obwohl man bei ihm mit der Prozedur überhaupt noch nicht begonnen hatte. Weil er jedoch bei seinen Kameraden zuschauen musste, war es aus mit seiner Gelassenheit.

    Wieder bekam das kleine Krankenhaus in Wiljuisk etwas zu tun. Diesmal allerdings mehr als wenige Tage zuvor. Drei Männer lagen unter dem Vorbau und stöhnten. Zwei hatten dicke Klumpen an den Füßen und der dritte zusätzlich noch welche an den Händen. Die Behörden standen vor einem Rätsel. Vier Männer in einer Klinik, die auf seltsame Art und Weise, dafür aber auf das Schmerzhafteste, ein oder zwei Füße verloren hatten. Und der bedauernswerte Dritte zusätzlich noch beide Hände und einen Teil der Unterarme. Aber sosehr die Miliz auch fragte, keiner sagte ein Wort, denn sie glaubten Geriaks Drohung unbedingt, dass er ihnen, falls sie etwas von sich gäben, einen schönen breiten Gürtel aus Lehm um den Bauch verpassen würde.
    Und die elf ohne kleinen Finger verkündeten die Geschichte im ganzen Land. Eine Woche später gab es keine Mafia mehr nördlich des Baikalsees.

    Wie das Eis in der Sonne schmolz Alexanders Wut. Seine Rache war befriedigt, die Täter waren bestraft. Das Wilde in ihm, das ihn zugleich zum hier und zum Roboter hatte werden lassen, und die unbedingte Gier nach Vergeltung legten sich.
    Als er wieder fähig war, richtig zu trauern, die Größe seines Verlustes zu begreifen, machte er sich Vorwürfe wegen des harten Vorgehens. Leonid beruhigte ihn. Keiner sei umgebracht worden, Geriak habe sich an die Abmachung gehalten, obwohl er der Auffassung gewesen sei, Körper mit Körper zu vergelten.
    Immer noch ging Alexander jeden Tag mehrmals an die Gräber seiner Familie. Lange stand er vor den kleinen Erdhügeln, die in sich zusammenfielen, der ständige Regen ließ sie schrumpfen. Manchmal lächelte er sogar, wenn seine Gedanken mit ihm auf Reisen gingen und er sich an zurückliegende schöne Erlebnisse erinnerte. Umso schmerzlicher war die Wiederkehr in die Gegenwart.
    Alexander geriet in eine Phase des Wenn und Aber. Wenn ich doch nur auf euch aufgepasst hätte. Aber ich habe es versäumt und war noch nicht einmal in der Lage, meine Liebsten zu schützen. Wenn ich doch Rekunkow ernst genommen hätte. Aber ... Und die Selbstvorwürfe, sich mit seinen Unterlassungen herum schlagen und ständig quälen, setzten ihm zu. Sie fraßen an ihm und führten ihm ständig sein Versagen vor Augen.
    Schubweise legte er eine Lebensbeichte vor sich ab. Was er alles erreicht und nicht erreicht hatte, worin er den Sinn der Vergangenheit sah und den der Zukunft. Die jüngere Vergangenheit brachte ihm zumindest noch die Erinnerung an Larissa und die beiden Kinder, daran klammerte er sich. Für die Zukunft sah er keine Perspektive. Sich noch weiter zu engagieren für den Bund, für

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